Annäherungsversuch oder Ablenkungsmanöver

Erster Direktflug zwischen China und Taiwan nach 55 Jahren
Von 14. Februar 2005

Am 29. Januar gegen 11:40 landete eine Maschine von „Air China“ aus Peking kommend auf dem internationalen Flughafen von Gaoxiong, der wichtigsten Hafenstadt von Taiwan. Einige Minuten später landeten noch zwei weitere Maschinen auf dem Flughafen Zhongzheng in der Nähe von Taipeh, der Hauptstadt von Taiwan, die in der VR China gestartet waren. Am gleichen Morgen flogen auch zwei Maschinen aus Taiwan nach Peking.

Während des chinesischen traditionell gefeierten Neujahrs sind für Geschäftsleute aus Taiwan Direktfluglinien eingerichtet worden. Das Ereignis wurde in den Medien der VR China ausgiebig gefeiert und international beachtet. Experten werten es jedoch nicht als ein Zeichen für verbesserte Beziehungen.

Seit dem 29. Januar können Geschäftsleute aus Taiwan für drei Wochen zwischen drei Städten der VR China und zwei Städten in Taiwan Direktflüge buchen, um zusammen mit ihren Familien in traditioneller Weise das chinesische Neujahr am 9. Februar feiern zu können. Der Direktflug findet nach 55 Jahren zum ersten Mal statt. Vor 55 Jahren wurde die Volksrepublik China in Peking ausgerufen, während Tschiang Kai-schek mit den Überresten seiner Armee nach Taiwan geflohen war um dort die eigentliche „Chinesische Republik“ weiterhin bestehen zu lassen. (Siehe Kasten: Taiwan – VR China)

Trotz der nun jahrzehntelang anhaltenden Spannungen zwischen China und Taiwan wurde vereinbart, 48 Charterflüge als Direktflüge zuzulassen, denn in der Volksrepublik arbeiten etwa eine Million Taiwanesen. Seit den 80iger Jahren haben Geschäftsleute aus Taiwan über 100 Milliarden US-Dollar in China investiert.

Aus politischen Gründen gibt es zwischen der VR China und Taiwan keine direkten Flugverbindungen, Seeverbindungen oder Postzustellungen. 2003 waren erstmals Flüge zum chinesischen Neujahr mit Zwischenstation in Hongkong und Macao zugelassen, wobei die Passagiere an den Zwischenstationen von den Maschinen der taiwanesischen Fluggesellschaften in die der volksrepublikanischen umsteigen mussten und umgekehrt. Das Hickhack erinnert Zeitgenossen an den Kalten Krieg und die Verrenkungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik.

Noch kein Zeichen für Hoffnungen

Am 15. Januar wurde festgelegt, dass nur Geschäftsleute und ihre Familienangehörigen diese Flüge nutzen dürfen, und die Fluglinien dürfen nur über den Luftraum von Hongkong fliegen. Ein Schritt der Entspannung?

Das chinesische Abspaltungsgesetz droht mit Sanktionen. Mit der geplanten Verabschiedung des Abspaltungsgesetzes im März 2005 droht China Taiwan mit einem möglichen Militärschlag, um die endgültige Unabhängigkeit Taiwans zu verhindern. Die europäischen Medien betrachten den Erfolg bei den Verhandlungen zu den Direktflügen als ein Entgegenkommen der VR China.

Chen Shui-bian, der Präsident von Taiwan, erklärte jedenfalls, dass der Beginn der Charterflüge nicht bedeute, dass der nächste Schritt ein Start von allgemeinen direkten Flugverbindungen sein werde.

Ebenfalls im Januar erklärte Jia Qinglin, der vierte Mann in der Rangreihe der chinesischen Regierung: „Obwohl Taiwan und China noch nicht vereinigt sind, gibt es nur ein China.“

Tang Shao Chen, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität für Politikwissenschaft in Taiwan sagte in einem Interview mit „Voice of America“: „Peking bedient sich gegen Taiwan der Politik von Zuckerbrot und Peitsche.“ Xu Bodong, Institutsleiter des Instituts für Taiwanforschung an den vereinigten Universitäten von Peking in einem Interview mit VOA sieht die Direktflüge während des Neujahrsfests auch nicht als ein „Hoffnungszeichen“. „Es kann in diesem Jahr noch gut mehr Unruhe geben“, war seine Prognose.

Das Flug-Ereignis wurde in den chinesischen Medien breit berichtet, während alle Nachrichten über die Trauerfeier von Zhao Ziyang sogar für ausländische Medien behindert wurden, wie die ARD Tagesschau am selben Tag nach Deutschland berichtete. Nach der Meinung von Reuters habe die KP sogar den Termin der schlichten Trauerfeier des abgesetzten KP-Chefs auf den gleichen Tag die ersten Direktflüge nach Taiwan gelegt.

Konkurrenz am Himmel

Die politische Konkurrenz zwischen China und Taiwan hat bei den Direktflügen einige merkwürdige Stilblüten getrieben.

Eine Fluggesellschaft aus Taiwan erklärte, dass sie die schönsten 12 Frauen unter ihren Stewardessen eingesetzt habe; um dagegen zu halten, zogen die Stewardessen der „East Airline“ von China traditionelle Kostüme an mit aufgedruckten Schmetterlingen zur Erinnerung und Ehrung von Taiwan als Schmetterlingsinsel. Leider ist diese Bezeichnung nicht mehr aktuell, denn wegen der Umweltverschmutzung sind viele Schmetterlingsarten in Taiwan vom Aussterben bedroht.

Beide Seiten konkurrieren auch mit dem angebotenen Essen und Geschenken um die Passagiere. Bei einer Taiwanesischen Fluggesellschaft kann man Gerichte aus drei verschiedenen Küchen wählen, während Passagiere bei „Air China“, aus der VR China, die Begrüßungsschrift vom Geschäftsführer persönlich überreicht bekommen.



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