„Acht Berge“ – gefeierte Romanverfilmung
Es gibt sie noch, die Filme, die berühren, bewegen, relevant sind. „Acht Berge“ ist so einer. Er erzählt von einer Freundschaft zwischen zwei Jungen, die sich später fortschreibt, als die beiden sich als junge Männer wieder begegnen. Die Unterschiedlichkeit der beiden Lebensläufe spannt den Bogen der aufgeworfenen Fragen weit.
Felix van Groeningen und Charlotte Vandermeersch, beruflich wie im privaten ein Paar, waren für Drehbuch und Regie verantwortlich. Vorlage war den belgischen Filmemachern der Roman „Le otto montagne“ aus dem Jahr 2016 des italienischen Schriftstellers Paolo Cognetti, für den der Autor den renommierten italienischen Literaturpreis „Premio Strega“ gewann.
Mit großer Ruhe und in großartigen Bildern entwickelt sich die Geschichte und lässt einen teilhaben an den Wendepunkten im Leben der Akteure. Spätestens wer die 30 überschritten hat, weiß, dass von ihm selbst die Rede ist.
Das ungekünstelte Spiel der Protagonisten – sowohl das der Kinderdarsteller als auch das der Erwachsenen – überzeugt und lässt in die erzählten Lebensläufe eintauchen. Ebenso authentisch die Darsteller der kleineren Rollen.
So wundert es nicht, dass der Film beim italienischen Filmpreis mit vier Preisen ausgezeichnet wurde: für das beste adaptierte Drehbuch, den besten Film sowie für Kamera und Ton. Beim Filmfestival von Cannes erhielt er den Jury-Preis und beim Europäischen Filmpreis 2022 gelangte er in die Vorauswahl.
Bergwelt
Bruno (Cristiano Sassella) ist das letzte Kind in dem ausblutenden Bergdorf Grana im Aostatal. Pietro (Lupo Barbiero) aus Turin kommt mit seinen Eltern für einen Sommeraufenthalt in das Dorf. Die beiden gleichaltrigen Jungen, um die zwölf Jahre alt, lernen sich kennen. Gemeinsam erkunden sie das Dorf, die umliegende Bergwelt, schließen Freundschaft. Die noch unschuldigen Kindergemüter saugen die Reinheit und Kraft der sie umgebenden Natur auf. Die Wildheit und Direktheit der Erfahrungen lässt ihre Seelen wachsen.
Zurück im verregneten Turin zehrt Pietro von diesen Erinnerungen. Sie sind ihm Lichtblick im gleichförmigen Alltagsgrau, in dem sein Schulalltag dem des Ablaufs in der Fabrik ähnelt, in der sein Vater Ingenieur ist. Mehrere Sommer kehrt die Familie Pietros in die Berge zurück. Es ist der Vater Pietros, der in den Bergtouren ebenso seelische Heimat findet wie sein Sohn in der Welt des Bergdorfes.
Beide Jungen begleiten ihn sogar bis hinauf zu den Gletschern. Pietro allerdings verträgt die Höhe schlecht. Der Vater erweist sich als verständig, anders als in der Stadt, in der er eigentlich gar nicht anwesend ist.
Aufstieg, wohin?
Ein anderer als der Bergaufstieg ist der berufliche und damit soziale Aufstieg. Pietros Eltern hätten dem heranwachsenden Bruno gerne eine bessere Schulausbildung ermöglicht, bei ihnen in der Stadt. Da Brunos Vater bereits außerhalb des Dorfes irgendwo im nördlichen Ausland als Maurer arbeitet, lebt Bruno bei Onkel und Tante. Wenn die Sprache auf seine Mutter kommt, wechselt Bruno das Gesprächsthema.
Doch Brunos Vater willigt nicht in das Angebot von Pietros Eltern ein. Er holt seinen Sohn zu sich, weg vom Dorf. Brunos Kindheit endet abrupt mit dem Beginn der Arbeit auf den Baustellen. Pietro scheint es geahnt zu haben, denn von Anfang an ist er gegen die Idee seiner Eltern. Wütend schleudert er seinen Eltern die Frage ins Gesicht, was daran schlecht sei, Kuhhirte oder Bauer zu sein.
Die Beziehung Vater-Sohn zerbricht, als Pietro heranwächst. Den jungen Mann drängt es hinaus in die Welt, ohne klare Vorstellungen, was er tun möchte. Aber eines weiß er genau: Er will nicht wie sein Vater werden.
Erbe des Vaters
Pietros Vater stirbt unerwartet. Sein Erbe lässt Bruno (nun Alessandro Borghi) und Pietro (nun Luca Marinelli) wieder im Dorf Grana zusammen kommen. Stück für Stück entdeckt Pietro die andere Seite seines Vaters, die sich ihm zeigt, in der Beziehung, die Bruno zu Pietros Vater pflegte. Bruno ist es auch, der dem Verstorbenen das Versprechen gab, die verfallene Alm wieder aufzubauen, Pietros Erbe.
Er entschließt sich, Bruno zur Hand zu gehen. Unter Brunos Anleitung entsteht die Alm wieder neu und wird Basis für die Fortsetzung ihrer Freundschaft. Ohne zu verurteilen oder zu bewerten, werden die sich fortschreibenden Biografien der zwei Männer erzählt. Die Liebe zur Bergwelt teilen sie, doch im Umgang mit menschlicher Nähe schlagen sie andere Wege ein.
Die Suche des Menschen nach Sinn im eigenen Leben und mutigen Wegen, diesen zu finden, berührt. Der Titel, die acht Berge, bezieht sich auf die acht Achttausender in Nepal. Sie umschließen den einen Berg in der Mitte, den zu besteigen nur möglich ist, indem man die anderen acht nicht besteigt.
Und hier wie da bleibt das Leben eine Wundertüte. Verbundener mit der Menschheit könnte das Gefühl sein, mit dem Sie aus dem Kino heimgehen.
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