George Orwell 2020: 5G-Brillen mit Gesichtserkennung im Polizei-Einsatz in China
„Wie Google-Glas auf Steroiden“, schreibt ein Twitter-Nutzer unter einem Video, dass die Möglichkeiten smarter 5G-Brillen mit Gesichtserkennung in China promoten soll.
Der etwa zweieinhalb-minütige Clip wurde ursprünglich als 5G-Werbung für das staatseigene Kommunikationsunternehmen China Mobile gedreht, zeigt aber, wozu die Technik – und die Polizei Chinas – in der Lage ist. Der Zoll bestätigte die Nutzung bereits. Ein weiteres Twitter-Video vom 4. Januar lässt vermuten, dass nun auch Polizisten auf diese Technik zurückgreifen können.
600.000 Menschen binnen Sekunden identifiziert
Jeden Tag überqueren etwa 600.000 Menschen den Grenzübergang zwischen Shenzhen und Hongkong und stellen den Zoll vor immer neue Herausforderungen. Angesichts der schieren Masse der Menschen, war es bislang relativ einfach Waren zu schmuggeln. Mit dem Einzug der 5G-Brillen und Gesichtserkennung werden Personen jedoch binnen Sekunden erkannt.
Die Brille wurde erstmals im Hafen von Shenzhen eingesetzt und erwies sich als überaus nützlich, um den Beamten „bei der Identifizierung von Reisenden mit hohem Risiko zu helfen“, schreibt die Hongkong-Ausgabe des britischen „Standard“.
Sobald ein Reisender die Zollstelle betritt, scannt die Software sein Gesicht und sucht in der umfassenden Datenbank des Zolls nach dem passenden Eintrag. Dank BigData und 5G geschieht dies binnen Sekunden. Sobald ein Verdächtiger erkannt wurde, hört der Träger der Brille einen akustischen Alarm und bekommt die entsprechende Person „auf den Bildschirm gelegt.“ Zusätzlich dazu markiert ein roter Rahmen die Person im Sichtfeld der Brille.
Ein Zollbeamter erklärte dazu: „Es stärkt die Identifizierung von Risikoreisenden und ermöglicht den Beamten, sie mit höherer Effizienz zu lokalisieren, was eine effektivere Strafverfolgung ermöglicht.“ Um die Trefferquote zu erhöhen, ergänzen weitere Kameras im Gebäude das Sichtfeld der Brille.
Neben der Echtzeit-Markierung gibt die Brille zudem Namen, Reisedokumente und gegebenenfalls frühere Aufenthalte und Gepäckinformationen preis, „um den Zoll bei der Beschlagnahmung und Durchsuchung von risikoreichen Reisenden zu unterstützen.“
Gesichtserkennung jetzt auch bei der Polizei?
Ein kürzlich aufgetauchtes Video aus Hongkong zeigt eine Polizistin, die eine Brille mit erstaunlicher Ähnlichkeit zu der aus dem 5G-Werbespot trägt. Diese beiden Videos geben einen kleinen Hinweis, wozu Chinas regierende Kommunistische Partei (KPCh) in der Lage ist.
Das Werbevideo (siehe unten) zeigt einen Zivilpolizisten mit einer vermeintlichen Sonnenbrille, der die Massen in der U-Bahn-Station am Volksplatz von Shanghai im Auge behält. Alsbald erkennt die Brille einen potentiellen Risikoreisenden und warnt den Beamten, der zunächst unauffällig die Verfolgung aufnimmt. Als der Verdächtige am Ausgang der Station flüchtet, weiß der Beamte, dass die Brille richtig lag.
Seine spontane Verkleidung in einer Gasse kann zwar die herbeigerufenen Gesetzeshüter überlisten, nicht jedoch die Technik, die ihn letztendlich mit Funk-gesteuerten Dornen in der Straße zu Fall bringt.
George Orwells 2020
Das Video spaltet die Meinung der Twitter-Nutzer. Während einige Wenige die Technik – oder den armen Parkour-Läufer – loben, sehen andere, meist westliche, Kommentatoren, eine massive Bedrohung ihrer Gesellschaft. Ein Nutzer fragt sogar: „Was für ein Buch hätte Orwell geschrieben, wenn er 2019 schreiben würde?“
Dabei sollte das Video, das unter anderem in WeChat verbreitet wurde, nicht die Polizeiarbeit, sondern 5G bewerben. Das Voice-Over am Ende des Videos erklärt dann auch in Mandarin, dass man die Gesichtserkennung (und die totale Überwachung) nicht unterstütze. Wie „Slate“ berichtet, prahlt sie aber damit, „dass 5G schnell genug ist, um ‚intelligente Städte‘ zu ermöglichen“.
Auch außerhalb Chinas beschäftigt und spaltet das Thema Gesichtserkennung die Menschen. In San Francisco wurde die Technologie im November offiziell verboten, während die britische Polizei die Verwendung verteidigte, nachdem sich ein Bürger über die Verletzung seiner Privatsphäre beschwert hatte.
„Slate“ schreibt weiter, dass „all das im Angesichts Chinas erblasst“. Dort seien „mit dieser Technologie ausgestattete Kameras […] entlang der meisten großen chinesischen Stadtstraßen und sogar in einigen öffentlichen Toiletten aufgetaucht.“ (ts)
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