Tod einer 13-Jährigen: Die zwei Versionen des Verbrechens – Vierter Verdächtiger weiter flüchtig

Der Fall „Leonie“ beschäftigt Österreich und befeuert die Abschiebedebatte um kriminelle Asylbewerber weiter. Aktuell gibt es zwei Versionen der Tatnacht. Drei Afghanen sind in Untersuchungshaft. Ein vierter, möglicherweise nach Deutschland geflüchtet, wird von Europol gesucht.
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Wien: Am Fundort der Leiche der ermordeten 13-jährigen Leonie haben Menschen Kerzen aufgestellt.Foto: Screenshot YouTube/OE24
Von 6. Juli 2021

Aktuell ermittelt die Wiener Staatsanwaltschaft zum Tod der 13-jährigen Leonie nicht wegen Mordes, sondern wegen Vergewaltigung mit Todesfolge. Drei Afghanen (23, 18, 16) sitzen in Untersuchungshaft, ein vierter (22) ist noch flüchtig. Der 16-Jährige hat inzwischen Angaben gemacht. Der Fall verschärft aktuell die Diskussion um die Abschiebung krimineller Asylbewerber. In Österreich leben derzeit rund 44.000 Afghanen. Allein im Jahr 2020 wurden 4.877 oder mehr als elf Prozent von ihnen straffällig.

Die „Krone“ sprach mit dem seit Jahrzehnten in Österreich lebenden promovierten Politologen und Gerichtsdolmetscher Sarajuddin Rasuly über den Fall. Der aus Afghanistan stammende Experte vermutet, dass das Mädchen wohl Anschluss gesucht habe, was „diese Kriminellen“ ausgenutzt hätten. Für Rasuly ist klar: „Wenn junge Afghanen kommen und mehrere Straftaten begehen, sollte man sie abschieben. Die sind nicht zu integrieren. Wenn die rauskommen, werden sie wieder kriminell.“

Wo andere ein Problem mit der Abschiebung nach Afghanistan unter den vorrückenden Taliban sehen, ist Rasuly deutlich optimistischer: „Der Westen wird denen dennoch nicht das ganze Land überlassen. Daher könnte etwa Kabul weiter für Abschiebungen von Kriminellen infrage kommen.“

Doch was genau hatte sich in der Nacht zum 26. Januar ereignet? Es gibt zwei Versionen, die aktuell bekannt sind.

Kurde bringt Polizei auf die Spur

Eine Version der Vorgänge schilderte der syrische Kurde Mohammad M. aus Rojava, der die Polizei auf die Spur der Afghanen brachte. „Ein Mädchen ist weg. Für immer. Da kann man nicht heimgehen und schlafen“, so der 19-Jährige im Interview mit dem Magazin „Profil“. Heute schäme er sich, dass er „solche Leute überhaupt kenne“.

Er ist mit dem 18-jährigen tatverdächtigen Wohnungsinhaber Haji befreundet. Den 16-jährigen Ali H., der sich Rames nennt und in diesem Jahr erst aus Afghanistan zu Verwandten nach Österreich kam, kennt er demnach seit ein paar Wochen. Da hatte er ihn erstmals mit einem ebenfalls tatverdächtigen Afghanen zusammen gesehen. Diesen hatte er bereits vor ein paar Jahren in einem Wiener Flüchtlingsheim kennengelernt.

Am Sonntag nach der Tat hatte er um 17:46 Uhr mit Hajid wegen einer ausgeborgten Jogginghose telefoniert. Doch der 18-Jährige erklärte, dass er „Stress gehabt“ habe und etwas „Wichtiges“ mit ihm besprechen wolle. An dieser Stelle geht das Interview in die Verkaufsversion.

„OE24“ berichtet in einem Video-Artikel über den weiteren Verlauf der Schilderungen von Mohammad M., dem Kurden. Demnach hätten die Afghanen dem Mädchen bevor sie es missbrauchten drei Ecstasy-Pillen gegeben und sieben weitere in einem Getränk aufgelöst. Als sie nicht mehr zu sich gekommen sei, hätten die Täter ihr Wasser ins Gesicht geschüttet und ihr Milch zu trinken gegeben. Dies habe der 18-jährige Mohammed M. geschildert. Dieser überredete ihn, sich der Polizei zu stellen.

Den 16-Jährigen hätte man mit einem fingierten Drogendeal auf die Donauinsel gelockt, was Handyaufzeichnungen belegen würden, so der Bericht. Die Ermittler vermuten offenbar, dass sich ein vierter beteiligter Afghane, 22, inzwischen nach Deutschland abgesetzt habe. Nach ihm wird mit Europol gefahndet.

2. Version: „Wir sind mit K.-o.-Tropfen betäubt worden“

Demnach habe er sich am Abend des 25. Juni mit dem Mädchen zum Spaziergang auf der Wiener Donauinsel getroffen. Leonie war dazu mit dem Zug aus ihrem Heimatort Tulln, rund 45 Kilometer von Wien entfernt, angereist.

Später seien sie in die Wohnung des 18-jährigen Landsmannes gegangen – wie zuvor schon ein paarmal, um miteinander ungestört zu sein: „Leonie und ich zogen uns dort schnell in ein Nebenzimmer zurück, um Sex zu haben. Danach wollten wir noch mit meinen Kumpels etwas trinken und einen Joint rauchen.“

Die anderen Afghanen waren zu dieser Zeit in einem anderen Raum der Wohnung. Schließlich sollen Leonie und der 16-Jährige zu den anderen gestoßen sein. „Wir bekamen Getränke serviert, bereits nach dem ersten Schluck wurde ich ohnmächtig. Leonie und ich müssen mit K.-o.-Tropfen betäubt worden sein“, so die Erklärung des 16-Jährigen. Als er wieder aufgewacht sei, „war die Wohnung leer und ich alarmierte die Rettung, weil mich eine extreme Übelkeit geplagt hat“.

Von dem Verbrechen habe er erst viel später erfahren. Er beteuerte: „Leonie war meine Freundin, wir waren seit vier Wochen zusammen. Wir hatten Zukunftspläne, ich hätte ihr nie etwas angetan.“ Der Anwalt der Familie dementierte eine nähere Bekanntschaft des Mädchens mit dem 16-Jährigen. Auch Leonies Eltern bezeichneten diese Schilderungen als „sicher falsch. Denn unsere Tochter war in einen jungen Österreicher verliebt“, glauben sie.

Das tote Mädchen am Straßenrand

Am Samstag, 26. Juni, fanden Passanten in Wien-Donaustadt die Leiche der 13-Jährigen auf einem Grünstreifen neben der Viktor-Kaplan-Straße an einen Baum gelehnt. Die Obduktion ergab Tod durch Ersticken. Die Leiche wies zudem zahlreiche Blutergüsse im Halsbereich auf. Wie weitere Ermittlungen ergaben, wurde Leonie vor ihrem Tod unter Drogen gesetzt und mehrfach vergewaltigt.

Am Abend des 28. Juni nahm die Polizei in einer Pizzeria in Wien einen 18-Jährigen und auf der Donauinsel einen 16-jährigen Tatverdächtigen fest. Nach der Festnahme der beiden bereits wegen Drogen- und Gewaltdelikten polizeibekannten Afghanen wurde am 30. Juni, gegen 22 Uhr, ein weiterer tatverdächtiger Afghane (23) festgenommen.

Europaweite Suche nach viertem Afghanen (22)

Ein vierter Tatverdächtiger, ebenfalls afghanischer Staatsangehörigkeit, dreifach vorbestraft, ist derzeit flüchtig und wird mit Europäischem Haftbefehl gesucht. Der gesuchte 22-Jährige sollte nach Angaben von „OE24“ bereits seit drei Jahren abgeschoben werden. Wie der bereits festgenommene 18-Jährige, so kam auch dieser Afghane 2015 mit der großen Migrationswelle nach Österreich. Sein Asylantrag wurde 2017 abgelehnt, die Rückführung drohte. Noch im selben Jahr legte er Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Der Fall wurde noch nicht entschieden.

Seit 2016 wurde der Afghane sechsmal festgenommen, unter anderem wegen Drogenhandel und Gewaltdelikten. Im Juni 2018 wurde er für zwei Monate in Haft genommen und verlor damit sein Aufenthaltsrecht. Dennoch blieb er aufgrund des laufenden Verfahrens mit faktischem Abschiebeschutz in Österreich. Ein mögliches Beschleunigungsgebot nach dem Asylgesetz wurde von den Behörden nicht genutzt. Die nächsten Haftzeiten folgten: 2019 für sieben Monate und 2020 für neun Monate. Seit Oktober 2020 befand sich der Afghane wieder auf freiem Fuß.



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