Waldbrand in Mecklenburg-Vorpommern hat sich weiter ausgeweitet: Nun 1.200 Hektar betroffen
Vom Waldbrand auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern ist inzwischen eine Fläche von 1200 Hektar betroffen. Auf 850 Hektar brenne es weiterhin, auf 350 Hektar sei die Vegetation abgebrannt, teilte der Landrat von Ludwigslust-Parchim, Stefan Sternberg, am Dienstagabend in Lübtheen mit. Dennoch habe sich die Lage „ein bisschen“ entspannt. Das Feuer breite sich in Richtung des unbesiedelten Truppenübungsplatzes aus.
Die angrenzenden Dörfer seien durch von den Einsatzkräften errichtete Brandschutzriegel vorerst abgesichert, sagte Sternberg. 3000 haupt- und ehrenamtliche Helfer aus mehreren Bundesländern seien im Schichtsystem im Einsatz.
Zum ersten Mal näherten sich Bergungspanzer der Bundeswehr dem verheerenden Waldbrand auf weniger als 1000 Meter. Die Panzer räumten zugewachsene Wege, die die Bundeswehr auf dem Gelände bis 2008 genutzt hatte, wie der Kommandeur des Landeskommandos Mecklenburg-Vorpommern, Brigadegeneral Gerd Josef Kropf sagte.
Die Wege seien für die Panzerbesatzung sicher, soweit sie „unter Luke“ fahren.
Alles, was jetzt abbrennt, kann in nächster Zeit nicht mehr brennen
Inzwischen hat die Polizei weitere Hinweise, dass der Waldbrand die Folge von Brandstiftung ist. Mehr als zwanzig Videos und Fotos seien bei den Ermittlern eingegangen, sagte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Rostock.
Erste Hinweise auf mehrere Brandherde waren am Samstagnachmittag eingegangen – Feuerwehrleute hätten schnell vermutet, dass die Brände nicht durch Zufall entstanden seien. Landrat Sternberg bezweifelte zudem, dass das Feuer durch restliche Funken eines anderen Brandherdes aus der Woche zuvor entfacht wurde.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) forderte unterdessen vom Bund einen Plan, wie mit Bränden auf ehemaligen Schießplätzen umgegangen werden kann. „Es kann nicht sein, dass auf solchen Plätzen Munition herumliegt und die Einsatzkräfte nicht herankommen“, sagte sie gegenüber dem Sender NDR während eines Besuches in Lübtheen. Die inzwischen unter Naturschutz stehende Fläche gehört dem Bund.
Am Montagabend wurde eine vierte Ortschaft evakuiert – 117 Menschen mussten das Dorf Volzrade verlassen. Die Bewohner dürfen zweimal täglich in Begleitung von Polizisten ihre zurückgelassenen Tiere versorgen. Die Polizei schützt ansonsten die evakuierten Ortschaften.
Landrat Sternberg dankte zahlreichen Lebensmittel-Unternehmen aus der Region, die mit Spenden die Einsatzkräfte unterstützten. Besonders der örtliche Bäcker in Lübtheen „backt rund um die Uhr“. Sternberg räumte ein, dass die Landschaft nach dem Brand eine andere sein werde. Aber „was jetzt abbrennt, kann in nächster Zeit nicht mehr brennen“.
16:50 Uhr: Löschkräfte der Bundeswehr gefragt
Heute sollten Räum- und Bergepanzer Schneisen in das Brandgebiet schlagen und so den Feuerwehrleuten sicheren Zugang in das stark munitionsbelastete Gebiet verschaffen.
Heute sind rund 600 Hektar – und damit ein Zehntel des gesamten früheren Übungsgeländes – von dem Großfeuer betroffen, das am Sonntag ausgebrochen war. Die Polizei ermittelt wegen vorsätzlicher Brandstiftung.
Jahrzehntelang Truppenübungsplatz und inzwischen Naturschutzgebiet
Der riesige Waldbrand auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern betrifft ein Gebiet mit jahrzehntelanger Militärgeschichte. Von 1936 bis 2013 wurde das Gelände von der Reichswehr, von der Nationalen Volksarmee und von der Bundeswehr genutzt. Nach Angaben des Lübtheener Heimat- und Kulturvereins wurde im benachbarten Jessenitz seit 1936 zudem Munition für die Marine hergestellt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Munition, die in zahlreichen über das Gelände verteilten Bunkern lagerte, von der Roten Armee gesprengt. Dabei wurde sie jedoch nicht restlos zur Detonation gebracht, wodurch viele Explosionsstoffe bis heute im Boden der Kiefernwälder schlummern. Laut Landesumweltminister Till Backhaus (SPD) lassen Stichproben auf eine Menge von 45 Tonnen pro Hektar schließen.
Das Landesumweltministerium will den Schutz der angrenzenden Dörfer vor Waldbränden verbessern. Das Konzept sieht unter anderem vor, in Schutzstreifen um die Ortschaften herum das Totholz zu entfernen, den Waldboden regelmäßig zu bearbeiten und mehr Laubbäume anzupflanzen, die Bränden länger widerstehen als Nadelbäume.
Seit 2017 gehört der ehemalige Truppenübungsplatz mit einer Fläche von rund 6200 Hektar zum Nationalen Naturerbe. Die Lübtheener Heide mit ihren Wäldern und Sanddünen wird vom Bundesforstbetrieb Trave verwaltet. Sie soll langfristig in ein Tourismus-Konzept einbezogen werden; 1500 Hektar Fläche sollen als Kernzone des Unesco-Biosphärenreservates Flusslandschaft Elbe ausgewiesen werden.
Löscharbeiten gehen weiter – weiterhin akute Explosionsgefahr
Mit acht Löschhubschraubern und mehreren Wasserwerfern wollen die Einsatzkräfte den Waldbrand auf dem Gelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes bei Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern heute unter Kontrolle bekommen.
Damit wird die Flotte der Helikopter verdoppelt. Wegen unberechenbarer Winde gibt es noch keine Entwarnung in dem munitionsbelasteten, stark ausgetrockneten Gebiet im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Vier Dörfer wurden bislang evakuiert. Die Wasserwerfer sollen Schneisen und Wege mit bewässern.
Munitionsbelastung erschwert Löschung
Am frühen Morgen brannte es nach Angaben einer Sprecherin des Landkreises auf einer Fläche von etwa 430 Hektar (4,3 Quadratkilometer) auf dem etwa 6000 Hektar großen früheren Militärgelände.
Das Gebiet ist hochgradig mit Munition belastet, was die Löscharbeiten erheblich erschwert, die Feuerwehr muss einen 1000-Meter-Abstand halten.
Nach den Orten Alt Jabel, Jessenitz-Werk und Trebs wurde am Montagabend auch noch die kleine Gemeinde Volzrade geräumt. Die Orte liegen knapp 50 Kilometer südwestlich von Schwerin.
650 Menschen evakuiert
Wegen drehender Winde wollte die Einsatzleitung jegliches Risiko für Menschen vermeiden. Von den Evakuierungen sind nach neuesten Angaben etwa 650 Menschen betroffen.
Angesichts der Munition im Boden forderte Innenminister Lorenz Caffier (CDU) die Politik auf, gemeinsam technische Lösungen für solche Katastrophen zu finden.
„Es bleibt für alle eine große Herausforderung“, sagte er am Montag im ARD-„Brennpunkt“. „Wir müssen uns grundsätzlich aufstellen in Deutschland“.
Laut Umweltminister Till Backhaus (SPD) liegen auf dem Gelände nicht nur Munition und Granaten von Manövern, sondern auch große Mengen an Sprengmitteln aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges.
Bei Lübtheen habe die Marine ihr Munitions-Hauptlager unterhalten, das 1945 gesprengt worden sei. Dabei sei die Munition aber nicht vollständig explodiert.
Explosionsgefahr noch nach Brandlöschung
Auch wenn das Feuer gelöscht werden könne, dürfe es keine schnelle Entwarnung geben, mahnte Backhaus in der „Ostseezeitung“:
„Die hochbrennbare Humusschicht, die sich in den letzten 70 Jahren gebildet hat, hält Hitze und Glut lange Zeit.“
Der Minister betonte auch die Gefahr, die von der Munition ausgehe, die noch im Boden verborgen ist. Bei Probegrabungen seien bis zu 45,5 Tonnen pro Hektar zu Tage gefördert worden.
„Und wenn es dann knallt, wie ich es selber erlebt habe, denkt man schon darüber nach, ob das richtig ist, was man hier macht.“
(dpa)
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