Messergewalt in Deutschland und England: Immer mehr Straftaten und schwere Verletzungen

Messergewalt gehört speziell in den großen Städten längst zum Alltag. Nicht nur hierzulande, sondern auch im übrigen Europa. Ein Blick auf Daten und Beispiele aus Deutschland und England.
Titelbild
Polizisten bei der Spurensicherung am Ort eines blutigen Messerangriffs in Solingen, Deutschland. Der Täter ist noch auf der Flucht.Foto: Sascha Schuermann/Getty Images
Von 28. August 2024

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Seit Monaten machen Fälle von Messerkriminalität praktisch täglich Schlagzeilen – meist in der Lokalpresse, seltener bundesweit. Wie zuletzt im Fall des Attentäters Issa Al H. Laut Polizei stellte er sich und gestand, dass er am vergangenen Freitagabend in Solingen drei Menschen getötet und acht weitere zum Teil schwer verletzt habe.

Oder wie im Fall des Attentäters Sulaiman A., dessen Attacke bei einer Mannheimer Kundgebung des Islamkritikers Michael Stürzenberger zum Tod des Polizisten Rouven Laur und ebenfalls zu mehreren Schwerverletzten geführt hatte.

Basisdaten 2023: 38 Messerdelikte pro Tag in Deutschland – plus Dunkelziffer

Weniger hört man in der Regel von jenen weiteren 37 Messerangriffen oder -bedrohungen, die im Durchschnitt innerhalb von 24 Stunden offiziell in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) Deutschlands einfließen. Die Zahl lässt sich anhand der Datenbasis des Jahres 2023 errechnen: In 365 Tagen wurden insgesamt 13.844 Fälle von Messerkriminalität registriert. Das bedeutete ein Plus im Vergleich zum Vorjahr von 1.489 Fällen oder zwölf Prozent. Aktuellere bundesweite Zahlen liegen nicht vor.

In der Rubrik „gefährliche und schwere Körperverletzung“ war 2023 in 5,8 Prozent der Fälle ein Messer im Spiel, bei Raubdelikten sogar in fast elf von hundert Fällen. Plus Dunkelziffer. Dabei waren die registrierten Fälle des bloßen „Mitführens von Messern in der Öffentlichkeit“ laut PKS 2023 (PDF) noch gar nicht eingerechnet.

Parallel ist auch die Gewaltkriminalität von 197.202 Fällen im Jahr 2022 auf 214.099 Fälle im Jahr 2023 gestiegen, und zwar um 8,6 Prozent. Das Messer als Tatwaffe sei wegen seiner „Verfügbarkeit, Mitführmöglichkeit, Handhabung und Effizienz“ von „besonderer Bedeutung“, wie der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK, PDF) im Juni festgestellt hatte.

DGU-Traumaregister verzeichnet Anstieg an schweren Messerverletzungen

Seit 2014 ist die Anzahl jener Menschen, die wegen einer Messerattacke auf einer deutschen Intensivstation (ITS) im Krankenhaus landeten, um über 50 Prozent gestiegen. Das geht nach Angaben der „Jungen Freiheit“ aus einer vorläufigen, bisher nicht publizierten Fassung des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) hervor.

Demnach sollen 4.917 von insgesamt 212.628 ITS-Schwerverletzten der vergangenen zehn Jahre wegen einer Stichverletzung behandelt worden sein. Die Durchschnittsquote von 2,31 Prozent dieser gesamten Dekade habe anfangs noch unter zwei Prozent gelegen. 2023 hätte sie aber schon mehr als drei Prozent aller Schwerverletzten auf deutschen ITS ausgemacht. Nicht eingerechnet: leichtere Stichwunden ohne ITS-Behandlung sowie Todesfälle und solche Patienten, die einer statistischen Erfassung nicht zustimmten, wie die „Neue Zürcher Zeitung“ anmerkte.

Fast jeder vierte deutsche Fall in Berlin

Immer dramatischer gestaltet sich nach Informationen der „Berliner Zeitung“ die Lage in der Bundeshauptstadt: Von den bereits erwähnten bundesweit 13.844 registrierten angedrohten oder ausgeführten Messerangriffen spielten sich im Vorjahr 3.842 Fälle auf den Straßen oder in den Häusern der Spreemetropole ab. Im Vorjahr waren es noch 3.317 Registereinträge gewesen. 2023 wurde damit die „Zehn-pro-Tag“-Hürde in Berlin übersprungen. Im ersten Halbjahr 2024 hätten es allein die Mediziner in der Charité schon mit mehr als 50 Messerstichwunden zu tun bekommen, schreibt die „Berliner Zeitung“.

Und es ist kein Ende in Sicht, wie einige aktuelle Beispiele zeigen. Am Donnerstagvormittag, 22. August, war es nach Angaben der Bundespolizei zu einem Messervorfall am Berliner Hauptbahnhof gekommen. Nach einem Streitgespräch habe ein 30-jähriger Deutscher ein Messer gezogen und damit seinen rumänischen Kontrahenten bedroht. Der habe sich mit einem Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht des Angreifers gewehrt und diesen mithilfe von Passanten an eine Glaswand gedrückt. Am Ende habe die Polizei drei Messer und ein Nageleisen bei dem Messerdroher gefunden. Beide Männer waren nach dem Ende der polizeilichen Maßnahmen auf freien Fuß gesetzt worden.

Zwei Tage danach war es am Brandenburger Tor zu einer eher autoaggressiven Messerszene gekommen: Inmitten einer ukrainischen Kundgebung zum nationalen Unabhängigkeitstag soll sich ein Mann mit nacktem Oberkörper selbst verletzt haben, um ein Zeichen für Frieden zu setzen. Nach Informationen des X-Nutzers HenryLindo123 habe der Mann die Klinge sofort weggeworfen, als die Polizei eintraf. Auf einem X-Video ist lediglich zu sehen, wie die Polizisten den vermeintlichen Friedensaktivisten fixieren.

Bereits am 1. August hatte der Fall einer mutmaßlichen Messertäterin in Berlin-Charlottenburg für Schlagzeilen gesorgt. Nach Informationen des rbb soll sie Passanten in der Kaiserin-Augusta-Allee bedroht haben, nachdem sie zuvor ihren Mann in ihrer Wohnung verletzt hatte. Als sie mit dem Messer in der Hand der Polizei zu entkommen versuchte, zogen die Beamten ihre Pistolen und feuerten mehrfach Schüsse ab. Einer davon traf schließlich den Fuß der Flüchtigen und stoppte sie (Kurzvideo auf YouTube).

Attacken in England

Doch auch im übrigen Europa wird zum Messer gegriffen. Besonders stark fällt das in Großbritannien auf. Im Londoner In-Viertel Notting Hill gab es beim traditionellen dreitägigen Karneval am Wochenende gerade erst acht Messerverletzte, 35 verwundete Polizisten und mehrere Hundert Festnahmen.

Andere offenbar aktuelle Videobilder aus England zeigen einen jungen Mann in Birmingham, der nach einem Wortwechsel einem Familienvater mit Kinderwagen in den Hals sticht, worauf dieser flieht, aber kurz darauf zusammenbricht (nur für starke Nerven: Video auf X).

Ein weiterer Fall aus dem Londoner Stadtteil Clerkenwell zeigt Passanten, die einen Mann am Boden fixieren. Laut Begleittext soll der Gebändigte in seinem Gepäck mehrere Messer und einen Koran verwahrt und versucht haben, Menschen zu verletzen. Das X-Video stammt vom vergangenen Sonntag. Laut Londoner Polizei hat sich der Vorfall am 22. Mai dieses Jahres ereignet.

Noch ein Videobeispiel aus England, das am Tag der Solinger Bluttat erschien: In einer Fußgängerzone in Liverpool sieht man einen offensichtlich verärgerten Mann, der ein Fahrrad am Lenker packt und damit auf eine Gruppe Jugendlicher zusteuert. Kurz vor der Kollision rutscht er auf dem regennassen Pflaster aus. Dabei soll er in sein griffbereites Messer gefallen sein. Auch hier ist es schwierig, Ort, Zeitpunkt und den genauen Tathergang zu verifizieren.

Messermorde an kleinen Mädchen sorgten für Straßenproteste

Ende Juli 2024 hatte eine Messerattacke in Southport, bei der drei kleine Mädchen getötet wurden, für wochenlange Straßenproteste gesorgt. Die Kinder hatten an einem Tanzkurs auf den Spuren ihres Idols Taylor Swift teilgenommen.

Der britische X-Nutzer @Basil_TGMD postete am vergangenen Samstag eine Messerbilanz der letzten 30 Tage im Vereinigten Königreich: Demnach habe es 45 Messerstechereien mit insgesamt neun Toten gegeben. Sechs der Messeropfer sollen Kinder gewesen sein. Die britische Regierung verliere jedoch kein Wort darüber, kritisierte @Basil_TGMD. Nach Angaben der Presseagentur Afp registrierte Großbritannien 2023 rund 50.000 Messergewalttaten, beinahe sieben Prozent mehr als im Vorjahr.

Mannheimer Attentat brachte Verbotsdebatte neuen Aufwind

Der Fall des Ende Mai getöteten Polizisten Rouven Laur in Mannheim hatte in Deutschland schnell eine Debatte über mehr Verbote in Gang gesetzt. Mitte August kündigte das Innenministerium an, den „Umgang mit Messern im öffentlichen Raum“ weiter einschränken zu wollen. Neben Messerverbotszonen soll ein generelles Verbot der Mitführung von Messern mit Klingen über sechs Zentimetern kommen. Noch gelten hierzulande zwölf Zentimeter als Höchstgrenze.

Während die grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic, eine Ex-Polizistin, sogleich von einer „längst überfälligen“ Reform sprach, rang sich die FDP erst am Wochenende dazu durch, entsprechenden Beratungen in der Bundesregierung zuzustimmen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte angesichts des tödlichen Messerattentats von Solingen eine rasche Verschärfung des Waffenrechts erneut unterstützt. Das gelte insbesondere für Messer – aber auch für „viele andere Dinge drumherum, die geregelt werden müssen“.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese verlangt nicht nur mehr Messerverbotszonen, eine Ausweitung des Trageverbots für straffällig gewordene Personen und ein generelles Messerverbot in Bus und Bahn – er verspricht sich auch Abhilfe per IP-Adressenspeicherung und von mehr Überwachungskameras an öffentlichen Plätzen.

CDU-Parteichef Friedrich Merz hält Messerverbote allerdings für nicht unbedingt zielführend: „Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter“, schrieb er zuletzt in seinem „MerzMail“-Newsletter.



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