Mordfall Sophia – Marokkaner gibt Opfer die Schuld: „Es war ein Fehler von ihr, dass sie mich geschlagen hat“
Der Vater der ermordeten Tramperin Sophia L. vergräbt immer wieder sein Gesicht tief in der rechten Hand. Zu schwer ist für den pensionierten Pfarrer zu ertragen, was er gerade hören muss. Der mutmaßliche Mörder seiner Tochter stellt in einem von Selbstmitleid und Tränen getragenen Geständnis nämlich das 28-jährige Opfer als Auslöserin der Bluttat dar. „Es war ein Fehler von ihr, dass sie mich geschlagen hat.“
Die Studentin wollte Mitte Juni vergangenen Jahres von Leipzig zu ihrer Familie in der Oberpfalz trampen, der Geburtstag des nun mit seiner Frau und dem Bruder als Nebenkläger auftretenden Vaters stand bevor. Als sie nicht ankam, alarmierte die Familie die Polizei. Weil die zunächst untätig blieb, suchten Familie, Freunde und Unterstützer selbst und machten den Marokkaner Boujemaa L. sogar vor der Polizei ausfindig.
Der 42 Jahre alte Boujemaa L. gesteht zwar die Tötung. „Natürlich weiß er, dass er schweres Unrecht verübt hat“, sagt Verteidiger Karsten Schieseck. Er bestreitet aber den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass er sich an Sophia sexuell vergangen und sie deshalb danach getötet habe.
Nach der Darstellung des Angeklagten verlief die gemeinsame Fahrt zunächst harmonisch. Sophia habe einen Joint geraucht, er habe sie an einem Rastplatz mit Kaffee versorgt. Eskaliert sein soll es bei einer neuen Rast: Als er zum Laster zurückkehrte, soll sie in seinen Sachen gewühlt haben. Während er einen Diebstahl vermutet habe, habe sie ihn bezichtigt, ein Bröckchen Haschisch von ihr geklaut zu haben.
Der Streit sei eskaliert, sie habe ihn geschlagen. Daraufhin habe er mit einem Werkzeug, das er von einer Reifenkontrolle noch zufällig in der Hand gehalten habe, mehrfach auf ihren Kopf eingeschlagen. Zunächst habe Sophia noch gelebt. Erst als sie später am Boden liegend nach seinem Bein gegriffen habe, habe er ihr mit einem weiteren Schlag den Schädel zertrümmert.
Immer wieder bricht der verheiratete Familienvater in Tränen aus. Immer wieder steigert er sich in Melodramatik. Richter Bernhard Heim bittet er quasi um die Todesstrafe:
Geben Sie meine inneren Organe für jemanden, der sie braucht, ich halte die Situation nicht mehr aus.“
Trotz der teils wirren Aussagen – der Teufel soll ihn zum Töten überredet haben – wird das Bayreuther Landgericht einige Arbeit haben, das Geständnis zu widerlegen. Denn die Staatsanwaltschaft bleibt in ihrer Anklage erstaunlich vage. Der Lastwagenfahrer soll sexuell übergriffig geworden sein, „auf unbekannte Art und Weise“ soll er sich an ihr vergangen haben, heißt es nur unpräzise zum Tatmotiv.
Zum Untermauern des Sexualmotivs führt die Anklage zudem an, dass L. vor der Tat auf einem Rastplatz andere Frauen auf dem Weg zur Toilette fotografierte und sich außerdem selbst befriedigte, wie Fotos auf seinem Handy zeigten. Der Angeklagte bestreitet das Sexualmotiv intensiv, immer wieder dreht er sich dabei zu den Eltern von Sophia. Er bitte das Gericht, nicht die Würde von deren Tochter „zu beflecken“ mit solchen „Unterstellungen“.
In dem auf zwölf Verhandlungstage bis Mitte September angesetzten Prozess dürften nun Gutachter eine entscheidende Rolle bekommen. Sie können womöglich untermauern, dass der Mann sich an Sophia verging. Bleiben aber Zweifel, könnte das Gericht die Tat als Totschlag im Affekt werten – das würde zu einer milderen Strafe führen. (afp)
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