Österreich: Kindesentführung auf Schulweg gescheitert – Junge flüchtet in Siedlung

Ein Auto rast heran. Es hält neben einem Jungen, der auf dem Schulweg ist. Ein Mann springt heraus, schnappt nach dem Kind. Es kann entkommen.
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Polizei in Österreich (Symbolbild).Foto: istockPhoto/Spitzt-Foto
Von 11. Juli 2023

Elsbethen, eine 5.500-Einwohner-Gemeinde im Norden des österreichischen Bundeslandes Salzburg, eingebettet zwischen dem Fluss Salzach und den Salzkammergut-Bergen. Hier ereignete sich am Dienstag vergangener Woche eine versuchte Kindesentführung. Offenbar kein Einzelfall in der zu Bayern grenznahen Gegend des Salzburger Landes.

Versuchte Entführung auf dem Schulweg

Die Mitteilung ereilte die Epoch Times von einer Leserin, die verwandtschaftlich von dem Vorfall betroffen war. Betroffen sei ihr Neffe gewesen, ein zehnjähriger Junge. „Es war kurz vor Schulbeginn um 8 Uhr früh, also wenn die Kinder noch verträumt und unkonzentriert sind“, erklärte die Tante des Jungen. Ihren Angaben nach sei er mit dem Roller zur etwa einen Kilometer entfernten Grundschule unterwegs gewesen. „Dabei muss er ein Wegstück passieren, bei dem auf der einen Seite Wald ist. Er musste kurz vom Roller absteigen, weil vor ihm ein älterer Herr am Gehsteig war und genau in dem Moment hat das Auto Vollgas gegeben und ist direkt zu ihm gefahren.“ Dann sei die Beifahrertür aufgegangen und ein Mann sei herausgesprungen.

Der habe den Jungen aber zum Glück nicht erwischt, so die Schilderungen, die der Junge später weitergegeben hatte. „Er hat dann ganz laut geschrien“, erklärte die Tante weiter – und dann sei der Junge mit dem Roller in eine Siedlung gerast, die sich in der Nähe der Schule befindet. „Er wird in der Schule gerade als Held gefeiert“, schildert die Tante den glücklichen Ausgang des Geschehens. Die Eltern des Jungen hatten ihr Kind auf einen solchen möglichen Fall vorbereitet und Handlungsmöglichkeiten mit ihm besprochen: „Meine Schwester hatte meinen Neffen regelmäßig sensibilisiert zu dem Thema und genau durchgesprochen, was er machen sollte, falls ihm einmal so etwas passieren sollte.“ Die Tante des Jungen meinte noch, dass es für Eltern wichtig sei, zu verstehen, „dass die Kinder in der Lage sein können, sich aus so einer Situation erfolgreich rauszumanövrieren“.

Ihren Angaben nach sei die Fahndung bereits ausgeschrieben. Die Polizei stuft den Fall als „versuchte Kindesentführung“ ein und vermutet Pädophilie als Hintergrund.

Eine entsprechende Anfrage der Epoch Times bei der Polizei Salzburg steht derzeit noch zur Beantwortung aus.

Keine Panik, Polizei ermittelt „defensiv“

Wie der ORF Salzburg berichtet, sei die Polizei aufgrund der Angelegenheit vermehrt mit Streifen unterwegs. Man bescheinigt dem Jungen eine vorbildliche Reaktion auf den Vorfall. Er habe sofort in der Schule davon berichtet, was er kurz zuvor erlebt hatte. Eine Anzeige wurde erstattet.

Martin Kaltenegger vom Landeskriminalamt Salzburg riet gegenüber dem ORF Salzburg: „Man sollte mit den Kindern reden, wie sie sich verhalten sollen. Da geht es auch darum, was man nicht machen sollte.“

Die Polizei agiert in dem Fall eher taktisch zurückhaltend, obwohl laut Behördenangaben in den vergangenen sechs Monaten insgesamt acht Vorfälle gemeldet worden seien – aus allen Bezirken. Kinder seien aus einem weißen Kastenwagen oder aus einem schwarzen Auto heraus angesprochen worden. Wie hoch die Dunkelziffer der nicht registrierten Vorfälle ist, ist nicht bekannt.

Polizeisprecherin Karin Temel dazu: „Wir nehmen die Meldungen sehr ernst, aber bisher wurde noch kein Vorfall verifiziert. Die Polizei ist sehr defensiv, gerade auch, um keine Panik zu erzeugen. Das heißt aber nicht, dass die Polizei ihre Arbeit nicht macht.“

Oberalm: Männer in weißem Kastenwagen

Mitte Juni berichtete bereits die Lokalseite „Salzburg24“ von ähnlichen Vorfällen aus den letzten Wochen. Männer hätten vermehrt Kinder angesprochen, um sie mitzunehmen. Besorgte Eltern hätten derartige Meldungen auf Social Media verbreitet, an denen laut Polizei aber nichts dran sei. Von einem Fall in Oberalm im Tennengau wurde berichtet. Die 4.300-Einwohner-Gemeinde liegt acht Kilometer südlich von Elsbethen. Die Kinder seien vor einem Supermarkt von drei Männern angesprochen und aufgefordert worden, in einen weißen Kastenwagen zu steigen. Man wolle sie angeblich heimbringen, wie eine besorgte Mutter in einer Facebook-Gruppe berichtete.

Bis zum Zeitpunkt des Berichts habe die Polizei jedoch keine wie beschriebene weiße Kastenwagen mit männlichen Fahrern beobachten können. Daher könne die Polizei, so die Antwort auf die Anfrage von S24, keine Kindesentführung oder einen solchen Versuch bestätigen.

Die Polizei winkt ab. Zwar würden solche Meldungen bei den Behörden in letzter Zeit vermehrt eingehen, wie eine Polizeisprecherin dem Portal gegenüber bestätigt habe. „Allerdings ist das noch weit weg von einer versuchten Kindesentführung“, so die Sprecherin. Man nehme jedoch jede einzelne Meldung ernst und gehe jedem Hinweis nach, wurde versichert. Man habe daher die Streifen verstärkt, hieß es, insbesondere in der Nähe von Spielplätzen und Schulen. Bestätigen wollte die Polizei zu diesem Zeitpunkt jedoch nur einen Fall im Bezirk Hallein (Tennengau).

Verschwundene Kinder – ein Tabu-Thema?

Aktuell sorgt der Film „Sound of Freedom“ an den US-Kinokassen für einen Run und verdrängt seit einigen Tagen die gängigen Hollywood-Produktionen wie die neue Arielle-Version oder die Fortsetzungen von Indiana Jones, Spiderman oder den Transformers. „Sound of Freedom“ thematisiert das brisante Thema des anwachsenden Kinderhandels in den USA.

Wichtig dabei zu erwähnen ist, dass der 2018 von 20th Century Fox produzierte Film nach der Übernahme der Studios 2019 durch Disney von dem Mediengiganten auf Eis gelegt worden war. Jahrelang hatten die Filmemacher vergeblich versucht, die Vertriebsrechte zurückzubekommen, den Film aus Disneys Schubladen zu holen und in die Kinos zu bringen, wie „The Washington Examiner“ kürzlich berichtete.

Erst als die kleinen Angel Studios aus Utah es schafften, genügend Gelder von ihren Crowdfunding-Investoren zu sammeln, konnte man den Film übernehmen und am Independence Day, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag am 4. Juli, in die Kinos zu bringen. Der Film beruht auf der wahren Geschichte von Tim Ballard, einem ehemaligen Spezialagenten des US-Heimatschutzministeriums, der seinen Job an den Nagel hängte, um Kinder vor dem Menschenhandel zu retten. Hauptdarsteller Jim Caviezel sagte laut dem „Examiner“ zu „Variety“: „Ich bin so stolz, Teil dieses beeindruckenden Films zu sein.“ Caviezel meinte auch, dass der Film nach „Die Passion Christi“ der zweitwichtigste Film ist, den ich je gemacht habe.“

Echte Fälle „extrem selten“

In Deutschland scheint alles o. k., so zumindest die offizielle Darstellung. Anfang Mai berichtete die Nachrichtenagentur dpa in Deutschland von „Phantommeldungen“ – ausgelöst durch besorgte Eltern. In Nürnberg hätten beispielsweise Männer Kindern auf dem Schulweg Süßigkeiten angeboten. Das sei im Februar gewesen. Nach Polizeiangaben seien drei Männer ermittelt worden, die für etwa ein Dutzend der Fälle verantwortlich gewesen seien sollen. Es sei aber zu keinen Straftaten gekommen, hieß es.

Kriminalhauptkommissar Martin Richter, Polizei Mittelfranken: „Das kommt immer in Wellen. Das ist ein Phänomen, das uns immer begleitet.“ Über die sozialen Medien würden sich Eltern dann gegenseitig alarmieren, wobei sich dann auch mal der Ort des Geschehens ändern könne, so der Kriminalbeamte.

„Das erschwert uns die Arbeit, weil es Kapazitäten bindet, auch den Phantommeldungen nachzugehen.“ Damit verbunden ist offenbar auch ein echtes Fahndungsproblem. KHK Richter berichtet, es sei den Ermittlern teilweise kaum noch möglich, nachzuverfolgen, wo es tatsächlich eine Häufung von Fällen gebe. Laut Richter sei es „extrem selten“, dass ein Kind überfallartig in ein Auto gezerrt werde.

Auch Polizist Dirk Heitmann aus Celle, selbst Vater, kennt diese Eigendynamik. Seine WhatsApp-Gruppen seien nahezu explodiert. Mal habe es geheißen, dass ein Kind in Celle angesprochen, mal in ein Auto gezogen worden sei. „Es bauscht sich auf. Zum Teil werden aus einem Fall irrtümlicherweise mehrere. Aus einem Ansprechen wird Anschreien oder Ins-Auto-Ziehen.“

Vermisste Kinder – Was sagt das BKA?

Die 2008 in Hamburg gegründete Initiative vermisster Kinder gehört zur Dachorganisation Missing Children Europe. Auf der Website der deutschen Initiative heißt es: „In Deutschland werden jedes Jahr mehr als 60.000 Kinder und Jugendliche als vermisst gemeldet – und tauchen glücklicherweise in mehr als 99% aller Fälle wohlbehalten wieder auf.“ Rein rechnerisch: Ein Prozent würde immer noch 600 Kinder ausmachen, die nicht wieder auftauchen – allein in Deutschland, jedes Jahr.

Doch was sagt das Bundeskriminalamt dazu?

Erfahrungsgemäß erledigten sich etwa 50 Prozent der Vermissten-Fälle innerhalb der ersten Woche, 80 Prozent innerhalb des ersten Monats und „nur etwa 3 %“ der vermissten Personen blieben länger als ein Jahr verschwunden, schreibt das BKA. Mehr als zwei Drittel aller Vermissten seien männlich und die Quote der Kinder und Jugendlichen unter den Vermissten liege bei rund 50 Prozent.

Das Thema „vermisste Kinder“ habe in der deutschen Öffentlichkeit einen hohen Stellenwert, so das BKA. „Durch die intensive Berichterstattung der Medien bei aktuellen Einzelfällen wird ein hohes Gefährdungspotenzial für alle Kinder suggeriert.“ Es entstehe mitunter der Eindruck, dass „die Anzahl nicht wieder aufgefundener Kinder bzw. nicht aufgeklärter Fälle dramatisch hoch sei, […] Kinder Opfer sog. Kinderpornografie-Ringe seien und die Polizei nicht genug unternehme, um dem Einhalt zu gebieten“.

Allerdings würden die Zahlen in den polizeilichen Datenbanken ein anderes Bild zeigen.

Im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre verschwanden pro Jahr rund 15.800 Kinder (bis einschließlich 13 Jahre) in Deutschland. Wie die dem Innenministerium unterstellte Zentralstelle der deutschen Kriminalpolizei erklärt, habe sich der früheste registrierte Kinder-Vermisstenfall in Deutschland 1957 ereignet. Bis zum 13. Januar 2023 seien insgesamt 1.700 ungeklärte Fälle von vermissten Kindern erfasst worden. Mehr als die Hälfte davon seien unbegleitete Migranten, Dauerausreißer/Streuner oder Fälle, in denen Kinder ihren Sorgeberechtigten entzogen worden seien, also Sorgerechtsstreitigkeiten, „insbesondere, wenn die Eltern aus unterschiedlichen Kulturkreisen stammen“.

„Bei dem verbleibenden Teil der vermissten Kinder ist zu befürchten, dass diese Opfer einer Straftat oder eines Unglücksfalls wurden, sich in einer Situation der Hilflosigkeit befinden oder nicht mehr am Leben sind.“

580 ungelöste Fälle im Jahr 2022

1.700 Kinder in 66 Jahren. Rein rechnerisch wären das rund 25 Kinder pro Jahr – wenn denn die Entwicklung seit 1957 konstant geblieben wäre. Doch darüber gibt die Polizei an dieser Stelle keine Auskunft. Wie der „Spiegel“ zur Jahreswende berichtete, seien im Jahr 2021 rund 11.950 Kinder vermisst gemeldet worden, wobei 11.750 der Fälle sich wieder aufgeklärt hatten. Übrig blieben demnach 200 offene Fälle zum Jahresende.

Zum 7. Dezember 2022 hin seien im vergangenen Jahr dann rund 13.380 Kinder vermisst worden. Von diesen Fällen klärten sich 12.800 wieder auf. Übrig blieben am Stichtag demnach 580 ungelöste Fälle. Die Zahlen stammen aus den BKA-Akten.

Verhaltenstipps der Polizei Salzburg

Da sich Erfahrungswerte immer auf die Vergangenheit beziehen, liegt die Verantwortung in der Prävention hoch. „Extrem selten“ heißt nicht unmöglich und was gestern noch war, muss morgen nicht auch noch so sein. Die Polizei Salzburg gibt Eltern, Lehrern und letztlich auch den Kindern folgende Tipps an die Hand, um mögliche Gefahren durch Entführungen zu minimieren.

  • Wenn Ihr Kind sich bedroht fühlt, soll es auf sich aufmerksam machen: „laut sein“ und bei anderen Personen oder in einem Geschäft um Hilfe suchen.
  • Auf bekannten, vertrauten Strecken soll Ihr Kind „Rettungsinseln“ wie zum Beispiel Geschäfte oder Lokale und Menschen kennen, die es im Notfall aufsuchen kann und die Sie in der Folge kontaktieren.
  • Ihr Kind sollte Wegstrecken und vor allem den Schulweg möglichst gemeinsam mit anderen Kindern gehen.
  • Legen Sie Wegstrecken, die oft gegangen werden, gemeinsam mit Ihrem Kind fest.
  • Sie sollen Bescheid wissen, wenn Ihr Kind mit Angehörigen, Verwandten oder Freunden mitgeht oder mitfährt.
  • Ihr Kind sollte fremde Personen siezen, damit die Umgebung wahrnimmt, dass es diese Person nicht kennt.
  • Ihr Kind sollte nicht mit fremden Personen mitgehen oder mitfahren und auch keine Geschenke von diesen Personen annehmen.
  • Fremden Personen sollte Ihr Kind nicht die Wohnungstür öffnen.
  • Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es weder persönlich noch am Telefon oder im Internet Auskünfte an Fremde gibt.

 



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