Ermittlungen wegen Beleidigung Erdogans eingestellt: Böhmermann kündigt persönliche Erklärung an

Die Ermittlungen gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann nach dessen „Schmähgedicht“ über den türkischen Präsidenten sind eingestellt worden. Strafbare Handlungen seien nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen. Der Satiriker will sich heute mit einer persönlichen Erklärung an die Öffentlichkeit wenden.
Titelbild
Jan Böhmermann trägt Schmähgedicht vorFoto: ZDF, über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times5. Oktober 2016

Jetzt zieht es Jan Böhmermann in die Öffentlichkeit: Nach der Entscheidung der Mainzer Staatsanwaltschaft, gegen den TV-Satiriker wegen seines Gedichts „Schmähkritik“ über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan keine Anklage zu erheben, will Böhmermann am Nachmittag eine persönliche Erklärung abgeben.

Ermittlungen gegen Böhmermann wegen Beleidigung Erdogans eingestellt

Der ZDF-Moderator Jan Böhmermann hat den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan mit seinem sogenannten Schmähgedicht strafrechtlich nicht beleidigt. Die Staatsanwaltschaft in Mainz stellte entsprechende Ermittlungen ein, wie sie am Dienstag mitteilte. Strafbare Handlungen seien „nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen“, hieß es zur Begründung. Böhmermanns Anwälte begrüßten die Entscheidung.

Die Staatsanwaltschaft begründete die Einstellung der Ermittlungen unter anderem auch damit, dass Böhmermanns Schmähgedicht „als Beispiel für eine Überschreitung der Meinungsfreiheit dienen sollte“. Zudem sei eine Karikatur oder Satire keine Beleidigung, wenn „die Überzeichnung menschlicher Schwächen“ keine „ernsthafte Herabwürdigung der Person“ enthalte.

Böhmermann hatte Erdogan Ende März in einem Schmähgedicht angegriffen. Erdogan erstattete daraufhin Anzeige, ein mögliches strafrechtliches Vorgehen gegen den Satiriker sorgte in Deutschland aber für großen Unmut. Allerdings stimmte die Bundesregierung den Ermittlungen wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts zu.

Böhmermanns Verteidiger Daniel Krause begrüßte die Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft Mainz habe „manche Befremdlichkeit in einer überhitzten öffentlichen Diskussion auf den Boden der Sachlichkeit zurückgeführt“, erklärte er.

Die Entscheidung bestätige „unsere von Beginn an vertretene Auffassung, wonach ein strafbares Verhalten von Herrn Böhmermann nicht gegeben ist“. „Die Staatsanwaltschaft hat rechtsstaatlich entschieden und jedem politischen Druck widerstanden, das verdient Hervorhebung und Respekt“, erklärte Krause.

Die Sprecherin für internationale Beziehungen der Linksfraktion im Bundestag, Sevim Dagdelen, sprach der Mainzer Staatsanwaltschaft Dank aus. „Im Gegensatz zur vorverurteilenden Bundeskanzlerin Merkel verteidigt sie die Kunst- und Pressefreiheit in Deutschland gegen den türkischen Präsidenten Erdogan, einen erklärten Feind der Pressefreiheit“, erklärte sie.

Der Fall Böhmermann ist aber damit noch nicht am Ende: Das Hamburger Landgericht verhandelt am 2. November mündlich über die zivilrechtliche Unterlassungsklage Erdogans wegen Böhmermanns Schmähgedicht. Es handelt sich dabei um das sogenannte Hauptsacheverfahren. In einem vorgelagerten einstweiligen Verfahren hatte das Gericht Erdogan im Mai teils Recht gegeben und die Wiederholung bestimmter Passagen untersagt.

Böhmermanns Anwalt in dem Verfahren, Christian Schertz, erklärte, er „sehe dem Termin am 2. November gelassen entgegen“. Er „erwarte, dass nunmehr auch in dem Zivilverfahren die Klage von Herrn Erdogan abgewiesen wird, da eine Schmähkritik im engeren Sinne aus den angegebenen Gründen gerade nicht vorliegt“.

Mit dem Schmähgedicht löste Böhmermann überdies eine heftige politische Auseinandersetzung aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommentierte den Beitrag mit kritischen Worten und stimmte gegen den Wunsch vom Koalitionspartner SPD den Ermittlungen gegen Böhmermann zu.

Schertz übte in diesem Zusammenhang scharfe Kritik an Merkel. „Die juristische Bewertung der künstlerischen Arbeit von Herrn Böhmermann durch die Bundeskanzlerin“ sei „einer öffentlichen Vorverurteilung“ gleichgekommen, erklärte er.

Überdies löste Böhmermanns Gedicht eine Diskussion über die Abschaffung eines Paragrafen im Strafgesetzbuch aus: Der Paragraf 103, der die Beleidigung von ausländischen Staatsvertretern unter Strafe stellt, soll gestrichen werden.

Der Paragraf sei „für die Zukunft entbehrlich“, erklärte Merkel im Frühjahr und kündigte an, dass noch in dieser Wahlperiode ein entsprechender Gesetzentwurf verabschiedet werde, der 2018 in Kraft treten solle. Auf Grundlage des Paragrafen hatte die Kanzlerin zuvor den strafrechtlichen Ermittlungen gegen Böhmermann zugestimmt.

Der „Standard“ aus Wien kommentiert den Fall Böhmermann

„Die nun erfolgte Einstellung der Ermittlungen ist schön für Böhmermann und erst recht ein Sieg für die Meinungsfreiheit. Und sie sollte die Politik an etwas erinnern, was vor kurzem noch mit Verve diskutiert, aber bisher nicht umgesetzt wurde: die Abschaffung des unsäglichen und unzeitgemäßen Strafparagrafen zur Majestätsbeleidigung.“ (apf/dpa)

 



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