Schock: China bestreitet Autonomie von Hongkong in neuem Weißbuch

Titelbild
Die Demonstranten rufen Parolen und zeigen die große Reproduktion von Pekings Weißbuch, als sie am 11. Juni in Richtung Peking Repräsentanz in Hongkong marschierenFoto: Philippe Lopez/AFP/Getty Images

Seit dem 10. Juni kann es jeder schwarz auf weiß in einem Weißbuch lesen, was die Autonomie von Hongkong wert ist.

„Chinas Zentralregierung besitzt die umfassende Zuständigkeit für alle lokalen Verwaltungsregionen, darunter auch für die Sonderverwaltungsregion Hongkong. Der hohe Grad an Autonomie der Sonderverwaltungsregion Hongkong ist nicht eine innere Kraft, sondern eine, die ausschließlich von der Genehmigung durch die zentrale Führung ausgeht.“

17 Jahre nach der Rückgabe der englischen Kronkolonie an China unter der Prämisse „Ein Land – zwei Systeme“, und das für 50 Jahre, erschien am Dienstag ein Weißbuch des "China State Council Information Office", das auch als Büro für auswärtige Propaganda bekannt ist.

Mit 23.000 chinesischen Zeichen erklärt das Weißbuch zunächst, welchen „Wohlstand und Stabilität“ Hongkong durch die Verbindung mit dem Mutterland erhalten hat. Aber dann im letzten der fünf Kapitel behauptet das Weißbuch, dass Hongkongs Autonomie davon abhängig ist, wie viel davon Peking ihm zu geben gewillt ist, und dass die chinesische Zentralregierung jederzeit die Verfassung von Hongkong ändern kann.

Auch wenn man bisher in Hongkong noch weit von einer Demokratie entfernt war, gibt es doch viel mehr Freiheiten als in China. Besonders die Meinungsfreiheit, die Peking so sehr fürchtet.

Proteste in Hongkong und internationale Empörung sind bereits als Reaktion auf das Weißbuch im Gange. Einheimische versammeln sich und protestieren seit dem 11. Juni gegen den Versuch des Regimes, noch mehr Kontrolle über die Region auszuüben.

[–Ein gezieltes Timing–]

Ein Blick auf die Zeittafel:

Am 4. Juni erlebte Hongkong die bisher größte Demonstration mit einer Mahnwache von 180.000 Bürgern zum Gedenken an den 25. Jahrestag des Tiananmen-Massakers. Auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking hatten Panzer am 4. Juni 1989 die Teilnehmer der Demokratiebewegung in Peking überrollt. Tausende starben, das Thema ist in China tabu.

Am 1. Juli wird in jedem Jahr in Hongkong mit großen Feierlichkeiten des Jahrestages von 1997 anlässlich der Übergabe der britischen Kronkolonie an China gedacht.

Für den kommenden 22. Juni haben in diesem Jahr Oppositionelle in Hongkong zu einer (inoffiziellen) Volksabstimmung über eine Reform der Wahlen zum Parlament von Hongkong aufgerufen. Bisher werden die Abgeordneten von Peking bestimmt und wählen dann auch den von Peking vorgeschlagenen Regierungschef für Hongkong. Von Demokratie kann nicht die Rede sein.

Zum 22. Juni fordern verschiedene Demokratie-Befürworter die Bürger von Hongkong auf, zwischen drei möglichen Reformvorschlägen für das Wahlrecht eins auszuwählen. Sie können das am zentralen Platz in Hongkong tun oder auch drei Tage lang per E-Mail. Die Initiatoren hoffen auf 200.000 Teilnehmer. Sollten es weniger als 100.000 sein, dann wollen sie ihre Initiative zurückziehen und sich für den Aufwand entschuldigen. Eine respektable chinesische Variante der Übernahme von Verantwortung.

Ein Mittel zur Abschreckung

Das Timing für die Veröffentlichung des Weißbuchs ist durchsichtig, man will Druck aufbauen und Angst verbreiten vor der Übermacht Pekings.

Oppositionsführer Alan Leong von der Zivil-Partei sagte zu Voice of America: „Dieses Weißbuch dient allein der Abschreckung, damit die Bürger am 22. Juni nicht teilnehmen.“

Und in Radio Free Asia erinnerte Leong daran, dass „die Aufrechterhaltung von ‚Ein Land zwei Systeme‘ für 50 Jahre versprochen worden war. Das Weißbuch zeigt, dass das Versprechen gebrochen wurde. Wenn damals solche Worte gefallen wären, hätte England Hongkong niemals an China zurückgegeben.“

Lee Cheuk-yan, der Chairman der "Hongkong Alliance in Support of Patriotic Democratic Movements in China", sagte zur South China Morning Post: „Je größer die Unterdrückung, desto größer die Gegenkraft. Die Bürger von Hongkong werden den Willen von Peking besiegen!“

[–Was Insider sagen–]

Insider aus China weisen darauf hin, dass dieses Pressebüro für die Auslandspresse 1991 gegründet wurde als Ableger des Propagandaministeriums – unter der Ägide des damaligen KP-Chefs Jiang Zemin. Dessen Gefolgsleute ziehen bis heute ihre Fäden in erbitterter Feindschaft zu dem neuen Präsidenten Xi Jinping und seiner Anti-Korruptionskampagne. Sollte das etwa heißen, hier wird gar keine offizielle Politik verkündet? Sicher kann man das jedoch nicht behaupten.

Auch die „Sonnenblumenbewegung“ in Taiwan, bei der Studenten das Parlament in Taipei von Mitte März bis Anfang April friedlich besetzt hielten, hat zu einem Umdenken bei vielen Chinesen geführt, dass Demokratie auch für sie auf friedlichem Weg erreichbar sein könnte.

In einem Editorial erklärt die chinesischsprachige Epoch Times: „Die Engländer haben mit dem Verständnis von Freiheit und Demokratie ein wertvolles Geschenk in Hongkong hinterlassen. Daraus ist wie aus einem Samen ein großer Baum gewachsen, dessen Schatten weit reicht.“ [Anm. der Der Schatten eines Baumes ist für Chinesen eine Wohltat, in seinem Schutz hält man sich gerne auf.] 

Außerdem heißt es: „Im Vergleich zu Taiwan, das aus eigener Kraft eine Demokratie etablierte, hat Hongkong eine eher westlich geprägte Entwicklung durchlaufen, besonders in seinem Justizsystem. Dadurch, dass es mit westlichen Systemen ‚kompatibel‘ ist, hat sich Hongkong neben New York zu einem der führenden Finanzplätze in der Welt entwickelt.“  

„Die öffentliche Meinung ist jetzt der Schlüssel," sagte Lee Cheuk-yan, Mitglied des Legislative Council in Hongkong, in einem Interview mit der Hongkong Presse. "Es ist jetzt ein Krieg zwischen der öffentlichen Meinung und Pekings Meinung. Wir können nicht zulassen, dass Peking völlig die Kontrolle über uns erhält.“



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