Organraub in China: Erstmals wird Ex-Stasichef offiziell beschuldigt

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Rund um die Welt protestieren Falun Gong-Praktizierende mit nachgestellten Szenen gegen den Organraub in China.Foto: AFP/Getty Images
Von und 19. März 2015

Ein denkwürdiges Interview, das der Hongkonger Sender Phönix-TV dieser Tage ausstrahlte: Ein hoher Funktionär des Gesundheitswesens spricht über Chinas Transplantations-System und nennt einen Hauptschuldigen für Organentnahmen an Gefangenen: Ex-Stasichef Zhou Yongkang.

Die Aussage kam nur Tage, nachdem ein Chirurg, der bereits als SARS-Whistleblower aufgetreten war, im Fernsehen über Transplantationsmissbrauch gesprochen hatte. (Siehe: „SARS-Whistleblower packt aus …“) Im ersten Enthüllungs-Interview wurden Chinas Vize-Militärchef Xu Caihou und der führende Chirurg Li Shiyong beschuldigt. (Wenig später berichtete Xinhua vom Krebstod Xus, welch merkwürdige Fügung!)

Die Aussagen des Whistleblowers bestätigten, was ausländische Ermittler seit Jahren vermuten: Dass in Chinas Militärkrankenhäusern ein illegales Geschäft mit Organraub an Gefangenen betrieben wird – und dass Chinas unfreiwillige „Organspender“ meist noch leben, während sie zerstückelt werden. So drastisch wollte es Huang Jiefu, Chinas leitender Transplantationsbeauftragter und früherer Vize-Gesundheitsminister, natürlich nicht sagen, als er bei Phönix TV auf Sendung ging. Er ist der Mann, den Chinas Regime zum Thema vorschickt, um mit Teilzugeständnissen und dem Versprechen, „Reformen seien auf dem Weg“, die Aussagen internationaler Ermittler zu entkräften. So gehen die beiden kanadischen Menschenrechtsanwälte David Kilgour und David Matas seit 2006 davon aus, dass in China seit Beginn der Nuller-Jahre ein staatlich organisierter Massenmord an Falun Gong-Praktizierenden durchgeführt wird, politischen Häftlingen, deren Organe zu hohen Preisen gehandelt werden.

Keine Heldengeschichte

In dem Interview stellte sich Huang als Held im Kampf gegen illegale Organentnahmen dar. Sein Auftritt zielte darauf ab, den früheren Stasi-Chef Zhou Yongkang als Hauptschuldigen für Organraub an Gefangenen darzustellen. Und das ging so: Die Interviewerin stellte ihm die Frage, wie durch „das Fangen des großen Tigers“ der Organraub an Todeskandidaten gestoppt werden könnte und wer dieser große Tiger denn sei. (Mit „Tiger fangen“ ist die Entmachtung von hochrangigen, korrupten Parteifunktionären gemeint.) Huang antwortete: „Der Fall ist nur zu klar. Jeder kennt den großen Tiger. Zhou Yongkang ist der große Tiger. Zhou war unser Sekretär für Politik und Recht, originär ein Mitglied des Ständigen Ausschusses des Politbüros. Das weiß jeder … Wo also die Organe von hingerichteten Gefangenen herkommen, ist das jetzt nicht völlig klar?“

China sei dabei, seine Abhängigkeit von Gefangenen-Organen zu reformieren, behauptete Huang: „Generalsekretär Hu Jintao und sein Premier Wen Jiabao haben Reformen unterstützt, ebenso wie der amtierende Generalsekretär Xi Jinping und Premier Li Keqiang.“ Ob solche Reformen tatsächlich im Gange sind, ist ein Thema, über das sich die Experten streiten.

Diese Interviews dürften kein Zufall sein

Dass im Hongkonger Fernsehen zweimal über „Organentnahmen“ gesprochen wird und das während des Pekinger Volkskongresses dürfte kein Zufall sein. Xi Jinping und seine Anhänger haben offenbar vor, den Kampf gegen Alt-Staatschef Jiang Zemin und dessen Gefolge zu beschleunigen, der nun beschuldigte Zhou Yongkang sitzt bereits in Untersuchungshaft und wartet auf sein Gerichtsverfahren. Die Sendungen scheinen die Bevölkerung darauf einzustimmen, dass nun das Thema Organraub aufs Tapet kommt.

Passenderweise wurde zum Ende des Volkskongresses bekanntgegeben, dass gegen Zhou und 28 andere korrupte Funktionären ein öffentlicher Prozess stattfinden wird.

Dass dies bald der Fall sein dürfte, deutete ein Artikel im Magazin Caijing an: Hier hieß es am 16. März, dass die Anti-Korruptionskampagne 2015 in ihre entscheidende, heiße Phase gehen werde und nochmals erweitert wird, da enorme Korruptheit in hohen Parteirängen entdeckt wurde. Von der „Schlacht gegen den großen Tiger“ war die Rede, die man dieses Jahr erfolgreich abschließen wolle.

Organraub an Falun Gong – das heimliche Hauptthema

Mit diesem Statement brachte Xi Jinping noch einmal seine Entschlossenheit zum Ausdruck, die Abrechnung mit dem 88-jährigen Jiang Zemin zeitnah zu beginnen. Jiang startete im Jahr 1999 die Verfolgung der spirituellen Bewegung Falun Gong, deren Anhänger in Arbeitslagern und Gefängnissen zum Hauptopfer des Organraubs wurden. Fast alle hochrangigen Funktionäre, die bisher in Xis Anti-Korruptionskampagne hinter Gitter kamen, hatten stark an der Verfolgung von Falun Gong mitgewirkt. Die Verfolgung dauert jedoch bis heute an und der Zusammenhang wurde von offizieller Seite nicht genannt.

Siehe auch: „Warum Chinas Tabu-Thema Falun Gong die Welt betrifft



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