Hongkongs Chef, IKEA und der Plüschwolf
Hongkong hat einen neuen Verkaufs-Schlager: Seit Tagen reißen sich dort alle um das IKEA-Kuscheltier „Lufsig“. Das Weihnachtsgeschenk für Hongkonger Kinder? Nicht unbedingt. Dass der Kuschelwolf zum Hit wurde, verdankt er dem unbeliebten Bürgermeister Leung Chun-ying.
Mit dem Spielzeug sollen Kinder eigentlich das Märchen vom Rotkäppchen nachspielen: Der Wolf ist wie ein Mensch bekleidet und hat eine Großmutter dabei, die man aus seinem Bauch retten kann. Unter Hongkong-Chinesen wurde der IKEA-Wolf jedoch zur Ikone des Protests – und erfreut sich als solcher international wachsender Beliebtheit.
Attacke mit Plüschwolf
Dazu muss man wissen, dass Leung wegen seiner repressiven Politik, vom Volk „böser Wolf“ geschimpft wird, weshalb Demonstranten ihn am 7. Dezember mit einem Kuschelwolf bewarfen. Leung-Gegner fanden diese Idee genial, denn wie sich bald darauf im Internet herausstellte, sorgte der Name des Kuscheltiers für den Rest.
Aus „Lufsig“ war in China "路姆西 / Lu Mu Xi" geworden (der Wolf aus dem Rotkäppchen). Diese Übersetzung klingt speziell im Kantonesischem, dem Dialekt der Hongkonger, einem unflätigen Ausdruck gefährlich ähnlich. Bei IKEA war das niemandem aufgefallen.
Ansturm auf Hongkonger IKEAs
Ruft nun ein Hongkonger „Wirf dein Lu Mu Xi!“ ergibt dies eine Beleidigung mit bösem F-Wort. Ein neuer Protest-Slogan gegen den KP-Hardliner war geboren und schon am Montag morgen nach der Wolfs-Attacke waren die „Lufsigs“ aller Hongkonger IKEAs ausverkauft.
Leung-Gegner hatten um sieben Uhr morgens für „Lufsig“ Schlange gestanden. Um elf war kein Wolf mehr übrig. Medien vermieden es, den unanständigen Begriff direkt zu nennen, trotzdem wurde der Plüschwolf und sein Name ein Internet-Hit.
Wolfs-Witze zensiert
Besorgnis über die verschärfte Medienzensur in Hongkong wurde dabei auch laut: Am 12. Dezember erschien ein satirischer Artikel des Kolumnisten Adrian Chow mit dem Titel "Goodbye Lufsig!" in der Hongkong Economic Times. Der Artikel wurde kurzerhand zensiert.
Die Popularität von Lufsig zeige, wie unzufrieden und wütend die Hongkonger über die Leung-Regierung sind, so der Autor. Sein Artikel endete mit einer imaginären Szene, in der die Bürger Berge von Lufsig-Wölfen in der Mitte eines Stadions anzünden und "brenne Lu Mu Xi" rufen – was gleichfalls anzüglich klingt.
Nachdem sein Artikel von der Zensur entstellt worden war (der Name Leungs war darin gelöscht und das Thema erschien verzerrt) nannte Chow es eine Tragödie, dass die Medienzensur sich nicht mehr nur darauf beschränke, in missliebige Nachrichten einzugreifen. Es sei schon so weit gekommen, dass Witze zensiert würden.
Der Hype um den Kuschelwolf zieht derweil immer weitere Kreise:
Auf Facebook wurde er bereits zum Erkennungszeichen der Leung-Gegner. Softwareentwickler bereichterten die Welt mit einem Computerspiel, in dem Leung hungrigen Lufsigs ausweichen muss. 53.000 User klickten das Spiel „C.Y. and Lufsig“ allein an seinem Startwochenende 140.000 mal an.
Die Umbenennung erfolgte wenig später
IKEA beeilte sich unterdessen, Nachschub für den ausverkauften Wolfsbestand von Hongkong, Singapur und Taiwan zu besorgen. Auch in manchen chinesischen Städten war das Stofftier zum Renner geworden. Am 11. Dezember änderte das Möbelhaus den als peinlich empfundenen Namen in "路福西 / Lu Fu Xi": „Unsere Produktnamen sollten keine politischen oder religiösen Konnotationen haben“ entschuldigte ein Ikea-Sprecher den Fauxpas.
Hongkongs Bürgermeister Leung schien die Geschichte gelassen zu nehmen und stellte ein Foto von sich und dem IKEA-Wolf auf seinen offiziellen Blog. Allerdings wurde auch dieses Foto zum gefundenen Fressen für Parodeure, siehe unser Artikel-Bild.
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