Bundesregierung blockiert immer mehr Informationen zur EU-Politik
Wozu ein Parlament, wenn das Parlament nichts mehr entscheiden kann? Die Fraktion von DIE LINKE im Bundestag kritisiert in einer Pressemitteilung vom 20. Mai, dass die Bundesregierung zunehmend Informationen über die EU-Politik gegenüber den Bundestagsabgeordneten zurückhält und damit die Mitbestimmung der Parlamentarier einschränkt.
Der Grundgesetz-Paragraph 23 verlangt von der Bundesregierung, "das Parlament umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt über EU-Angelegenheiten zu unterrichten". Mit willkürlichen Begründungen wird dieser Paragraph nun zunehmend ausgehöhlt, berichtet die LINKE. Meinungsbildung und Einflussnahme seien nicht mehr rechtzeitig möglich. Und das in Zeiten der Großen Koalition, wo die demokratische Kontrollfunktion ohnehin eingeschränkt ist.
Zurückgehalten wurden Informationen über die Flüchtlingskrise im Mittelmeer, Afghanistan und zur politischen Entwicklung Lateinamerikas. Ein Brief des griechischen Finanzministers Giannis Varoufakis schaffte es dank Verzögerungstaktik des Finanzministeriums nicht rechtzeitig auf die Schreibtische der Abgeordneten. Ein Brief des griechischen Ministerpräsidenten Tsipras an Merkel wurde dem Bundestag komplett verweigert, mit dem Hinweis auf dessen "Vertraulichkeit".
Die „rechtswidrige Informationsblockade der Bundesregierung“ wurde von den Linken im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angesprochen.
Wie Heise.de berichtet, erhebt jedoch nicht nur die Linksfraktion den Vorwurf der Desinformationspolitik: „Die mutmaßlichen Rechtsverstöße der Bundesregierung wurden in dieser Woche nach Informationen von Telepolis in Ausschusssitzungen und Gesprächen der Obleute der Fraktionen thematisiert. Dabei sei deutlich geworden, dass die Informationsblockade der Regierung nicht nur die Linken betrifft, berichteten Teilnehmer. Auch Vertreter anderer Fraktionen und die Bundestagsverwaltung haben offenbar ein Problem mit der mangelhaften Transparenz in der deutschen EU-Politik.“
"Von 6 Dokumenten wurden 5 verweigert"
„Die Bundesregierung verweigert Abgeordneten des Bundestags in zunehmendem Maße Informationen über wichtige Angelegenheiten der EU und behindert so das Recht des Parlaments auf Information und Mitbestimmung“, so Heike Hänsel, entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag in der Pressemitteilung. „Von sechs angeforderten Dokumenten hat mir die Bundesregierung fünf verweigert“, so Hänsel.
„Für die Wahrnehnung der Kontroll- und Beteiligungsrechte des Parlaments ist es unabdingbar, dass die Bundesregierung die Abgeordneten über EU-Angelegenheiten informiert. Dafür gibt es auch klare gesetzliche Regelungen. Laut Grundgesetz-Paragraph 23 ist die Regierung verpflichtet, das Parlament umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt über EU-Angelegenheiten zu unterrichten. Auch das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) verlangt umfassende und fortlaufende Informationen zu frühestmöglichen Zeitpunkt.“
Absurde Begründungen
Die Realität aber sehe anders aus, so die Linken-Politikerin. Entgegen geltender Gesetze verweigere die Bundesregierung ihr sowie anderen Kolleginnen und Kollegen eine Information nach der anderen, oft mit dilettantischen Argumenten: „So wurde mir ein für meine parlamentarische Arbeit wichtiger Bericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) mit der Begründung verweigert, es handele sich um kein EAD-Dokument“, so Hänsel. Auch an anderer Stelle seien völlig willkürliche Gründe vorgeschoben worden. „Ob es um Lateinamerika, Afghanistan oder die Flüchtlingskrise im Mittelmeer geht: Die Regierung hält immer mehr Informationen zurück und verletzt damit Gesetze.“
Laut Heise.de sorgt die Häufung der Fälle bei den Parlamentariern für erheblichen Unmut. Nicht nur Linke, sondern auch Vertreter der Grünen und der Regierungsfraktionen sind offenbar bereit, auf die Rechte des Parlaments zu pochen. Sie haben nun zwei Möglichkeiten: Entweder könnten sie selbst das EUZBBG ändern und schärfer formulieren, um die Bundesregierung zur Herausgabe von Informationen zu zwingen. Oder die Oppositionsfraktionen könnten eine sogenannte Organklage gegen die Bundesregierung anstrengen, die vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden müsste. (rf)
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