Streikt der Öffentliche Nahverkehr zur Bundestagswahl?
Vor den anstehenden Tarifverhandlungen zwischen den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes mit den Arbeitgebern und Bund und Kommunen schließt der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, größere Streiks nicht aus.
„Die Beschäftigten sind hoch motiviert, für ihre Anliegen einzutreten“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. „Es liegt jetzt an den Arbeitgebern, ob ein Streik nötig wird.“
Wichtig wäre laut Werneke, dass die Arbeitgeber spätestens in der zweiten Verhandlungsrunde am 17. und 18. Februar ein gutes Angebot vorlegten, also kurz vor der Bundestagswahl.
Wahl soll nicht beeinträchtigt werden
Der Verdi-Chef versicherte jedoch, die Wahl nicht mit Warnstreiks beeinträchtigen zu wollen, etwa indem der öffentliche Nahverkehr oder die Deutsche Post bestreikt wird.
„Wir haben die Wahl im Blick und werden unsererseits dafür sorgen, dass sie geordnet und ungestört abläuft“, sagte Werneke der Zeitung.
Generell wollte der Verdi-Chef einen groß angelegten Verkehrsstreik wie vor zwei Jahren, als Verdi mit der Eisenbahngewerkschaft EVG für einen Tag weite Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegte, aber nicht ausschließen.
Der Verkehrsbereich sei wichtig für Verdi, die Beschäftigten seien unzufrieden, so Werneke. „Es dampft und brodelt dort.“
Mindestens 8 Prozent mehr Geld
In der kommenden Woche beginnt die größte Tarifrunde dieses Jahres, von der Leitwirkung auch für andere Tarifrunden erwartet wird.
Ab Freitag verhandeln die Gewerkschaften des öffentlichen Diensts mit den Arbeitgebern von Bund und Kommunen über die Entgelte von rund zweieinhalb Millionen Tarifbeschäftigten. Verdi und Beamtenbund fordern ein Gesamtvolumen von acht Prozent, mindestens jedoch monatlich 350 Euro mehr Geld.
Sie begründen ihre Forderung mit einem angestrebten Inflationsausgleich, der nach Angaben von Frank Werneke trotz abflauender Teuerung mit dem vorangegangenen Tarifabschluss von 2023 noch nicht vollständig gelang.
Zudem wird eine Reallohnsteigerung angestrebt, um die Kaufkraft zu stärken. Bund und Kommunen könnten mit steigenden Steuereinnahmen rechnen, die Tarifforderung sei „verkraftbar“, sagt Werneke.
Verhandlungsführerin des Bundes ist Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) wies die Tarifforderungen bereits zurück. Die Gewerkschaften gefährdeten „mit ihren überzogenen Forderungen die Handlungsfähigkeit der Kommunen“, erklärte die VKA-Präsidentin und Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD).
Jeder Euro, den die Kommunen für höhere Gehälter ausgeben müssten, fehle etwa bei wichtigen Investitionen in die Daseinsvorsorge.
Die VKA beziffert das Gesamtvolumen der Tarifforderung mit 10,86 Prozent, das bedeute Zusatzkosten in Höhe von 14,88 Milliarden Euro. Die kommunalen Arbeitgeber streben als Orientierungsgröße einen Tarifabschluss auf Höhe der Inflation um die zwei Prozent an.
Verdi rechnet mit jedem Prozent Entgelterhöhung mit Mehrkosten von 1,33 Milliarden Euro bei den Kommunen und einschließlich Beamten sowie Versorgungsempfängern mit 391 Millionen Euro beim Bund.
Verdi-Chef verurteilt Schuldenbremse
Werneke verurteilte die Pläne von Union und FDP, die Schuldenbremse beizubehalten. „An der Schuldenbremse festzuhalten ist Wahnsinn, zumindest in ihrer jetzigen Form“, sagte er der „Süddeutschen“. Die Wirtschaft wachse nicht, der Investitionsstau bei Bund und Ländern entwickle sich zum Standortrisiko.
Auch die Steuerentlastungs-Pläne der Union sieht der Verdi-Chef kritisch. Sie kosteten den Bund etwa 100 Milliarden Euro und seien nicht ausreichend gegenfinanziert.
„Von mehr als der Hälfte der geplanten Steuerentlastungen würden nur die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung profitieren“, sagte Werneke. Es sei unsozial und verfassungsrechtlich fragwürdig, zugleich Kürzungen beim Bürgergeld ins Spiel zu bringen. Die Union betreibe hier „unverantwortlichen Populismus“.
Den Vorschlag des Grünen-Spitzenkandidaten Robert Habeck, Kapitalerträge sozialversicherungspflichtig zu machen und darüber die Krankenkassen mitzufinanzieren, sieht Werneke positiv. „Die gesetzliche Krankenversicherung und die Pflegeversicherung brauchen mehr Finanzquellen als die Lohneinkommen. Sonst werden die einfachen Arbeitnehmer immer stärker belastet.“
Der bisherige Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst lief zum Jahresende aus. Beim Bund sind vom Ergebnis der Tarifrunde nach Verdi-Angaben rund 154.000 Beschäftigte direkt betroffen.
Der ganz überwiegende Teil der Beschäftigten arbeitet in bundesweit rund zehntausend Kommunen. Die Dienstleistungsgewerkschaft gibt die Zahl der dort Beschäftigten, die unter diesen Tarifvertrag fallen, mit gut 2,25 Millionen an. (afp/red)
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