Waffenruhe und Geisel-Freilassung: Was über die neuen Verhandlungen bekannt ist

Die US-Diplomatie verstärkte noch einmal ihre Bemühungen, im Nahen Osten ein Abkommen zwischen Israel und der Hamas vor dem Amtsende von Präsident Joe Biden zu erreichen. Aus der Sicht mehrerer Fachleute zieht Netanjahu jedoch das Zustandekommen eines Abkommens unter Trumps Präsidentschaft vor. Wichtige Fragen und Antworten.
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Ein israelischer Soldat betrachtet eine Gedenkmauer für israelische Bürger und Soldaten, die seit dem tödlichen Hamas-Anschlag vom 7. Oktober getötet wurden. Diese Gedenkstätte befindet sich in der Nähe der israelischen Stadt Netivot (13. Januar 2025).Foto: Amir Levy/Getty Images
Epoch Times14. Januar 2025

Nach monatelangen erfolglosen Bemühungen um ein Abkommen zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas laufen seit gut einer Woche neue Gespräche unter Vermittlung der USA, Katars und Ägyptens in Doha.

Der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, sagte am Montag, ein Abkommen könnte „noch in dieser Woche“ erreicht werden.

Was ist zum Stand der Verhandlungen bekannt?

Im vergangenen Jahr hatte es keine Fortschritte gegeben, um ein neues Abkommen über eine Feuerpause in dem durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelösten Krieg sowie die Freilassung der weiterhin von der Palästinenserorganisation im Gazastreifen gehaltenen Geiseln zu erreichen.

95 der ursprünglich 251 Geiseln befinden sich nach israelischen Angaben aktuell weiterhin in der Hand der Hamas. Seit ihrer Wiederaufnahme in der vergangenen Woche ist in die Verhandlungen offensichtlich Bewegung gekommen.

Sicherheitsberater Sullivan sagte am 13. Januar in Washington, eine Einigung sei in „greifbarer Nähe“, in den Verhandlungen hätten sich „die Lücken grundsätzlich verkleinert“.

Welchen Einfluss hat Trumps bevorstehender Amtsantritt?

Nach Angaben aus diplomatischen Kreisen hat der internationale Druck auf beide Seiten zugenommen, sich auf ein Abkommen einzulassen.

Die US-Diplomatie verstärkte noch einmal ihre Bemühungen, damit ein Abkommen möglichst vor dem Amtsende von Präsident Joe Biden am 20. Januar zustande kommt. Biden sprach am 12. Januar mit Netanjahu und am 13. Januar mit der Führung in Katar.

Bidens designierter Nachfolger Donald Trump forderte seinerseits zuletzt vehement die Freilassung der Geiseln noch vor seinem Amtsantritt. Er drohte der Hamas, andernfalls werde „im Nahen Osten die Hölle los sein“.

Aus der Sicht mehrerer Fachleute zieht Netanjahu das Zustandekommen eines Abkommens aber unter Trumps Präsidentschaft vor. Dies würde dagegen sprechen, dass ein Abkommen schon diese Woche erzielt wird. „Ich kann keine nennenswerten Fortschritte absehen, bevor Präsident Trump sein Amt antritt“, sagte Kobi Michael von der Denkfabrik Misgav Institute.

Das Verhältnis zwischen Biden und Netanjahu gilt als stark angespannt. Biden hatte wiederholt die israelische Kriegsführung gegen die Hamas im Gazastreifen kritisiert. Netanjahu unterhält ein deutlich freundlicheres Verhältnis Trump.

Die Hamas rief ihrerseits Trump auf, den Druck auf Netanjahu zu erhöhen.

Was sind die Knackpunkte?

Im Rahmen des Abkommens sollen im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

So war dies auch schon im Zuge der bislang einzigen Feuerpause im Gaza-Krieg geschehen, die es im November 2023 gab und die nur eine Woche dauerte. Damals waren 105 Geiseln sowie 240 inhaftierte Palästinenser freigekommen. Sullivan teilte nun mit, dass es Fortschritte in der Festlegung einer Formel für die neuen Freilassungen gegeben habe.

Weitere schwierige Punkte betreffen die Rückkehr der vertriebenen Bewohner in ihre Häuser, den Rückzug der israelischen Armee und die Wiedereröffnung der Grenzübergänge.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt einen kompletten Abzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen ab. Auch eine palästinensische Verwaltung des Gebiets will er nicht mehr akzeptieren.

Sullivan sagte jedoch am Montag, auch in der Frage, wie die israelischen Streitkräfte im Gazastreifen künftig „aufgestellt“ sein sollen, habe es Fortschritte gegeben. Konkreter äußerte er sich dazu nicht.

Warum gerade jetzt ein Abkommen?

Aus Sicht der Israel-Expertin Mairav Zonszein von der International Crisis Group (ICG) scheint Netanjahu offener für ein Abkommen geworden zu sein. Allerdings sei er „nur an einem Teilabkommen interessiert“.

In den vergangenen Monaten war es Netanjahu gelungen, seine religiöse Regierungskoalition zu festigen, unter anderem durch eine Kabinettsumbildung. Das macht ihn nun weniger angreifbar für die Drohungen seiner rechtsextremen Koalitionspartner.

Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir etwa hatte mehrfach damit gedroht, die Regierung zu Fall zu bringen, sollte es zu einem Waffenruhe-Abkommen kommen. Zuletzt sprach sich auch der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich gegen jeglichen Deal mit der Hamas aus.

Die Hamas hatte ihrerseits Anfang Januar ihre Bereitschaft signalisiert, 34 israelische Geiseln im Zuge einer „ersten Phase“ einer entsprechenden Vereinbarung freizugeben – egal „ob tot oder lebendig“. Darunter sind demnach Frauen, Kinder, ältere Menschen und Kranke. (afp/red)



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