Warum wir Tierbabys so süß finden

Kulleraugen, Stupsnase und ein tapsiges Auftreten: Der Verhaltensbiologe Norbert Sachser erklärt, warum wir Tierkinder so süß finden und was die Schlüsselreize mit uns machen.
Titelbild
Auch kleine Katzen haben einen Niedlichkeitsfaktor.Foto: Gloszilla/iStock
Epoch Times16. Dezember 2024

„Ach wie süß“, sagen viele Leute beim Anblick eines Wesens mit großen Augen, einer hohen Stirn und einer kleinen Stupsnase. Das Kindchenschema wirkt – nicht nur bei Menschenkindern, sondern auch bei Tiernachwuchs. Aber warum eigentlich?

Die beschriebenen Merkmale sind für den Menschen Reize, die ein positives Gefühl auslösen, erklärt Norbert Sachser, Professor am Institut für Neuro- und Verhaltensbiologie der Universität Münster: nämlich „dass man sich um dieses kleine Wesen kümmern möchte“.

„Eine gewisse Tapsigkeit“

Das Kindchenschema prägte der österreichische Begründer der Verhaltensforschung und spätere Nobelpreisträger Konrad Lorenz bereits in den 1940er Jahren.

Zu den typischen Merkmalen im Gesicht, wie den Kulleraugen, Pausbacken, der kleinen Nase und der hohen Stirn, kämen weitere, wie ein im Verhältnis zum Körper großer Kopf und eine „gewisse Tapsigkeit“, sagt Sachser. Und das finden wir süß.

Eisbär Knut löste einen Hype aus (Archivbild).

Eisbär Knut löste einen Hype aus. Foto: picture alliance / dpa

Die Merkmale rufen angeborene, instinktive Reaktionen hervor, und zwar universell: „Überall auf der Welt können sie eine solche Reaktion auslösen.“

Das sei auch experimentell eindeutig nachweisbar: Wenn die typischen Merkmale auf Bildern per Software verstärkt werden, intensiviert sich bei Versuchspersonen auch die sogenannte Pflegemotivation – das Bedürfnis, sich um das entsprechende Wesen zu kümmern.

Dass das Schema auch bei Tierkindern wirkt, zeigt sich unter anderem daran, welche Begeisterung Tierkinder bei Zoobesuchern auslösen.

Ob bei Knut, dem Eisbären, der 2006 im Zoologischen Garten in Berlin geboren wurde und damals die große Sensation war, oder den kleinen Pandabären Leni und Lotti sowie dem Zwergflusspferd Toni – wenn sie zu sehen sind, bilden sich Menschentrauben oder -schlangen. Medien berichten über ihre Entwicklungsschritte.

Das schlägt sich auch in den Besucherzahlen nieder. Der Berliner Zoo verzeichnete zwischen dem 16. Oktober und dem 16. November dieses Jahres einen deutlichen Anstieg. Es seien rund 30 Prozent mehr Gäste im Zoo gewesen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, teilte eine Sprecherin mit.

Selbst unter Wasser ist Toni einfach süß (Archivbild).

Selbst unter Wasser ist Toni, das Mini-Hippo, einfach süß. Foto: Carsten Koall/dpa

Ob das an den beiden Panda-Babys lag, die dann zum ersten Mal zu sehen waren, ist nicht ganz klar, denn auch der Herbst zeigte sich zu Beginn der Herbstferien von seiner besten Seite. Es liegt aber nahe.

Presse dicht gedrängt

Bei Namensverkündung der Pandamädchen kam so viel lokale und internationale Presse zusammen, dass Fotografen in mehreren Reihen und dicht gedrängt standen, um einen guten Blick auf die Zwillinge zu bekommen.

Von so viel Aufmerksamkeit kann so mancher Politiker nur träumen. „Zoos lösen keinen Hype damit aus, wenn sie sagen, „wir haben hier jetzt eine sehr, sehr seltene Giftschlange““, so Sachser. „Da können sie noch so sehr Werbestrategie machen.“

Die Zeit, die Hunde in Tierheimen verbringen, bevor sie adoptiert werden, hänge auch mit der Ausprägung der Kindchenschema-Merkmale zusammen, sagt Sachser.

Es sei auch kein Zufall, dass die Umweltorganisation WWF einen Panda im Logo hat, „und nicht eine vom Aussterben bedrohte Viper“.

Für die Hunde der Farm gibt es jetzt Hoffnung.

Für Hunde in Tierheimen ist auch das Kindchenschema entscheidend. Foto: Chris Humphrey/dpa

Die Reaktionen auf diese Schlüsselreize finde man schon bei vier Monate alten Babys, sagt Sachser.

„Die kann man natürlich noch nicht befragen, aber man kann zum Beispiel verschiedene Fotos zeigen und dann schauen: Wo gucken diese Babys wie lange hin?“

Bilder mit Kindchenschema bekommen mehr Aufmerksamkeit. „Das sind schon höchstwahrscheinlich instinktive Reaktionen, die wir bei Menschen haben.“

Dass das Kindchenschema wirkt, hat auch die Werbebranche schon vor Jahren erkannt. Bei Autos sei das zu sehen, auch bei Robotern, sagt Sachser. „Pflegeroboter zum Beispiel werden viel eher angenommen, wenn sie die Kindchenschema-Merkmale haben.“ (dpa/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion