Frankreichs Finanzkrise: Kann ein geplantes 60 Milliarden-Sparpaket noch helfen?
Frankreichs finanzielle Schwierigkeiten sind derzeit so groß, dass Experten einen Vertrauensverlust in die französische Wirtschaft befürchten. Die Regierung will das mit einem Sparhaushalt verhindern, der am Donnerstagabend im Kabinett vorgestellt wird. Darin sind neue Steuereinnahmen und Einsparungen von insgesamt 60 Milliarden Euro vorgesehen. Ein Überblick:
Rating-Agenturen könnten Frankreich herabstufen
Einen Tag nach der Vorstellung des Sparhaushalts von Premierminister Michel Barnier steht bereits am Freitag die Einstufung der Kreditwürdigkeit des Landes durch die Rating Agentur Fitch an. Moody’s folgt am 25. Oktober, S&P Global am 29. Oktober. Bislang hatte Moody’s Frankreich etwas besser eingestuft als die anderen beiden großen Rating-Agenturen. Experten halten es aber für möglich, dass Moody’s Frankreich nun herunterstufen könnte.
„Frankreich hat noch keinen Herzinfarkt, aber man kann nicht sagen, dass das Land in Form ist“, sagte ein Finanz-Experte. Frankreich stehe bereits wegen seines Defizits unter Druck, und eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit könnte die Zinsen weiter erhöhen, zu denen das Land sich auf den Finanzmärkten Geld leiht.
Finanzmärkte könnten das Vertrauen verlieren
Zum ersten Mal seit 2006 ist die Rendite französischer zehnjähriger Staatsanleihen Ende September über die spanische gestiegen. Investoren haben derzeit also mehr Vertrauen in die spanische als in die französische Kreditwürdigkeit. Auch der Abstand zur griechischen Rendite verringert sich.
Entscheidend wird daher sein, ob die Regierung in Paris ihre Finanzen in den Griff bekommt. „Ein zu langsames Tempo bei der Konsolidierung könnte Besorgnis bei den Investoren auslösen“, schreibt die US-Bank Goldman Sachs in einer aktuellen Analyse.
Das bereitet auch Premierminister Barnier Sorgen, der kürzlich erklärte: „Meine größte Angst ist eine Finanzkrise.“ Die finanzielle Lage seines Landes bezeichnete er als „Damoklesschwert“.
Trotz dieser Herausforderungen kann Frankreich bislang noch relativ problemlos auf den Finanzmärkten Geld aufnehmen. So stieß die letzte Anleihe in Höhe von zwölf Milliarden Euro, die in der vergangenen Woche mit langer Laufzeit ausgegeben wurde, auf großes Interesse bei Investoren.
Brüssel sieht weiter rot
Dass Frankreich die von Brüssel festgelegte Drei-Prozent-Grenze für das Defizit und die 60-Prozent-Grenze für die Staatsverschuldung nicht einhält, ist nicht neu. In den vergangenen 25 Jahren war Frankreich insgesamt 16 Jahre lang von drei verschiedenen Defizitverfahren betroffen – länger als jedes andere europäische Land.
Wirtschafts- und Finanzminister Antoine Armand kündigte bereits an, dass Frankreich erst 2029 die EU-Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wieder einhalten könne, zwei Jahre später als bislang geplant. Im kommenden Jahr strebt die Regierung ein Defizit von fünf Prozent an.
Sollte Frankreich seine Finanzlage nicht verbessern, könnte das Land theoretisch im nächsten Sommer zu einer Zahlung von bis zu 0,1 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts verurteilt werden, was etwa 2,8 Milliarden Euro entspricht, so die Berechnung eines Experten.
Goldman Sachs warnt in seiner Analyse, dass die Präsidentschaftswahlen 2027 die Bereitschaft jeder Regierung zu Haushaltskürzungen verringern dürfte.
Frankreichs Attraktivität auf dem Prüfstand
Die Attraktivität Frankreichs für ausländische Investoren, bislang eine Priorität von Präsident Emmanuel Macron, könnte durch die geplanten Steuererhöhungen für große Unternehmen und wohlhabende Haushalte leiden. „Wichtiger als das Steuerniveau selbst ist die Klarheit des Steuersystems für Investoren“, betont Alexis Karklins-Marchay von der Finanzberatung Eight Advisory. Derzeit gebe es aber viele Unsicherheiten. Bislang sei dennoch kein Rückgang des Interesses ausländischer Investoren festzustellen. Auch andere Faktoren spielten eine Rolle für Investoren wie die Verfügbarkeit von Flächen, flexible Arbeitsgesetze und der Zugang zu emissionsarmer Energie.
Aber auch das politische Klima ist wichtig für Investoren. „Einige französische Investoren denken heute darüber nach, neue europäische Fonds in Luxemburg und nicht in Frankreich zu schaffen“, sagt Julien Wagmann, Partner der Anwaltskanzlei August Debouzy. Bereits nach der Auflösung der Nationalversammlung im Juni hätten einige Unternehmen einen Standortwechsel etwa nach Luxemburg erwogen. „Bis jetzt ist es noch zu keinem Umzug gekommen, aber einige sind bereit, diesen Schritt zu gehen“, sagte der Experte. (afp/red)
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