Geplante Justiz-Reform in Mexiko: Tausende protestieren
In Mexiko-Stadt haben tausende Menschen gegen eine Justiz-Reform demonstriert, wonach Richter künftig vom Volk gewählt werden sollen.
Zu Beginn der Beratungen über die Novelle im mexikanischen Senat gingen am Sonntag (Ortszeit) insbesondere Richter und Jura-Studenten auf die Straße. Die vom scheidenden linksgerichteten Staatschef Andrés Manuel López Obrador betriebene Reform war zuvor bereits vom Abgeordnetenhaus gebilligt worden.
Die Abstimmung im Senat wird für Mittwoch erwartet. Auch in dieser Parlamentskammer hat die Regierungspartei Morena allerdings eine komfortable Mehrheit.
Was soll die Reform bewirken?
Unter anderem sollen durch die Reform die Richter des Obersten Gerichtshofs ab 2025 direkt vom Volk gewählt werden. Ihre Anzahl würde von 11 auf 9 reduziert und die Amtszeit von 15 auf 12 Jahre verkürzt.
Auch die Bundesrichter würden ebenfalls durch das Volk gewählt werden und das derzeitige technische und prüfungsbasierte Auswahlverfahren ablösen.
Der Bundesrichterrat soll durch zwei neue Gremien ersetzt werden: Ein Justizverwaltungsgremium, das vom Präsidenten ernannt wird ein Gericht für richterliche Disziplin, dessen Mitglieder durch Volksabstimmung gewählt werden.
Löst das die Probleme der mexikanischen Justiz?
Das ist nicht zu erwarten. María Calderón vom Wilsoncenter, welches im Juli 2024 die Justiz-Reform untersuchte, bemängelt, dass „Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption, zur Gewährleistung der Autonomie der Richter und zur Gewährleistung beruflicher Qualifikationen“ fehlen. Kritische Probleme wie „unzureichende Strafverfolgungsressourcen, hohe Straflosigkeitsraten, Ineffizienzen der lokalen Justiz und die Notwendigkeit einer verbesserten Justizausbildung“ werden durch die Reform nicht gelöst.
Zudem stünde die Gefahr im Raum, dass „das organisierte Verbrechen und private Interessen die Nominierungen durch Finanzierung und Nötigung beeinflusst“.
Wie argumentiert López Obrador?
Die Amtszeit von López Obrador als Präsident Mexikos endet am 30. September 2024. Er behauptet, die Reformen seien notwendig, um Korruption und Ineffizienz in der Justiz zu bekämpfen, die seiner Meinung nach nur der Elite dient.
Er argumentiert, dass die Änderungen die Justiz demokratisieren und den politischen Einfluss verringern werden. López Obrador wird als „Mitte-links, progressiv, linkspopulistisch, sozialdemokratisch und wirtschaftlich nationalistisch“ beschrieben.
López Obrador warnte den Obersten Gerichtshof davor, seine umstrittenen Justizreformen zu blockieren, da dies ein „eklatanter Verstoß“ gegen die Verfassung wäre.
Auch die neugewählte Präsidentin Claudia Sheinbaum, die am 1. Oktober als Wunschnachfolgerin López Obradors an die Staatsspitze rückt, steht hinter dem Vorhaben.
Kritiker warnen vor dem Verlust der Unabhängigkeit der Justiz?
Kritiker und Analysten sehen in den Reformen einen autoritären Schritt, um die Macht der Regierungspartei über die Justiz zu festigen. Sie warnen davor, dass sie die Unabhängigkeit der Justiz untergraben, die beruflichen Standards für Richter senken und die politische Kontrolle über die Gerichte ermöglichen könnte.
Gegner führen insbesondere die Befürchtung an, dass Mexikos Justizsystem auf gefährliche Weise politisiert werden könnte.
Auch die US-Regierung hat vor der Reform gewarnt und darauf verwiesen, dass das Vertrauen von Investoren in das mexikanische Rechtssystem gefährdet werde.
Auch die Vorsitzende Richterin von Mexikos Oberstem Gerichtshof, Norma Piña, sah sich am Sonntag zu einer ihrer seltenen öffentlichen Wortmeldungen veranlasst. Ohne das Reformvorhaben ausdrücklich zu nennen, sprach sie von dem Risiko einer „Zerstörung“ der Justiz.
In Online-Netzwerken stellte die Juristin zwei Alternativvorschläge für eine Justiz-Reform vor. „Heute ist das noch möglich“, betonte sie. „Wir können die Dinge verändern.“ In der Woche zuvor hatte Piña angekündigt, ihr Gericht werde prüfen, ob es die Befugnis habe, die Reform zu stoppen. (afp/red)
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