Ärzte in Indien streiken: Protest gegen Vergewaltigung und Ermordung einer Kollegin

Aus Protest gegen die Vergewaltigung und Ermordung einer Kollegin sind in Indien am Samstag landesweit Ärzte und Klinikpersonal in den Streik getreten. Sie folgten einem Aufruf des Ärzteverbandes IMA zu einem 24-stündigen „Rückzug aus dem Dienst“.
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Mediziner und Studenten protestieren am 16. August 2024 in Neu-Delhi gegen die Vergewaltigung und Ermordung einer Ärztin im indischen Bundesstaat Westbengalen. Es gibt landesweite Proteste und Streiks, die das chronische Problem der Gewalt gegen Frauen in den Mittelpunkt rückt.Foto: Sajjad Hussain/AFP via Getty Images
Epoch Times18. August 2024

In Indien sind am Samstag landesweit Ärzte nach der Vergewaltigung und Ermordung einer Kollegin in den Streik getreten. Nicht dringend notwendige Operationen und ambulante Behandlungen wurden bei einem „landesweiten Rückzug aus dem Dienst“ ab Samstagmorgen (Ortszeit) für 24 Stunden ausgesetzt, zu den Protesten hatte der Ärzteverband IMA aufgerufen.

In mehreren Städten forderten Demonstranten ein härteres staatliches Vorgehen gegen sexuelle Gewalt und bessere Arbeitsbedingungen für Ärzte.

„Genug ist genug“

Bei einer Ärzte-Kundgebung in der Hauptstadt Neu-Delhi war auf Plakaten der Slogan „Genug ist genug“ zu lesen – auf anderen „Hängt den Vergewaltiger“.

In der Stadt Kolkata im Nordosten des Landes hielten tausende Menschen bis in die frühen Morgenstunden eine Mahnwache bei Kerzenlicht ab. Auf dem Transparent eines dortigen Protestteilnehmers war zu lesen: „Hände, die heilen, sollten nicht bluten.“

Ärzte bei einem Protestmarsch und einem landesweiten Streik in Kalkutta. 17. August 2024 in Allahabad, Indien. Foto: Ritesh Shukla/Getty Images

Durch den Streik wurden insbesondere ambulante Dienstleistungen erheblich eingeschränkt. Im stark frequentierten staatlichen Krankenhaus Ram Manohar Lohia in Neu-Delhi wurden zahlreiche Patienten trotz zuvor vereinbarter Termine abgewiesen. So etwa der 50-jährige Shivdev Kumar, der rund 20 Kilometer gereist war, um die Tuberkulose-Befunde seiner Tochter zu besprechen.

„Wir bitten um das Verständnis und die Unterstützung der Nation in diesem Kampf für Gerechtigkeit für ihre Ärzte und Töchter“, hatte IMA-Chef R.V. Asokan mit Blick auf den Ausstand erklärt.

Landesweite Proteste

In einem staatlichen Krankenhaus in Kolkata war am 9. August eine 31-jährige Ärztin tot aufgefunden worden. Sie wurde im Seminarraum des Lehrkrankenhauses gefunden, wo sie sich offenbar während einer 36-Stunden-Schicht ausgeruht hatte. Eine Autopsie bestätigte, dass die Frau vergewaltigt wurde. Ihre Familie ging von einer Gruppenvergewaltigung aus.

Das Gewaltverbrechen löste landesweit massive Proteste aus. Anfang der Woche streikten Beschäftigte staatlicher Krankenhäuser in mehreren Regionen Indiens während einzelner Dienste.

Am 17. August 2024 in der Notaufnahme eines Krankenhauses in Jalandhar, Indien. Foto: Shammi Mehra/AFP via Getty Images

Die Polizei hat bislang einen verdächtigen Krankenhausmitarbeiter festgenommen. Die Demonstranten werfen den Behörden jedoch vor, nicht gründlich genug zu ermitteln. Das Oberste Gericht der Stadt übertrug die Ermittlungen daher an das Central Bureau of Investigation, um „das Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken“. Es handelt sich dabei um eine Ermittlungsbehörde auf Bundesebene.

Zunächst gingen in Kolkata tausende Menschen auf die Straße. Am Freitag folgte der IMA-Streikaufruf des Ärzteverbandes, der das Tötungsdelikt als „barbarisch“ bezeichnet hatte.

Dass sich die getötete Ärztin in einer 36-Stunden-Schicht befunden habe und ihr keine sicheren Räume zum Ausruhen zur Verfügung gestanden hätten, erfordere eine „grundlegende Neugestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen angestellter Ärzte“, erklärte der IMA weiter.

Gesetz ist da, Anwendung wird verschleppt

Unter anderem forderten die Ärzte die Anwendung des Central Protection Act, eines Gesetzesvorhabens zum besseren Schutz von Angestellten im Gesundheitswesen vor Gewalt. Bei einer Protestveranstaltung in Neu-Delhi beklagte die 29-jährige angestellte Ärztin Akanksha Tyagi, es mangele an „ordentlicher Infrastruktur“. Wer 24 oder 36 Stunden in einer Schicht arbeite, habe keinen ordentlichen Ort zum Ausruhen.

Sexualisierte Gewalt gegen Frauen ist in Indien weit verbreitet. 2022 wurden in dem Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern im Schnitt fast 90 Vergewaltigungen pro Tag gezählt.

Wegen der Stigmatisierung der Opfer und mangelnden Vertrauens in Polizei und Justiz werden viele Fälle gar nicht angezeigt. Verurteilungen wegen Vergewaltigungen sind weiterhin selten, die Gerichtsverfahren ziehen sich oft jahrelang hin. Indiens Premierminister Narendra Modi hatte am Donnerstag eine rasche Bestrafung derjenigen gefordert, die „monströse Taten“ gegen Frauen begehen.

2012 hatte die Gruppenvergewaltigung einer indischen Studentin in Neu Delhi weltweit für Entsetzen gesorgt. Die 23-jährige Jyoti Singh wurde in einem Bus von fünf Männern und einem Jugendlichen angegriffen, vergewaltigt und mit einer Eisenstange misshandelt. Danach warfen die Männer ihr Opfer schwer verletzt aus dem Bus. Die junge Frau erlag später in einem Krankenhaus ihren Verletzungen. (afp/red)



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