DIHK: Betriebe gehen ins Ausland – deutsche Energiepolitik „klarer Wettbewerbsnachteil“

Wirtschaftsverbände beklagen schon lange die im internationalen Vergleich hohe Energiepreise. Eine DIHK-Umfrage zeigt, welche Konsequenzen das haben kann. Gleichzeitig bemängeln Beschäftige in der Industrie ein hohes Maß an Desinteresse und mangelnde Wertschätzung für ihre Arbeit.
Immer mehr Betriebe erwägen nach einer DIHK-Umfrage eine Produktionsverlagerung ins Ausland (Archivfoto)
Viele Unternehmen hadern mit den Energiepreisen in Deutschland und können nicht mehr rentabel produzieren.Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa
Epoch Times1. August 2024

Hohe Energiepreise drohen zunehmend negative Folgen für den Industrie-Standort Deutschland zu haben. Der Abwanderungstrend vor allem bei Industrieunternehmen verfestige sich, teilte die Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter Berufung auf eine Umfrage unter Unternehmen mit.

Demnach erwägen aktuell vier von zehn Industriebetrieben, ihre Produktion am Standort Deutschland wegen der Energiesituation einzuschränken oder ins Ausland zu verlagern.

Bei den größeren Industrieunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten denken inzwischen sogar mehr als die Hälfte darüber nach. An der Umfrage haben laut DIHK rund 3.300 Unternehmen teilgenommen.

„Das Vertrauen der deutschen Wirtschaft in die Energiepolitik ist stark beschädigt“, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Der Politik sei es bisher nicht gelungen, den Unternehmen eine Perspektive für eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung aufzuzeigen. Das gelte insbesondere für die Industrie.

DIHK: Perspektivisch überwiegen deutlich die Risiken

Seit 2012 befragt die DIHK jährlich rund 3300 Unternehmen aus der Breite der deutschen Wirtschaft dazu, wie sie die Auswirkungen der Energiewende auf die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Betriebs einschätzen.

Auf einer Skala von minus 100 für „sehr negativ“ bis plus 100 für „sehr positiv“ ergibt sich in diesem Jahr über alle Branchen hinweg ein Wert von minus 20. Das ist laut DIHK der zweitschlechteste Wert in der Geschichte des Energiewendebarometers. Nur im Vorjahr lag der Wert mit minus 27 noch niedriger.

„Während in den Jahren vor 2023 viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb sahen, überwiegen zuletzt aus ihrer Sicht deutlich die Risiken.“ Hohe Energiepreise würden zunehmend zu einem Produktions- und Investitionshemmnis.

Die zunehmenden Pläne zur Produktionseinschränkung und -verlagerung und die tatsächlichen Verlagerungen zeigten, dass die energiepolitischen Standortbedingungen für alle Unternehmen in Deutschland inzwischen ein klarer Wettbewerbsnachteil seien, so die DIHK.

Dies gelte besonders für die Industrie, für Industriebetriebe mit hohen Stromkosten und für die großen Unternehmen zum Beispiel im Maschinenbau und bei der Produktion von Industriegütern.

Die DIHK forderte, Steuern und Abgaben auf Strom zu senken. Umlagen sollten aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Die im Wachstumspaket vorgesehene dauerhafte Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe sollte
auf alle Branchen ausgeweitet werden.

Mangelnde Wertschätzung und Desinteresse

Die Beschäftigen in der Industrie nehmen in Deutschland zudem laut einer Umfrage der Gewerkschaft IGBCE ein hohes Maß an Unkenntnis, Desinteresse und mangelnder Wertschätzung für ihre Arbeit wahr.

Eine Mehrheit der Befragten kritisiere demnach, Belange und Sichtweisen von Arbeitnehmern in der Industrie würden in Politik, Gesellschaft und Massenmedien nicht ausreichend berücksichtigt, berichtet die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ).

An der Erhebung haben sich laut IGBCE mehr als 4.200 Mitglieder aus allen Branchen im Organisationsbereich der zweitgrößten deutschen Industriegewerkschaft beteiligt. Die Ergebnisse seien damit aussagekräftig für Beschäftigte in der Industrie insgesamt, so die IGBCE.

Gut zwei Drittel (67 Prozent) gaben demnach an, die Wertschätzung für Jobs in der Industrie falle in der Gesellschaft heute „eher“ gering oder sogar „sehr“ gering aus.

69 Prozent der Umfrage-Beteiligten sahen laut IGBCE ihre Belange und Sichtweisen als Industriebeschäftigte in gesellschaftlichen Diskussionen eher oder gar nicht ausreichend berücksichtigt.

Der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis sagte der WAZ, die Gesellschaft in Deutschland sei „dem eigenen Wohlstandsgaranten in Teilen offensichtlich weit entrückt“. (dpa/dts/red)



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