„Etwas anderes als Hoffnung“: Freigelassener Schwede spricht über Haft im Iran

„Johan, du bist eine Geisel“, sagten ihm Mitgefangene, als der EU-Diplomat Johan Floderus im iranischen Gefängnis einsaß. Wie konnte er das überleben?
Titelbild
Johan Floderus (C) wird bei seiner Ankunft am Flughafen Arlanda bei Stockholm am 15. Juni 2024 von seinen Verwandten begrüßt.Foto: Tom Samuelsson/TT News Agency/AFP via Getty Images
Epoch Times5. Juli 2024

Er hat fast 800 Tage im berüchtigten Evin-Gefängnis im Iran verbracht, davon acht Monate in Einzelhaft. Mitte Juni wurde der Schwede Johan Floderus aus der Haft entlassen und konnte nach Hause zurückkehren. Er habe dank einer „Kraft“ durchgehalten, die verlässlicher gewesen sei als Hoffnung, die „man nicht kontrollieren kann“, sagte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.

Der 33-jährige EU-Diplomat lächelt gelassen und wählt seine Worte mit Bedacht, als er nach seinem Befinden gefragt wird. „Es geht mir gut“, sagt er. „Meine Familie hat alles getan, um mir eine weiche Landung bei meiner Rückkehr zu geben.“

Festnahme nach Urlaub

Floderus und ein weiterer Schwede, Saeed Azizi, wurden am 15. Juni im Austausch gegen den 63-jährigen Hamid Noury freigelassen – ein ehemaliger hochrangiger Strafvollzugsbeamter aus dem Iran, der in Schweden eine lebenslange Haftstrafe verbüßte. Festgenommen worden war Floderus mehr als zwei Jahre zuvor, am 17. April 2022, am Flughafen von Teheran, als er nach einem Urlaub zurückfliegen wollte.

„Ich war gerade dabei, meinen Freunden zu schreiben, dass ich am Flughafen angekommen bin, aber dass etwas im Gange ist“, erinnert sich Floderus. „Da nahm mir jemand mein Telefon weg und sagte, das sei nicht erlaubt.“

Mit dem Auto wurde er in den Norden der iranischen Hauptstadt gefahren, wo er das Evin-Gefängnis erkannte. „Ich zog meine Kleidung aus, zog eine Gefängnisuniform an und unterschrieb einige Dokumente“, berichtet er. Mit verbundenen Augen sei er durch die Korridore des riesigen Gefängnisses geführt worden. „Ich konnte nicht sehen, wohin ich ging, ich konnte nur meine Füße auf dem Boden sehen.“

Nach zwei oder drei Tagen allein in der Zelle sei er „dem, was sie einen Richter nennen“, vorgeführt worden. „Ich war erleichtert, weil ich dachte, dass der Irrtum endlich aufgeklärt werden würde“, sagt Floderus. „Stattdessen sagte mir dieser Mann, dass ich wegen Spionage gegen die Islamische Republik Iran angeklagt sei, und in diesem Moment wurde alles schwarz“, berichtet er.

Mithäftlinge: „Johan, du bist eine Geisel“

Der Richter habe ihm gesagt, er solle sich keine Sorgen machen, er würde „für zwei oder drei Tage ihr Gast“ sein. „Ich bin schließlich zwei Jahre und zwei Monate geblieben“.

Die ersten beiden Monate habe er „voller Verwirrung, Angst und Verzweiflung“ in Einzelhaft verbracht und sei dann in eine Gemeinschaftszelle verlegt worden, berichtet Floderus. „Ich konnte frei mit den anderen Häftlingen sprechen“, sagt er. „Als ich ihnen erzählte, was mir passiert war und wer ich war, sagten sie: ‚Johan, du bist eine Geisel.'“

Nach einem Monat mit anderen Häftlingen wurde der Schwede wieder in Einzelhaft gesteckt, wo er sechs Monate verbrachte. „Nach diesen Monaten in Einzelhaft wurde mir klar, dass ich nicht überleben konnte, wenn ich mich von schlechten Nachrichten oder dem Fehlen von Nachrichten beeinflussen lasse.“

Hoffnung auf Gefangenenaustausch

Er habe versucht, „von etwas anderem zu leben als von der Hoffnung“, sagt Floderus. „Ich habe in mir eine konstantere Kraft entdeckt, auf die ich mich verlassen konnte und die mich auch in den schlimmsten Zeiten nicht verlassen hat.“

Im Dezember 2023 erschien Floderus vor Gericht und wurde der „Korruption auf Erden“ beschuldigt, einer der schwersten Anklagepunkte im Iran, auf den die Todesstrafe steht. Im selben Monat wurde die lebenslange Haftstrafe des Iraners Hamid Noury für seine Rolle bei den 1988 von Teheran angeordneten Massenhinrichtungen von Gefangenen von einem schwedischen Berufungsgericht bestätigt.

„Ich wusste schon sehr früh, dass ich meine Familie und meine Lieben nur durch einen Gefangenenaustausch wiedersehen würde“, sagt Floderus. „Schweden ist nicht das erste Land, das eine solche Entscheidung getroffen hat.“ Wirklich an seine Freilassung geglaubt habe er aber erst, als er zum Flughafen von Teheran gebracht worden sei.

Als er bei seiner Ankunft in Stockholm aus dem Flugzeug gestiegen war, kniete er vor seinem Freund nieder und machte ihm vor den Augen des schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson einen Heiratsantrag.

„Ich möchte zurück zu dem Leben, das mein Verlobter und ich vorher hatten“, sagt Floderus. „Zwei Jahre und zwei Monate wurden uns gestohlen und jetzt wollen wir sie uns zurückholen.“ (afp/red)



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