Sprecher des US-Sicherheitsrates: Biden hält weiter an seiner Nahost-Politik fest
In der Nacht zum Montag war ein vom UN-Palästinenserhilfswerk betriebenes Flüchtlingslager in der Nähe von Rafah von einem israelischen Luftangriff getroffen worden. US-Präsident Joe Biden hält dennoch an seiner Nahost-Politik fest.
Der tödliche Angriff sei „nichts, wovor wir die Augen verschließen“, betonte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Dienstag vor Journalisten. Er habe jedoch nach diesem Angriff „keine Änderungen der Politik zu verkünden“. Der Vorfall sei „gerade erst passiert“ und werde von Israel untersucht.
Israels Armee wies Berichte zurück, sie habe am Sonntag eine humanitäre Zone angegriffen. Attackiert worden sei vielmehr eine nahegelegene Anlage der Hamas. Es werde untersucht, ob dort etwa Waffen gelagert waren, die bei dem Luftangriff explodierten und so den tödlichen Brand in dem Zeltlager auslösten.
Nach ersten Erkenntnissen der Armee-Ermittlung wurde der Brand durch eine weitere Explosion nach dem israelischen Angriff ausgelöst – und „nicht allein“ infolge des Beschusses. „Unsere Munition allein hätte ein Feuer dieses Ausmaßes nicht auslösen können“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari am Dienstag vor Journalisten.
USA: Begrenztes Vorgehen der israelischen Kräfte
Hinsichtlich Befürchtungen über eine erweiterte israelische Bodenoffensive in Rafah sagte Kirby, es gebe keine Hinweise darauf, dass die israelische Armee „in Rafah vorgerückt“ sei. „Wir haben nicht gesehen, dass sie mit großen Einheiten, einer großen Anzahl von Truppen, in Kolonnen und Formationen in einer Art von koordiniertem Manöver gegen mehrere Ziele am Boden vorgehen.“
Auch das US-Verteidigungsministerium stuft Israels militärisches Vorgehen in Rafah als „begrenzt“ ein. Nach derzeitiger Pentagon-Einschätzung „ist das, was in Rafah passiert, was die israelische Armee tut, im Umfang begrenzt“, sagte die stellvertretende Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh am Dienstag.
Auch wenn es „Bewegungen innerhalb von Rafah“ gebe, bedeute dies nicht, „dass sich Umfang und Ausmaß“ des israelischen Militäreinsatzes geändert hätten, fügte sie mit Blick auf Berichte über vorrückende israelische Panzer ins Zentrum von Rafah hinzu.
Zuvor hatte der Außenministeriumssprecher Matthew Miller erklärt, die vorläufige Untersuchung Israels zu dem Vorfall deute darauf hin, dass der Angriff mit der „kleinsten Bombe in ihrem Arsenal“ ausgeführt worden sei. Singh sagte, die Regierung warte nun auf abschließende Ergebnisse der Untersuchung.
Verteidigungsminister Lloyd Austin habe „direkte und offene Gespräche“ mit der israelischen Regierung geführt, US-Regierungsvertreter würden dies auch weiterhin tun. „Wir nehmen das, was am Wochenende passiert ist, sehr ernst. Wir haben alle die Bilder gesehen. Sie sind absolut entsetzlich“, fügte Singh hinzu.
Armee untersucht den Vorfall
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einem „tragischen Missgeschick“. Die israelische Armee leitete eine Untersuchung ein. Nach Angaben des von der terroristischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums wurden dabei 45 Menschen getötet und mehr als 240 weitere verletzt. Die Zahlen nicht nicht unabhängig verifizierbar.
Israel verortet in Rafah an der Grenze zu Ägypten die letzten verbleibenden Hamas-Bataillone im Gazastreifen.
Resolutionsentwurf verlangt Ende von Offensive
Nach dem Luftangriff verlangt ein neuer Resolutionsentwurf im Weltsicherheitsrat ein sofortiges Ende der israelischen Militäroffensive. Außerdem müsse es eine sofortige und von allen Seiten respektierte Waffenruhe im Gazastreifen geben, heißt es in der von Algerien erstellten Beschlussvorlage, die der dpa vorliegt.
Die islamistische Hamas wird zudem zur Freilassung aller Geiseln aufgefordert. Mehrere Diplomaten sagten der dpa nach einem Treffen des UN-Gremiums hinter verschlossenen Türen, einige Ratsmitglieder strebten ein Votum schon heute an. Es wurde gemutmaßt, die USA könnten bei einer Abstimmung ein Veto einlegen. Frankreichs UN-Botschafter forderte ein Durchgreifen des Weltsicherheitsrates.
Die Lage in Rafah sei „entsetzlich“, hatte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron zuvor in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Meseberg gesagt. „Die israelischen Operationen in Rafah müssen beendet werden“, forderte Macron. Auch Scholz verlangte: „Israel muss bei seinem Vorgehen das Völkerrecht achten.“
Israels Truppen stoßen weiter in Rafah vor
Israelische Bodentruppen sind unterdessen nach Augenzeugenberichten aus Rafah tiefer in die an Ägypten grenzende Stadt vorgedrungen. Demnach wurden auch im Stadtzentrum Truppen gesichtet. Panzer seien in der Nähe der Al-Awda-Moschee vorbeigefahren, einem zentralen Wahrzeichen von Rafah, schilderten Palästinenser in der Stadt dem „Wall Street Journal“.
Vonseiten der israelischen Armee gab es zunächst keine Bestätigung dieser Berichte. Laut dem Armeerundfunk habe das Militär den fünf in der Stadt kämpfenden Brigaden eine weitere hinzugefügt, berichtete die US-Zeitung. Nach Aussagen eines Militärsprechers sind Israels Truppen auch in Nahkämpfe mit der Hamas verwickelt.
Drei israelische Soldaten sind nach Medienberichten vom Mittwoch bei der Explosion einer Sprengfalle in einem Gebäude in Rafah im südlichen Gazastreifen getötet worden. Die israelische Armee teilte am Mittwoch nur mit, am Vortag seien drei Soldaten der Infanteriebrigade Nachal bei Kämpfen im südlichen Gazastreifen gefallen.
Israelische Soldaten gehen bei dem Einsatz in dem Küstenstreifen unter anderem von Haus zu Haus auf der Suche nach Waffen. Viele Gebäude sind nach Militärangaben mit tödlichen Sprengfallen präpariert.
Hamas schießt vom Westjordanland aus auf Israel
Bewaffnete Terroristen der Hamas haben vom Westjordanland aus einen israelischen Grenzort beschossen. Ein verbreitetes Video der Hamas zeigte drei Männer mit Schnellfeuergewehren, die mehrere Salven abgaben.
Der israelische Armeesender berichtete, es habe in dem Ort Bat Chefer nahe der Sperranlage zwischen Israel und dem besetzten Westjordanland keine Opfer, aber Sachschaden gegeben. Es sei bereits der zweite Vorfall dieser Art. Die Angreifer, die Hamas-Stirnbänder trugen, stammten demnach aus einem Flüchtlingsviertel in der palästinensischen Stadt Tulkarem.
Berichte über neuen Vorschlag für Geisel-Abkommen
Unterdessen sind die Aussichten auf eine Waffenruhe und die Freilassung der seit fast acht Monaten in Gaza festgehaltenen Geiseln ungewiss. Israel habe den Unterhändlern Katars, Ägyptens und der USA, die in dem Krieg vermitteln, einen aktualisierten Vorschlag für ein mögliches Abkommen unterbreitet, berichteten die israelische Zeitung „Haaretz“ und das US-Nachrichtenportal „Axios“ unter Berufung auf mit den Verhandlungen vertraute Quellen.
Der schriftliche Vorschlag beinhalte „die Bereitschaft, flexibel zu sein“, was die Anzahl der lebenden Geiseln betreffe, die in einer ersten Phase eines Abkommens von der Hamas freigelassen werden müssten, so „Axios“. Auch sei Israel bereit, die Forderung der Hamas nach „dauerhafter Ruhe“ im Gazastreifen zu diskutieren. Die Hamas verlangt einen Abzug der israelischen Truppen, was Israel ablehnt.
Wegen des Luftangriffs in Rafah hatte die Hamas ihre Teilnahme an den Verhandlungen über eine Waffenruhe vorerst ausgesetzt. Dies teilten ihre Repräsentanten der dpa mit. Die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Islamistenorganisation waren zuletzt in eine Sackgasse geraten. Es gebe bisher keine Fortschritte, berichtete die Zeitung „Haaretz“ unter Berufung auf israelische Beamte. (afp/dpa/red)
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