Amnesty International: Hinrichtungen weltweit auf Höchststand

Die Zahl der Hinrichtungen erreichte 2023 laut Amnesty International den höchsten Stand seit 2015. Auf ein Land entfallen fast 75 Prozent aller dokumentierten Fälle. In diesem Artikel erhalten Sie einige Einblicke in den am Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht.
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Ein chinesischer Wachmann trägt ein Sturmgewehr, während er in der südwestchinesischen Provinz Sichuan über Häftlinge wacht.Foto: Peter Parks, afp, Getty Images
Epoch Times29. Mai 2024

Die Zahl der gerichtlichen Hinrichtungen ist laut Amnesty International im vergangenen Jahr mit mindestens 1153 auf den höchsten Wert seit 2015 gestiegen.

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Renata Alt (FDP), hat den Anstieg der weltweiten Zahl der Hinrichtungen als „schockierend“ bezeichnet und die Bundesregierung aufgefordert, diesem Trend entgegenzuwirken. „Die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher sein.“

Von den 16 Ländern, die Hinrichtungen vollzögen, seien nur wenige für den extrem hohen Anstieg der Zahl verantwortlich, kritisiert die Menschenrechtsorganisation in ihrem Bericht zur weltweiten Anwendung der Todesstrafe.

Amnesty International geht laut dem Bericht davon aus, dass China nach wie vor weltweit die meisten Menschen hinrichtet. Wegen der Geheimhaltung in dem Land enthalte der Bericht keine Angaben zu den laut Amnesty vermutlich Tausenden Menschen, die in China exekutiert worden seien.

Nach China folgt Iran auf dem zweiten Platz mit 853 fast 75 Prozent aller registrierten Hinrichtungen – bei einem Anstieg um 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für 2022 hatte Amnesty insgesamt 883 Hinrichtungen in 20 Ländern registriert.

„Beide Regime nutzen die Vollstreckung der Todesstrafe systematisch, um die kritische Zivilbevölkerung zu terrorisieren und einzuschüchtern“, sagte Alt.

Hinrichtungen seien „immer inhuman und ein gravierender Verstoß gegen die Menschenrechte“, betonte sie. Es sei „nicht haltbar und inakzeptabel“, sie „mit religiösen oder kulturellen Argumenten zu verteidigen“.

Auf Platz drei folgt in der Amnesty-Aufstellung für 2023 Saudi-Arabien mit 172 Exekutionen (15 Prozent). Auch Somalia (38 Exekutionen) und die USA (24) hätten im vergangenen Jahr mehr Todesurteile vollstreckt, heißt es in dem Bericht.

Die Zahl der weltweit neu verhängten Todesurteile sei 2023 gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent auf 2428 gestiegen.

Besorgniserregende Entwicklung

Die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, begrüßte es zwar, dass sich immer mehr Länder von der Todesstrafe verabschiedeten. Sehr besorgniserregend sei aber, dass ein paar wenige Staaten immer mehr Menschen hinrichten würden.

So hätten die iranischen Behörden 2023 eine grobe Missachtung menschlichen Lebens an den Tag gelegt. Die Behörden im Iran hätten die Todesstrafe verstärkt eingesetzt, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen und ihre Macht zu festigen.

Die Zahl der Hinrichtungen sei gegenüber 2022 (576) um 48 Prozent auf mindestens 853 gestiegen. Unverhältnismäßig oft hätten Hinrichtungen die ethnische Minderheit der Belutschen betroffen – auf sie entfielen demnach 20 Prozent der registrierten Hinrichtungen, obwohl sie nur etwa fünf Prozent der Bevölkerung ausmache.

Über 60 Prozent der dokumentierten Hinrichtungen im Iran seien für Taten vollstreckt worden, die nach internationalem Recht nicht mit der Todesstrafe geahndet werden dürften, darunter vorwiegend Drogendelikte.

In Saudi-Arabien ist die Zahl der vollstreckten Todesurteile demnach um zwölf Prozent auf 172 gesunken. Darunter seien sechs Frauen gewesen. Das Land sei das Einzige, das 2023 die Hinrichtungsmethode der Enthauptung angewendet habe.

Todesurteile würden nach unfairen Verfahren gefällt und „Geständnisse“ durch Folter erpresst. Im Juli sei Mohammad al-Ghamdi für regierungskritische Social-Media-Posts zum Tode verurteilt worden.

In Somalia verzeichnet Amnesty mehr als eine Versechsfachung der Zahl der Hinrichtungen von 6 im Jahr 2022 auf 38 im vergangenen Jahr.

In der Region Subsahara-Afrika registrierte die Menschenrechtsorganisation einen drastischen Anstieg der Todesurteile um 66 Prozent – von 298 Fällen im Jahr 2022 auf 494 im vergangenen Jahr.

USA

Amnesty-Generalsekretärin Duchrow nannte es sehr bedenklich, dass sich einige US-Bundesstaaten zur Todesstrafe bekannten und „sogar eine neue grausame Hinrichtungsmethode“ eingeführt hätten.

Dies setze sich fort: Im Januar sei Kenneth Smith im Bundesstaat Alabama durch die unerprobte Methode des Erstickens durch Stickstoffgas getötet worden, „14 Monate, nachdem er einen verpfuschten Hinrichtungsversuch überlebt hatte“.

Insgesamt sei die Zahl der Hinrichtungen von 18 auf 24 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. In den US-Bundesstaaten Idaho und Tennessee seien zudem Gesetzentwürfe eingebracht worden, die Exekutionen durch Erschießungskommandos ermöglichen sollten.

Nicht registrierte Fälle

Aus ähnlichen Gründen wie in China könne man auch keine Zahlen zu Nordkorea und Vietnam vorlegen – bei beiden Ländern werde allerdings angenommen, dass sie in großem Umfang Menschen hinrichteten, heißt es weiter.

Nordkorea habe ein neues Gesetz eingeführt, das die Todesstrafe als mögliche Strafe für jene vorsehe, die nicht Koreanisch verwenden würden. Myanmar habe weiterhin in geheimen und unfairen Verfahren Todesurteile vor Militärgerichten verhängt.

Die Zahl der Länder, in denen Hinrichtungen durchgeführt wurden, sank nach der Aufstellung auf den niedrigsten Stand, den die Organisation je verzeichnet habe.

So seien in Belarus, Japan, Myanmar und Südsudan, die 2022 noch Todesurteile vollstreckt hätten, 2023 keine Hinrichtungen mehr erfasst worden. 144 Länder haben demnach die Todesstrafe per Gesetz (112 Länder) oder in der Praxis (32 Länder) abgeschafft. (dpa/afp/red)

 



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