Europawahl: 35 Parteien am Start – erstmals Stimmabgabe ab 16 Jahren
Bei der Europawahl am 9. Juni treten in Deutschland 35 Parteien und sonstige Gruppierungen an. Neben den im Bundestag vertretenen Parteien können sich auch viele kleinere Vereinigungen Hoffnung auf einen Einzug in das Europaparlament machen.
Mehr als 400 Millionen EU-Bürger sind aufgerufen, die Abgeordneten des neuen Europäischen Parlaments zu wählen. Als erste geben am Donnerstag zuvor bereits die Bürger in den Niederlanden ihre Stimme ab, am Freitag folgen Irland und Tschechien, am Samstag dann weiter Tschechien sowie Lettland, die Slowakei, Malta und die französischen Überseegebiete.
Erstmals dürfen auch 16- und 17-Jährige teilnehmen. Ein Überblick:
96 garantierte Sitze für Deutschland
Die Zahl der Sitze im EU-Parlament ist für jedes Land festgelegt. Wegen der höchsten Bevölkerungszahl in der EU entsendet Deutschland auch die meisten Abgeordneten.
Bei der Europawahl 2024 sind erneut 96 Mandate an hiesige Bewerber zu vergeben. EU-weit werden 720 Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt. In Deutschland stehen insgesamt 1.413 Kandidaten zur Wahl.
Mehrere Neugründungen am Start
Antreten darf nun auch die Linken-Abspaltung Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Neu am Start ist dieses Mal zudem die „Letzte Generation“.
Auch ins Europaparlament will die Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch (Dava). Sie war vielfach als Ableger der Partei der türkischen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisiert worden, weist dies aber zurück. Eine Übersicht zu allen zugelassenen Parteien findet sich auf der Website der Bundeswahlleiterin.
65 Millionen Bürger dürfen abstimmen
Mit der Europawahl 2024 sind erstmals auch unter 18-Jährige wahlberechtigt. Abstimmen darf, wer am 9. Juni 16 Jahre alt ist. Laut Statistischem Bundesamt betrifft dies rund 1,4 Millionen Menschen.
Wahlberechtigt sind in Deutschland laut Statistischen Bundesamt insgesamt rund 64,9 Millionen Menschen. 60,9 Millionen davon sind Deutsche. Auf Antrag dürfen aber auch bis zu 4,1 Millionen Bürger aus anderen EU-Mitgliedstaaten teilnehmen, die in Deutschland wohnhaft sind.
Sie müssen sich aber entscheiden: Entweder sie stimmen hier oder im Herkunftsland ab. Wer zwei Mal die Stimme abgibt, macht sich wegen Wahlfälschung strafbar.
Länderübergreifende Kandidatenlisten gibt es für die Europawahl nicht. Leben sie in einem anderen EU-Staat, können sie alternativ für dortige Kandidaten stimmen.
Wahlbeteiligung zuletzt gestiegen
Ob das abgesenkte Wahlalter auch die Beteiligung an der EU-Wahl erhöht, ist offen: Sie war bei der letzten Wahl 2019 bereits deutlich gestiegen und hatte 61,4 Prozent erreicht. 2014 waren es nur 48,1 Prozent gewesen.
Im Vergleich zur Bundestagswahl war das Interesse an der Europawahl aber auch das letzte Mal deutlich geringer. Bei der Wahl des deutschen Parlaments gaben 2021 76,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab.
Die Wahlbeteiligung ist bei den Europawahlen traditionell niedrig.
Keine Fünf-Prozent Hürde
Anders als bei der Bundestagswahl gibt es bei der Europawahl keine Sperrklausel in Deutschland – also eine Mindestschwelle, die übersprungen werden muss, um im EU-Parlament vertreten zu sein.
Rechnerisch reichten bei der letzten Wahl rund 0,7 Prozent oder 240.000 Stimmen, um einen Abgeordneten zu entsenden.
Warum gibt es Spitzenkandidaten?
Obwohl über nationale Listen gewählt wird, hat fast jede europäische Partei oder Fraktion im Parlament EU-weite Spitzenkandidaten aufgestellt. Dies soll den Wahlkampf länderübergreifend erscheinen lassen. Auch die derzeitige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich als Spitzenkandidatin ihrer konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) aufstellen lassen.
Die Parlamentarier drängen darauf, dass anders als 2019 ein Spitzenkandidat auch den Posten an der Spitze der EU-Kommission bekommt. In den EU-Gesetzen ist das allerdings nicht unmittelbar festgelegt. Die Entscheidung liegt zum großen Teil bei den EU-Staats- und Regierungschefs, die nach der Wahl einen Vorschlag für den Posten machen müssen.
Wer es 2019 ins Europaparlament schaffte
Im scheidenden Europaparlament sind Abgeordnete aus 14 deutschen Parteien vertreten: Stärkste Kraft wurde 2019 die CDU (22,6 Prozent, 23 Sitze). Es folgten auf Platz zwei die Grünen (20,5 Prozent, 21 Sitze) und auf Platz drei die SPD (15,8 Prozent, 16 Sitze).
Die AfD kam auf 11,0 Prozent (elf Sitze), die CSU, die nur in Bayern antritt, während die CDU dort nicht auf dem Wahlzettel steht, auf 6,3 Prozent (sechs Sitze). Die Linke verbuchte 5,5 Prozent, gefolgt von der FDP mit 5,4 Prozent (jeweils fünf Sitze).
Neben diesen im Bundestag vertretenen Parteien schaffen es auch sieben kleine Formationen ins EU-Parlament: Jeweils zwei Abgeordnete konnten dabei die Freien Wähler und die Satire-Partei Die Partei entsenden. Auf jeweils ein Mandat kamen Piraten, Tierschutzpartei, die Familien-Partei, ÖDP und Volt.
Wie viel Macht hat das Europaparlament?
Ohne das Parlament können auf EU-Ebene in den meisten Fällen keine Gesetze verabschiedet werden. Jährlich mitentscheiden muss das Parlament auch über den rund 190 Milliarden Euro schweren EU-Haushalt. Ausgenommen von den Mitentscheidungsrechten sind lediglich die Außen- und die Steuerpolitik.
Gesetzesinitiativen kann das Parlament nicht einbringen. Es kann die EU-Kommission nur auffordern, dies zu tun.
Deren Präsident muss vom Parlament gewählt werden, auch der Ernennung der EU-Kommissare muss das Parlament zustimmen. Das Parlament kann die Kommission zudem durch ein Misstrauensvotum zum Rücktritt zwingen. (afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion