Baerbock in Kiew – Appell für Unterstützung bei Luftabwehr

Die deutsche Außenministerin besucht erneut Kiew – während Russland seine Offensive auf Charkiw verstärkt. Bei ihrer Ankunft sicherte sie die Solidarität Deutschlands zu. Berlin stehe gemeinsam mit vielen anderen Ländern aus allen Teilen der Welt felsenfest an der Seite der Ukraine.
Außenministerin Annalena Baerbock wird bei der Ankunft am Bahnhof Kiew vom deutschen Botschafter Martin Jäger und einer Vertreterin des ukrainischen Protokolls empfangen.
Außenministerin Annalena Baerbock wird bei der Ankunft am Bahnhof Kiew vom deutschen Botschafter Martin Jäger und einer Vertreterin des ukrainischen Protokolls empfangen.Foto: Jörg Blank/dpa
Epoch Times21. Mai 2024

Außenministerin Annalena Baerbock hat angesichts der aktuellen russischen Offensive eindringlich mehr internationale Unterstützung für die Ukraine bei der Luftverteidigung verlangt.

„Um die Ukraine vor dem russischen Raketen- und Drohnenhagel zu schützen, braucht sie dringend mehr Luftabwehr“, forderte die Grünen-Politikerin zum Auftakt ihres siebten Solidaritätsbesuches in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022. Die Außenministerin war am Morgen zu einem aus Sicherheitsgründen nicht angekündigten Besuch in der Hauptstadt Kiew eingetroffen.

„Wir müssen jetzt alle Kräfte bündeln, damit die Ukraine bestehen kann (…) und damit Putins Truppen nicht bald vor unseren eigenen Grenzen stehen“, appellierte Baerbock an die internationalen Partnerländer mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Bei der von ihr gemeinsam mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gestarteten globalen Initiative für mehr Flugabwehr seien fast eine Milliarde Euro zur zusätzlichen Unterstützung der ukrainischen Luftverteidigungskräfte zusammengekommen.

„Und wir arbeiten intensiv daran, dass das noch mehr wird.“ Die Ministerin fügte hinzu: „Wir drehen jeden Stein mehrfach um und sind selbst mit einer zusätzlichen Patriot-Einheit vorangegangen.“

Besuch in Charkiw aus Sicherheitsgründen abgesagt

Die Ukraine ist aus einem Mangel an Waffen, Munition und Soldaten seit Monaten in der Defensive. Die Millionenstadt Charkiw im Nordosten des Landes wird von Russland über die Grenze hinweg aus kurzer Entfernung bombardiert.

Ein eigentlich geplanter Besuch in Charkiw wurde wegen der russischen Angriffe aus Sicherheitsgründen abgesagt. Baerbock hatte die zu Beginn des Kriegs von russischen Truppen heftig angegriffene Stadt schon im Januar 2023 besucht und wollte sich erneut über die Situation der Zivilbevölkerung dort informieren.

Selenskyj beklagt mangelndes Tempo westlicher Hilfen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies kurz vor dem Besuch Baerbocks einmal mehr auf die Dringlichkeit von Flugabwehrwaffen hin. Die Ukraine benötige am dringendsten weitere Flugabwehrsysteme und westliche Kampfjets, sagte er am Montag in seiner täglichen Videoansprache.

„Leider fehlt es der freien Welt in diesen beiden Fragen an Schnelligkeit.“ Aufgrund der Luftüberlegenheit könne Russland mit Gleitbomben Städte und Verteidigungsstellungen der Ukrainer vernichten. Aktiv nutzten die Russen seinen Angaben nach die zerstörerische Taktik an den Frontabschnitten bei Charkiw sowie im Gebiet Donezk in Richtung Tschassiw Jar und Pokrowsk.

Selenskyj hatte in den vergangenen Tagen mehrfach um die Lieferung von zwei weiteren Flugabwehrsystemen des Typs Patriot gebeten. Damit könne das immer wieder aus der Luft angegriffene Charkiw besser geschützt werden. Die Millionenstadt im Nordosten der Ukraine ist eine der am schwersten vom Krieg getroffenen Orte.

Deutschland hat dritte Patriot-Einheit zugesagt

Dem Vernehmen nach verfügt die Ukraine bislang über drei der leistungsstarken Flugabwehrsysteme aus US-Produktion. Zwei davon hat Deutschland bereitgestellt, die Bundesregierung hat eine dritte Patriot-Einheit zugesagt. Es gibt allerdings keine Hinweise, ob das System schon in der Ukraine eingetroffen ist.

Die dritte derzeit aktive Patriot-Einheit in der Ukraine stammt aus den USA. Washington prüft die Lieferung eines weiteren Systems. Die deutschen Versuche, Patriots bei Partnerländern in Europa oder in Übersee zu beschaffen, haben bislang nicht gefruchtet.

Baerbock: Stehen felsenfest an der Seite der Ukraine

Die Bundesaußenministerin sicherte den Menschen in der Ukraine dauerhafte Unterstützung zu. Putin „spekuliert darauf, dass uns irgendwann die Luft ausgeht, aber wir haben einen langen Atem“, erklärte sie. Deutschland stehe gemeinsam mit vielen anderen Ländern aus allen Teilen der Welt felsenfest an der Seite der Ukraine.

„Darauf können die Menschen in der Ukraine dauerhaft bauen.“ Das zeige die Bundesregierung im Juni, wenn sie die Welt zur Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine nach Berlin einlade. „Gemeinsam mit unseren Partnern in der Welt und einem starken Bündnis aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Kommunen investieren wir langfristig in eine Zukunftsversicherung für die Ukraine.“

Die Bundesaußenministerin nannte einen EU-Beitritt der Ukraine erneut „die notwendige geopolitische Konsequenz aus Russlands völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“.

Das Land habe „beeindruckende Fortschritte gemacht und ist trotz der russischen Zerstörungswut auf Reformkurs“. Nun gelte es, in den Anstrengungen für eine Justizreform, bei der Korruptionsbekämpfung und der Medienfreiheit nicht nachzulassen.

Russische Offensive bei Charkiw – Angriffe auf Infrastruktur

Die aktuelle russische Offensive im Grenzgebiet nahe Charkiw bedroht die Ukraine seit Mitte Mai gleich doppelt. Zum einen zwingt der russische Vorstoß die ukrainische Armee, dort Reserven einzusetzen, die an anderen Stellen der Front fehlen.

Der Armeeführung in Kiew zufolge halten die Verteidigungslinien. Trotzdem drang Russland etwa zehn Kilometer tief auf ukrainisches Gebiet vor. Die russische Armee könnte bald Artillerie nach vorn bringen, die Charkiw dann zusätzlich zu den Luftangriffen beschießen könnte.

Neben militärischen Zielen hat Russland im März und April vorwiegend ukrainische Kohlekraftwerke beschossen. Diese sind mittlerweile fast vollständig ausgeschaltet. Auch wichtige Wasserkraftwerke sind beschädigt. Die Regierung in Kiew schätzt, dass mehr als 40 Prozent der Kapazitäten zur Stromproduktion ausgefallen sind. Umgekehrt greift die Ukraine russische Infrastruktur der Öl- und Gasraffinerien an.(dpa/red)



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