Israel verstärkt seine Luftverteidigung – Opposition fordert Neuwahlen für September

Wie ist die Lage von Israel? Die USA halten an Plänen für einen temporären Hafen vor Gaza fest, Israels Minister Gantz (Opposition) fordert Neuwahlen im September. Die palästinensische UN-Mission fordert die Vollmitgliedschaft in der UN. In Israel finden sich zunehmend Regierungsgegner und Angehörige der verschleppten Geiseln zu Protesten zusammen.
Der Iran droht mit Vergeltung - Israel reagiert und verstärkt nun seine Luftverteidigung.
Der Iran droht mit Vergeltung - Israel reagiert und verstärkt nun seine Luftverteidigung.Foto: Ilia Yefimovich/dpa
Epoch Times4. April 2024

Israel will vor dem Hintergrund ernster Drohungen aus dem Iran seine Luftverteidigung verstärken. Nach einer Lagebeurteilung sei beschlossen worden, die Personalstärke zu erhöhen und Reservisten der Raketenabwehr einzuberufen, teilte das israelische Militär mit. Gründe dafür nannte die Armee nicht explizit.

Israelische Medien berichteten aber, Hintergrund seien die Drohungen aus Teheran. Nach dem mutmaßlich israelischen Luftangriff auf ein Gebäude der iranischen Botschaft in Syriens Hauptstadt Damaskus mit mehreren Toten hatte der iranische Präsident Ebrahim Raisi gesagt, die Attacke werde „nicht unbeantwortet bleiben“.

Auch Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei drohte mit Vergeltung.

Iran droht mit Vergeltung

Die Bestattung der getöteten Mitglieder der Revolutionsgarden ist für den 5. April angesetzt. Das ist gleichzeitig der Al-Kuds-Tag, an dem viele Iraner in Unterstützung der Palästinenser und gegen Israel demonstrieren dürften.

Chamenei rief die Bevölkerung dazu auf, auf die Straße zu gehen. „Wenn der Al-Kuds-Tag in früheren Jahren nur in islamischen Ländern gefeiert wurde, ist es in diesem Jahr höchst wahrscheinlich, dass der Al-Kuds-Tag auch in nicht-islamischen Ländern gefeiert wird“, sagte das geistliche Oberhaupt. Er hoffe auf einen Tag, an dem „die muslimische Welt die Zerstörung Israels feiern kann“.

Seit der Islamischen Revolution im Iran 1979 wird alljährlich am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan der Al-Kuds-Tag begangen. Al Kuds ist der arabische Name für Jerusalem.

Bei dem Angriff am Montag waren zwei Brigadegeneräle der für Auslandseinsätze zuständigen Al-Kuds-Brigaden und fünf weitere Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden getötet worden. Zudem kamen nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim sechs syrische Staatsbürger ums Leben. Die Revolutionsgarden sind Irans Elitestreitmacht, sie werden mächtiger eingeschätzt als die konventionellen Streitkräfte des Landes.

„Frustriert“ über Vorgehen Israels

Unterdessen sieht sich Israel weiter mit den Folgen seines tödlichen Luftangriffs auf ausländische Helfer der Organisation World Center Kitchen im umkämpften Gazastreifen konfrontiert.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte, der Vorfall markiere „den Höhepunkt ähnlicher Ereignisse“ und US-Präsident Joe Biden habe „seine Empörung, seine Frustration“ darüber zum Ausdruck gebracht. Es sei nicht das erste Mal, dass so etwas passiert sei, so Kirby. „Und ja, wir sind darüber frustriert.“

Sieben Mitarbeiter der Hilfsorganisation World Central Kitchen waren am Montagabend im Gazastreifen durch einen Luftangriff des israelischen Militärs getötet worden. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und die Armee sprachen von einem unabsichtlichen Treffer und einem schweren Fehler. Biden machte Israel daraufhin schwere Vorhaltungen.

Kirby machte mit Blick auf die Israelis deutlich: „Wir unterstützen nach wie vor ihr Recht, sich zu verteidigen. Und das werden wir auch weiterhin tun.“ Dennoch sei die US-Regierung besorgt über das Vorgehen Israels. Jeden Tag spreche man über die Art und Weise der Kriegsführung.

USA halten an Plänen für temporären Hafen vor Gaza fest

Die USA halten an den Plänen für einen temporären Hafen im Meer vor dem Gazastreifen fest. Der Vorfall habe keinen Einfluss auf die Bemühungen, den Pier zu errichten, um Hilfsgüter über den Seeweg nach Gaza zu liefern, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Man wolle mit dem Vorhaben so schnell wie möglich vorankommen.

Unterdessen wurden sechs der sieben Leichen der Helfer nach Ägypten überführt. Das berichtete der staatsnahe Fernsehsender Al-Kahira News. Krankenwagen hätten die Leichen über den Übergang Rafah nach Ägypten gebracht.

Die getöteten Helfer stammen aus Großbritannien, Polen und Australien, eines der Opfer hatte zudem die kanadische und amerikanische Staatsbürgerschaft. Ihre Leichen sollten in die jeweiligen Heimatländer überführt werden. Die Leiche des palästinensischen Fahrers wurde an dessen Familie zur Bestattung in Gaza übergeben.

US-Regierung: Zweistaatenlösung nur durch Verhandlungen

Washington hält unterdessen weiter an einer Verhandlungslösung für einen unabhängigen Palästinenserstaat fest. Das erklärte Außenamtssprecher Miller in Washington.

Die palästinensische UN-Mission hatte am Vortag mitgeteilt, sich erneut um eine Vollmitgliedschaft bei den Vereinten Nationen bemühen zu wollen – 2011 war dieses Anliegen gescheitert. Die Veto-Macht USA und andere wollten damals, dass die Palästinenser zuvor mit Israel Frieden schließen. Im November 2012 räumten die Vereinten Nationen den Palästinensern gegen den Widerstand der USA einen Beobachterstatus ein.

Von 193 UN-Mitgliedsstaaten haben bisher 139 Palästina als unabhängigen Staat anerkannt. Die USA und Deutschland gehören nicht dazu. In einem Brief an UN-Generalsekretär António Guterres bat der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur nun darum, dem Sicherheitsrat den Antrag von 2011 erneut vorzulegen. Auf die Frage, ob die USA dieses Mal ein Veto einlegen würden, sagte Miller: „Ich spekuliere nicht darüber, was in Zukunft passieren könnte.“

Gleichzeitig betonte er, die US-Regierung habe immer deutlich gemacht, dass sie zwar die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates mit Sicherheitsgarantien für Israel unterstütze. Dies müsse jedoch durch direkte Verhandlungen zwischen den betroffenen Parteien geschehen, „und nicht bei den Vereinten Nationen“.

Die terroristische Hamas im Gazastreifen und Israels Ministerpräsident Netanjahu lehnen eine Zweistaatenlösung ab. Damit ist gemeint, dass ein unabhängiger, demokratischer und friedlicher Palästinenserstaat an der Seite von Israel existiert.

Israels Minister Gantz fordert Neuwahl im September

In Israel fordert der derzeit in Umfragen führende israelische oppositionelle Minister Benny Gantz vorgezogene Neuwahlen. „Wir werden bald die Wähler aufrufen“, sagte Gantz am Mittwochabend in einer aus seinem Parlamentsbüro in Jerusalem übertragenen Rede.

Für die Parlamentswahl müsse „einvernehmlich“ ein Datum im September festgelegt werden, sagte Gantz weiter. Er habe Regierungschef Benjamin Netanjahu über die Absichten seiner Partei informiert.

Für die Ausrufung von Neuwahlen wäre eine absolute Mehrheit von 61 der 120 Knesset-Abgeordneten nötig. Netanjahus nationalkonservative Likud-Partei hatte bei den bisher letzten Wahlen im Dezember 2022 32 Sitze erhalten. Gantz war nach dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 einer nationalen Einheitsregierung unter Führung Netanjahus beigetreten.

Der Likud wies Gantz‘ Forderung zurück. Wahlen würden angesichts des andauernden Kriegs „unvermeidlich zum Stillstand“ im Land führen und „würden dem Kampf der Armee“ im Gazastreifen schaden, hieß es in einer Erklärung.

Massenbewegung ist wieder da

Regierungschef Netanjahu steht derzeit unter erheblichem politischem Druck. In den vergangenen Tagen waren Abend für Abend mehrere Tausend Menschen in Tel Aviv und Jerusalem für seinen Rücktritt auf die Straße gegangen. Erstmals schlossen sich bei den Protesten Regierungsgegner und Angehörige der von der Hamas und anderen Islamisten in den Gazastreifen verschleppten Geiseln zusammen.

Vor dem Angriff der Hamas gingen Woche für Woche fast eine halbe Million Menschen auf die Straße, das Land war gespalten. Sie demonstrierten gegen einen Regierungsplan, der den Obersten Gerichtshof des Landes in seiner Macht schwächen würde.

Nun sind die Demonstranten mehr und mehr zurück. Auch die Forderung nach Neuwahlen zeigt, dass Netanjahu stark in der Kritik steht und sein Amt verlassen muss. Likud, Netanjahus Partei, lehnt die Forderungen der Demonstranten ab. Nur noch 32 Prozent der Israelis befürworten laut einer Umfrage des Israel Democracy Institute Netanjahus Verhalten seit dem 7. Oktober, dem Tag des Überfalls der Hamas. Die nächsten offiziellen Wahlen sind für Oktober 2026 geplant.

Jüngsten Umfragen zufolge läge Gantz‘ zentristische Partei bei Neuwahlen deutlich vor Netanjahus Likud. Die Beliebtheitswerte des Regierungschefs sind seit dem Hamas-Großangriff deutlich gesunken.

In den USA begrüßte Chuck Schumer, Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Gantz‘ Aufruf. „Wenn ein prominentes Mitglied des israelischen Kriegskabinetts zu vorgezogenen Wahlen aufruft und 70 Prozent der israelischen Bevölkerung dies laut einer großen Umfrage befürworten, weiß man, dass es das Richtige ist“, schrieb Schumer im Online-Dienst X. (afp/dpa/red)

 



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