Scholz findet EU-Zölle für russisches Getreide „richtig“
Als Zugeständnis an die Ukraine will die Europäische Union Zölle auf Getreideimporte aus Russland verhängen. „Die abschreckend hohen Zölle werden die Einfuhr dieser Produkte unrentabel machen“, sagte EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis am Freitag in Brüssel. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte das Vorhaben „richtig“ und signalisierte damit die Zustimmung Deutschlands.
Im Visier sind Getreide und Getreideprodukte aus Russland und dem verbündeten Nachbarstaat Belarus sowie Ölsaaten wie Raps. Diese konnten bislang weitgehend zollfrei in die EU eingeführt werden. Je nach Produkt können künftig bis zu 95 Euro pro Tonne anfallen, das entspreche einem Aufschlag von etwa 50 Prozent, erklärte die Kommission.
Ausnahmen für Produkte, die nach Afrika oder Asien weiterverkauft werden
Ausnahmen sollen für Produkte gelten, die in Drittländer weiterverkauft werden, etwa in Afrika oder Asien. Damit will die EU dem Eindruck entgegenwirken, sie erzeuge Hunger im sogenannten globalen Süden.
Kanzler Scholz sagte zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel, dass er es „richtig finde, dass wir uns über Zölle auf Getreideprodukte aus Russland Gedanken machen“. Der Vorschlag bedarf nach Kommissionsangaben einer qualifizierten Mehrheit bei den Mitgliedsländern – also mindestens 15 Staaten, die für 65 Prozent der Bürger stehen.
Russland: „Verbraucher in Europa werden leiden“
Moskau reagierte mit einer Drohung. Wenn die EU Strafzölle für russisches Getreide beschließe, dann würden „die Verbraucher in Europa leiden“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte der EU vorgeworfen, weiterhin russische Agrarprodukte zu importieren. „Während ukrainisches Getreide auf die Straße geworfen wird, können russische und belarussische Produkte ungehindert nach Europa gelangen. Das ist ungerecht“, sagte Selenskyj mit Blick auf die Bauernproteste, unter anderem in Polen.
Im vergangenen Jahr sei der Getreide-Import aus Russland „erheblich angestiegen“, erklärte Dombrovskis. Die neuen Zölle trügen dazu bei, „eine wichtige Finanzquelle trockenzulegen, die Russland zur Finanzierung seines Angriffskriegs nutzt“.
Von der Leyen: Russland „destabilisiert“ EU-Markt
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warf Moskau vor, den EU-Markt zu „destabilisieren“. Die russische Getreideproduktion war zuletzt massiv angestiegen. Dies führte zu einem Rückgang der Getreidepreise, die wegen des Ukraine-Kriegs zunächst stark gestiegen waren.
Insgesamt machen die russischen Getreideimporte in die EU allerdings nur einen kleinen Teil aus. Nach EU-Angaben wurden 2023 etwa 4,2 Millionen Tonnen Getreide und Ölsamen aus Russland importiert. Das entspricht einem Prozent des europäischen Gesamtmarkts, Importe und Eigenproduktion zusammengerechnet.
Um die Bauernproteste zu beenden, forderte Scholz darüber hinaus „sehr weitreichende Vorschläge“ der EU-Kommission zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Diese sollten möglichst bereits vor den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni kommen, sagte er.
Die EU müsse ihr gesamtes Förder- und Regulierungssystem modernisieren – ohne aber den Schutz der Umwelt und der Biodiversität zu vernachlässigen, betonte der Kanzler.
Die Kommission hatte bereits vergangene Woche eine Reihe von Zugeständnissen an Landwirte angekündigt. So soll die Pflicht zur Flächenstilllegung zum Naturschutz ganz entfallen; bei kleinen Höfen unter zehn Hektar soll nicht mehr kontrolliert werden, ob sie die Umweltauflagen tatsächlich einhalten. (afp)
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