Mehr Mitspracherechte für Indigene: Verfassungsänderung in Australien gescheitert

In Australien ist ein historisches Referendum über mehr Mitspracherechte der indigenen Bevölkerung gescheitert. Premierminister Anthony Albanese reagierte enttäuscht und rief zugleich zur Versöhnung auf.
Premierminister Anthony Albanese nennt das  «Voice»-Referendum «eine von den ersten Australiern an jeden Australier ausgestreckte Hand der Freundschaft, die nur darum bittet, dass sie im Geiste der Versöhnung ergriffen wird».
Premierminister Anthony Albanese nannte das Voice-Referendum „eine von den ersten Australiern an jeden Australier ausgestreckte Hand der Freundschaft, die nur darum bittet, dass sie im Geiste der Versöhnung ergriffen wird“.Foto: Dean Lewins/AAP/dpa
Epoch Times14. Oktober 2023

Nach Auszählung der Stimmen aus 88 Prozent der Wahllokale lehnten etwa 59 Prozent der Teilnehmer die Verfassungsreform ab, die ein Recht der indigenen Australier verankern sollte, bei Gesetzen angehört zu werden. Premierminister Anthony Albanese, der für die Reform geworben hatte, reagierte enttäuscht und rief zugleich alle Bürger zur „Versöhnung“ auf.

Albanese hatte vorab einen emotionalen Appell an die Bürger gerichtet und sie aufgefordert, in dem Referendum einen Fehler der Geschichte zu korrigieren. Bei der Abstimmung gehe es darum, „wie wir uns als Nation sehen, aber es geht auch darum, wie die Welt uns sieht“, sagte der Premier. Die Ablehnung der Reform bezeichnete Albanese als „große Last“, die für die indigene Bevölkerung „schwer zu ertragen“ sei.

Die Australier müssten nun im „Geist der Einheit und der Heilung“ zusammenfinden, warb Albanese. „Von morgen an schreiben wir das nächste Kapitel der großartigen australischen Geschichte weiter“, sagte der Labor-Regierungschef. „Und Versöhnung muss Teil dieses Kapitels sein.“

Die Ministerin für Indigene, Linda Burney, die als erste Aborigine-Frau in das australische Abgeordnetenhaus eingezogen war, sprach von einem „Tag der Traurigkeit“. Der Leiter der Kampagne für die Reform, Dean Parkin, erklärte, es sei „ein schwieriges Ergebnis“ und seine Mitstreiter und er würden auf ihr Anliegen „zurückkommen“.

Ziel der Reform war ein in der Verfassung verankertes Recht für indigene Australier, bei Gesetzen angehört zu werden, die sie betreffen. Die Abstimmung war für die 17,7 Millionen Wähler im Land Pflicht. Vorab hatte sich in Umfragen bereits abgezeichnet, dass das Vorhaben keine Mehrheit finden würde.

Die Gegner der Reform, zu denen auch die konservative Opposition zählt, warnten vor besonderen Privilegien für die Ureinwohner. Die Auseinandersetzung über die Verfassungsreform wurde erbittert geführt, es gab wiederholt rassistische Äußerungen gegen die indigen Aborigines und Torres-Strait-Insulaner. Auch Falschinformationen wurden verbreitet, etwa, dass die Verfassungsänderung Enteignungen nach sich ziehen werde.

Der konservative Oppositionschef Peter Dutton erklärte, das Scheitern des Referendums sei „gut für unser Land“. Es sei „eine schlechte Idee“ gewesen, „die Australier zu spalten auf Grundlage ihres Erbes oder der Zeit, zu der sie in unser Land gekommen sind“.

Der Indigenen-Führer Thomas Mayo forderte Konsequenzen für spalterische und irreführende Äußerungen der Reformgegner. „Sie haben das australische Volk belogen“, erklärte er. „Diese Unehrlichkeit sollte in unserer Demokratie vom australischen Volk nicht vergessen werden.“

Die australischen Ureinwohner, die als Aborigines und Torres-Strait-Insulaner bezeichnet werden, hatten den australischen Kontinent vor schätzungsweise mindestens 60.000 Jahren besiedelt. Nach der Ankunft der ersten britischen Siedler im späten 18. Jahrhundert wurden sie unterdrückt und diskriminiert. Bis heute haben sie eine niedrigere Lebenserwartung als ihre nicht-indigenen Landsleute, sind schlechter ausgebildet und sterben häufiger als Weiße im Polizeigewahrsam.

yb/cp



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