Vorratsdatenspeicherung soll weiterhin nur in Bedrohungslagen zulässig sein
Eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung soll in der EU weiterhin nur in akuten Bedrohungslagen zulässig sein. Dem würden die Regelungen in Deutschland weiterhin nicht gerecht, erklärte am Donnerstag ein richterlicher Rechtsgutachter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Ein abschließendes Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. Deutschland legte bis dahin die Vorratsspeicherung auf Eis. (Az: C-793/19 und C-794/19)
Der EuGH hatte bereits 2014 die bis dahin geltenden deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung als unzulässig verworfen. Sie seien nicht mit der EU-Grundrechtecharta vereinbar, insbesondere mit dem Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und dem Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten.
2016 und 2020 bekräftigte der EuGH nochmals, dass die Vorratsdatenspeicherung ein „schwerwiegender Eingriff“ in die Grundrechte ist. Sie sei daher nur in schweren Bedrohungslagen zulässig.
In mehreren EU-Ländern führte diese Rechtsprechung zu Besorgnis. Staaten wie Frankreich, Belgien und Großbritannien sahen sich dadurch eines wichtigen Instruments zur „Bekämpfung schwerer Kriminalität und des Terrorismus“ beraubt. Deutschland änderte unterdessen das Telekommunikationsgesetz. Insbesondere wurden die Dauer der Speicherung weiter beschränkt und die Zugriffsrechte konkretisiert.
Dennoch klagten die Telekommunikationsanbieter SpaceNet und Telekom gegen die Speicherpflicht. Nach Erfolgen vor dem Verwaltungsgericht Köln rief das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den EuGH an. Bis zu einem abschließenden Urteil des EuGH liegt die Vorratsspeicherung in Deutschland daher auf Eis.
In Luxemburg erkannte der sogenannte Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona die deutschen Bemühungen, die EuGH-Rechtsprechung umzusetzen, zwar an. Dennoch sehe auch die Neuregelung eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung zahlreicher Verkehrs- und Standortdaten vor.
Die nun vorgesehene stärkere zeitliche Begrenzung heile diesen Mangel nicht. Abgesehen von einer Bedrohungslage für die nationale Sicherheit sei die Vorratsdatenspeicherung nur selektiv zulässig, also konkret für bestimmte Personen oder Anschlüsse.
Ähnlich äußerte sich Campos Sánchez-Bordona zur Vorratsspeicherung in Irland mit dem Ziel der Bekämpfung schwerer Kriminalität sowie in Frankreich zwecks Bekämpfung von Insiderhandel. Für sein abschließendes Urteil ist der EuGH daran nicht gebunden, er folgt den Rechtsgutachten der Generalanwälte aber in den meisten Fällen. (afp/dl)
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