Zahl der HIV-Neuinfektionen 2019 leicht gestiegen
Im vergangenen Jahr haben sich laut Robert Koch-Institut (RKI) in Deutschland etwas mehr Menschen mit HIV angesteckt als 2018.
Nach einer Schätzung liegt die Zahl der Neuinfektionen bei 2.600 und damit um 100 Fälle höher als im Jahr zuvor. Das geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten RKI-Bericht hervor. „Im Zeitraum zwischen 2015 und 2018 war die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland rückläufig. Dieser Rückgang hat sich nicht weiter fortgesetzt“, schreiben die Autoren.
Die Zahlen werden jährlich neu errechnet, da HIV oftmals erst Jahre nach der Ansteckung diagnostiziert wird. Sie sind nicht zu verwechseln mit den gemeldeten Neudiagnosen. RKI-Präsident Lothar Wieler erklärte, der leichte Anstieg zeige, dass weitere Anstrengungen nötig seien, insbesondere um die Testangebote zu verbessern und den Zugang zur Therapie zu gewährleisten.
Bei der Hauptbetroffenengruppe, homo- und bisexuellen Männern, sank die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen Jahren deutlich – für 2018/19 geht das RKI von einer Stagnation aus. Anstiege auf niedrigem Niveau werden bei Übertragungen auf heterosexuellem Weg und bei Drogenkonsumenten über Spritzbesteck gesehen.
90.700 HIV-Infizierte Ende 2019 in Deutschland
Insgesamt wird davon ausgegangen, dass rund 90.700 HIV-Infizierte Ende 2019 in Deutschland lebten, davon etwa 10.800 ohne davon zu wissen. Geschätzt gibt es demnach in Deutschland 3100 Menschen, die trotz HIV-Diagnose derzeit nicht behandelt werden. Bei den 96 Prozent der HIV-Infizierten, die eine antiretrovirale Therapie erhalten, ist dies laut RKI fast immer erfolgreich – so dass sie nicht mehr ansteckend seien.
Rund ein Drittel der Diagnosen wurde laut Bericht erst gestellt, als die Betroffenen bereits einen fortgeschrittenen Immundefekt hatten, in etwa 15 Prozent erst mit dem Vollbild von Aids. Nach der Schätzung gab es 2019 380 Todesfälle bei Infizierten und knapp 30.000 seit Beginn der HIV-Epidemie.
Aidshilfe: „Die Stagnation bei den Spätdiagnosen ist tragisch“
„Die Stagnation bei den Spätdiagnosen ist tragisch“, erklärte Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe. Die Anstrengungen in dem Bereich müssten dringend verstärkt werden, etwa durch Fortbildungen für Ärzte, die HIV als Krankheitsursache oft nicht in Betracht zögen.
Generelles Fazit der Aidshilfe ist, dass die Zahlen nicht zufriedenstellen könnten. Sie warnte auch vor Rückschritten durch die Corona-Pandemie: Anonyme Testangebote seien wegen der überlasteten Gesundheitsämter vielerorts stark eingeschränkt.
Die Frage nach dem Einfluss der seit einigen Jahren zunehmend verbreiteten HIV-Vorbeugung mit Medikamenten lässt sich laut RKI-Bericht noch nicht eindeutig beantworten. Drastische Rückgänge von HIV-Neuinfektionen unter homo-und bisexuellen Männern, wie sie etwa in San Francisco und London beschrieben worden seien, seien „bislang landesweit in Deutschland nicht zu beobachten“. (dpa)
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