Sind geheilte Corona-Patienten immun oder können sie sich erneut anstecken?
"Wir können unsere Schlüsse nur aus unseren Erkenntnissen über andere Coronaviren ziehen, und selbst bei ihnen sind unsere Daten begrenzt", sagt Mike Ryan, Nothilfedirektor der Weltgesundheitsorganisation.

Ein Junge und sein Teddy in Quarantäne.
Foto: iStock
Meldungen aus Asien haben in den vergangenen Tagen für Aufsehen gesorgt, wonach bereits geheilte Patienten erneut positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Ist es möglich, dass sie doch nicht immun waren? Kann man sich zweimal mit dem Virus anstecken? Bislang gibt es darauf keine eindeutige Antwort.
Epidemiologen hoffen aber, dass ein infizierter Patient nach seiner Genesung zumindest für einige Monate immun ist. „Immun zu sein bedeutet, dass der Körper eine Abwehrreaktion gegen ein Virus entwickelt hat. Und weil diese Immunreaktion ein ‚Gedächtnis‘ hat, heißt das, dass sie auch später eine Infizierung mit demselben Virus verhindert“, erläutert der Immunologe Eric Vivier von der Uniklinik in Marseille.
Im Allgemeinen dauert es bei RNA-Viren, zu denen neben den neueren Grippe-Erregern auch das Sars-CoV-2 zählt, rund drei Wochen bis zur Bildung von genügend schützenden Antikörpern, sagt Vivier. Erfahrungsgemäß hält dieser Schutz dann mehrere Monate.
Soweit lautet die Theorie – doch das neuartige Sars-CoV-2 ist einfach noch zu unerforscht, um sich da sicher zu sein. „Wir wissen es nicht“, sagt WHO-Nothilfedirektor Mike Ryan. „Wir können unsere Schlüsse nur aus unseren Erkenntnissen über andere Coronaviren ziehen, und selbst bei ihnen sind unsere Daten begrenzt.“
Als während der Sars-Epidemie vom November 2003 bis Sommer 2003 weltweit fast 800 Menschen starben, waren die Patienten nach ihrer Genesung „im Durchschnitt zwei bis drei Jahre geschützt“, erläutert der Experte François Balloux vom Londoner University College. „Man kann sich also wieder anstecken, die Frage ist jedoch: nach welcher Zeit?“ Er fügt hinzu: „Das werden wir erst hinterher wissen.“
Eine aktuelle chinesische Studie mit Rhesusaffen macht Hoffnung: Demnach zeigten sich die mit dem Virus infizierten Tiere einige Wochen nach ihrer Genesung resistent. Nach den Worten von Frédéric Tangyn vom Pariser Forschungszentrum Institut Pasteur sagt die Studie aber noch nichts über den Zeitraum einer Immunität aus – denn sie habe nur einen Monat gedauert.
Den Berichten aus Asien, wonach sich Corona-Patienten ein zweites Mal ansteckten, begegnen viele Experten allerdings mit Skepsis. Sie halten es für eher unwahrscheinlich, dass es sich tatsächlich um eine erneute Ansteckung handelt.
Balloux zufolge könnte das Virus bei manchen Menschen chronisch werden wie etwa der Herpes-Erreger. Oder die negativen Testergebnisse seien fehlerhaft gewesen, und in Wirklichkeit seien die Patienten das Virus nie losgeworden: „Das würde darauf hindeuten, dass die Menschen über längere Zeit, mehrere Wochen, ansteckend bleiben“, sagt er. „Das wäre nicht gerade ideal.“
Eine Anfang April veröffentlichte Studie mit 175 geheilten Patienten aus Shanghai zeigt, dass die meisten von ihnen zwischen zehn und 15 Tagen nach Ausbruch der von dem Virus verursachten Lungenkrankheit Covid-19 Antikörper in unterschiedlicher Konzentration entwickelt hatten. Ob aber allein „das Vorhandensein von Antikörpern mit Immunität gleichgesetzt werden kann, ist eine andere Frage“, warnt die US-Expertin bei der WHO, Maria Van Kerkhove. (afp)
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