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Intensivmediziner: Auch viele jüngere Männer erkranken schwer – Boris Johnson ist so ein Fall

Der Intensivmediziner, Uwe Janssens, hat in Krankenhäusern bereits viele unterschiedliche Krankheitsverläufe von Corona-Patienten miterlebt. Nicht immer nur sind Alte und Kranke betroffen. Auch viele jüngere Menschen müssten auf die Intensivstation, bei denen man es gar nicht erwarten würde.

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Medizinisches Personal in einer Klinik in Aachen am 9. April 2020.

Foto: Sascha Schuermann/Getty Images)

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Lesedauer: 4 Min.

Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, hat bereits viele Krankenverläufe von Corona-Patienten mitverfolgt. In einem Interview mit der Welt berichtet er von typischen Verläufen von Corona-Infektionen.
„Viele Patienten, die wir sehen, kommen damit bestens zurecht“, sagte der Professor. Aber es gebe auch andere, die nicht so gut damit fertig würden.
„Wir sehen auf den Intensivstationen nicht nur die Schwerkranken und älteren Patienten mit vielen Begleiterkrankungen, sondern auch Jüngere, vor allem Männer, wo wir nie vermuten würden, dass sie [die Krankheit] so einen schweren Verlauf nehmen würde“, sagte Janssens. Aber grundsätzlich gelte, dass die Heilungschancen bei jüngeren Menschen besser sind.
„Der Körper bildet ja Abwehrstoffe und versucht diesen Virus, der erstmal in uns hereinkommt, abzuwehren“, so der Mediziner weiter. Das Heimtückische am Virus sei jedoch, dass er in die Lungenzellen eindringt, sich dort versteckt und vermehrt, bis er zur schweren Erkrankung führt. Der Körper würde dann versuchen, sich gegen das Virus zu wehren.
In einem Fall gelänge es dem Körper, den Virus abzufangen, bevor er zerstörerisch wirkt. In anderen Fällen kann „es in der Lunge doch zu ziemlichen Veränderungen bis hin zu einem schweren Lungenversagen“ kommen, so Janssens weiter. Genau könne man das derzeit nicht vorhersagen, das sei derzeit Gegenstand vieler nationaler und internationaler Forschungsprojekte.
Der britische Premier Boris Johnson sei nach Janssens ein Beispiel für einen verhältnismäßig noch jungen Mann: „Über Tage hohes Fieber… Er nimmt einen Verlauf, den man ihm nicht wünscht. Mir tut das sehr leid, dass er so schwer erkrankt ist“, sagte der Mediziner.

Intensivregister zur verbesserten Versorgung von Notfallpatienten

Seit einigen Wochen arbeitet Janssens mit Kollegen der Berliner Charité und aus Köln daran, ein tagesaktuelles Intensivregister auszubauen.
In diesem wird die Anzahl aller Intensivbetten in ganz Deutschland dokumentiert, um sich landesweit auf den Höhepunkt der Corona-Pandemie vorzubereiten.
Ziel des Registers ist es, Kliniken einen Überblick über freie Kapazitäten in ganz Deutschland zu verschaffen, damit künftig Patienten in Krankenhäuser in andere Bundesländer überführt werden können, wenn die eigene Belastungsgrenze bereits erreicht ist.
Bislang funktioniere das Verlegen von Patienten innerhalb der einzelnen Bundesländer bereits sehr gut, sagte der Mediziner gegenüber der Zeitung. Allerdings sei das in Gesamtdeutschland noch nicht der Fall.
Aktuell sind bereits 80 Prozent der Kliniken in Deutschland erfasst, die tagesaktuell ihren Bettenstand dokumentieren. Unterteilt wird dabei in Intensivbetten mit und ohne Beatmungsgerät.
Weiterhin wird derzeit an einer übergeordneten Koordination gearbeitet, um die Versorgung und den Transport der Patienten sicherzustellen. Dazu wurde bereits das Bundesgesundheitsamt eingeschaltet.
Bereits vor einigen Tagen kritisierte Janssens, dass die deutsche Politik nicht rechtzeitig genug auf die Ausbreitung des neuartigen Virus reagiert habe. Die Corona-Krise in Deutschland sei schon im Januar „absolut vorhersehbar“ gewesen: „Die Regierungen in Bund und Ländern hätten die klaren Signale früher wahrnehmen müssen, um dann entsprechende Maßnahmen einzuleiten.“
Grundsätzlich stimmt Janssens jedoch den Maßnahmen der Regierung zu. Die Kontaktsperren hätten aus seiner Sicht dazu beigetragen, dass sich die Anstiegsrate der Fallzahlen verlangsame. Das sei auch für ihn als Mediziner spürbar.
Generell schließt er sich der Meinung von Bundeskanzlerin Merkel an: Zum derzeitigen Zeitpunkt müsse man erst nochmal abwarten, bevor man über Lockerungen nachdenkt. Aber grundsätzlich gehe er davon aus, dass es Ende April oder Anfang Mai die Lockerungen geben wird. (afp/nh/sua)

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