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Bislang wenig wissenschaftliche Fakten

Forschung zu veganer Ernährung: Fleischverzicht, Fleischersatz und Fitness

Immer mehr Menschen verzichten ganz oder teilweise auf Fleisch. Unklar ist, wie sich das auf die Gesundheit auswirkt. Eine große Studie will das untersuchen – und ist offen für Überraschungen.

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Lea Böckstiegel ist Probandin bei der bislang größten Studie zu pflanzenbasierter Ernährung im deutschsprachigen Raum.

Foto: Uli Deck/dpa

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Lesedauer: 6 Min.

Beide Beine auf dem Boden, nicht am Stuhl anlehnen, den Arm anwinkeln und dann kräftig mit der Hand zudrücken. So sehr, dass es zittert. Lea Böckstiegel hält ein Hand-Dynamometer, das die Griffstärke misst – ein Indikator für die gesamte Muskelstärke.
Sie ist Probandin bei der bislang größten Studie zu pflanzenbasierter Ernährung im deutschsprachigen Raum. Seit etwa vier Jahren lebt Böckstiegel vegetarisch, verzichtet auf Fleisch und Fisch. Und will nun viel über ihr Leben, ihre Gesundheit und Essgewohnheiten preisgeben: umfassend und grammgenau. „Ich wollte schon immer an so einer Studie teilnehmen.“
Das kommt nicht von ungefähr: Böckstiegel arbeitet am Max Rubner-Institut (MRI), dem Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe. Es ist eines von acht Forschungszentren der sogenannten Coplant-Studie. Das sei aber nicht der Grund für die Teilnahme, sagt Böckstiegel: „Ich finde den Inhalt der Studie spannend.“
Die Forscher wollen herausfinden, welche Auswirkungen die Ernährung auf Gesundheit und Fitness hat. Teilnehmer erfahren natürlich die Details: Ist der rechte Arm kräftiger als der linke? Wie sieht das große Blutbild aus – auch im Vergleich zu Referenzwerten? „Solche Laborwerte kriegt man sonst nur vom Arzt“, sagt Böckstiegel.

Wenig wissenschaftliche Fakten

„Wer sich vorwiegend pflanzlich ernährt, hat ein geringeres Risiko für viele chronische Erkrankungen. Ob dies auch für eine vegane Kost gilt, ist bisher nicht ausreichend untersucht“, sagt Benedikt Merz, Leiter der Coplant-Studie am MRI. Bei größeren Querschnittsstudien seien Veganer oft nicht eingeschlossen gewesen.
„Außerdem stehen wir mit der leichten Verfügbarkeit von hochverarbeiteten pflanzlichen Ersatzprodukten vor einer ganz neuen Situation.“ Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat im Zuge einer Studie zum 14. DGE-Ernährungsbericht festgestellt, dass es weiteren Forschungsbedarf gibt.

Frauen und unter 30-Jährige beim Fleischverzicht führend

Etwa vier von zehn Menschen bezeichnen sich laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels aus dem vergangenen Jahr als Flexitarier, schränken also ihren Fleischkonsum bewusst ein.
Neun Prozent der Bevölkerung ernähren sich demnach vegetarisch, verzichten also auf Fleisch und Fisch, aber nicht auf Eier oder Milch und daraus hergestellte Produkte. Drei Prozent leben vegan, essen also gar keine tierischen Produkte. Besonders ausgeprägt ist der Verzicht auf Fleisch bei Frauen und den unter 30-Jährigen, wie aus der Befragung hervorgeht.
Der Fleischverzehr in Deutschland ist nach vorläufigen Zahlen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vergangenes Jahr auf 51,6 Kilogramm pro Kopf gesunken. Zehn Jahre zuvor waren es noch 61,6 Kilogramm.
Auf der anderen Seite ist das Angebot an Fleischersatzprodukten, Pflanzendrinks und anderen veganen Lebensmitteln so groß wie nie. Wie sich deren Verzehr langfristig auf den Körper auswirkt, was im Stoffwechsel passiert, wenn nur noch bestimmte oder ausschließlich pflanzliche Lebensmittel gegessen werden, und welche Ernährungsweise am gesündesten und nachhaltigsten ist, wollen die Forscher mit der Coplant-Studie herausfinden.
Für einzelne Inhaltsstoffe der Ersatzprodukte etwa kenne man zwar die Auswirkungen, sagt Merz am MRI. Aber im Zusammenspiel und auf Dauer sei die Sache komplexer.

6.000 Teilnehmer gesucht

Koordiniert vom Bundesinstitut für Risikobewertung sollen bis 2027 insgesamt 6.000 Probanden im Alter von 18 und 69 Jahren für die Studie gefunden werden, die sich vegan, vegetarisch, pescetarisch (Fisch, aber kein Fleisch) oder gemischt ernähren. In Karlsruhe wollen die Forscher auch Schwangere, Stillende und Kinder einbeziehen.
Erwachsene erwarten zwei mehrstündige Untersuchungen inklusive etwa Blutabnahme, Messung der Knochendichte, Urin- und Speichelprobe. Unter anderem geht es um die Aufnahme von Nährstoffen, Schwermetallen und Schimmelpilzgiften sowie eine Analyse des Mikrobioms im Darm. Zudem müssen sie über eine App wenige Tage detailliert Daten zur Ernährung erheben. Dazu gehört etwa anzugeben, ob rohe oder gekochte Möhren auf den Tisch kommen, und per Küchenwaage zu messen, wie viel Gramm Apfel ins Müsli geschnippelt werden.
Merz geht davon aus, dass Studienteilnehmer im Laufe der zwei Jahrzehnte, während derer sie alle paar Jahre befragt und untersucht werden sollen, auch mal ihre Ernährungsweise wechseln. „Die Realität ist, dass man Ernährungsformen ändert.“
Für die Wissenschaft sei das kein Problem – denn auch daraus ließen sich Erkenntnisse gewinnen. Dass Thesen und ältere Fakten überworfen werden, gehöre ebenso dazu: So hätten Vorstudien gezeigt, dass ein Mangel an Vitamin B12 bei Veganern kein großes Thema mehr sei, sagt Merz. Viele wüssten von der Problematik und nähmen Nahrungsergänzungsmittel.
Dass fleischfreie Ernährung im Jahr 2024 immer noch ein Diskussionsthema ist, erlebt Probandin Böckstiegel, wenn sie nach Hause kommt: „Meine Oma fragt dann, was sie jetzt bloß zu Essen machen soll.“ Beim Grillen sei ihre Familie so offen, dass sie nicht nur fleischfreie Würstchen-Varianten auf den Rost legt – sondern auch selbst mal probiert. (dpa/red)

Kommentare

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Rosmarie Zähringervor 10 Monaten

Die Frage ist, wer diese Studie bezahlt? Ich fürchte, dass hier ein bestimmtes Ergebnis erzielt werden soll!

Ich bin 68 und lebe seit über 23 Jahren vegetarisch, bzw. seit 17 Jahren vegan. Anfänglich mit vielen Fehlern, denn es ist nicht damit getan die tierischen Produkte wegzulassen, vielmehr kommt es darauf an, was man stattdessen isst! Vor allem ist es wichtig zu wissen, auf welche Nährstoffe es ankommt! Mein Motto lautet: Je naturbelassener, je besser - natürlich in Bioqualität und bevorzugt regionale Lebensmittel. Durch meine optimierte Ernährung konnte ich sogar die jahrzehntelange Einnahme von Schilddrüsenhormone absetzen und nehme keinerlei Medikamente. Übrigens: B12 benötigen die Fleischesser nur deshalb nicht extra, weil die Tiere dies mit dem Futter verabreicht bekommen.

Gabriele Reitervor 10 Monaten

Gehört diese Gruppe zu denen, die vor kurzem geschrieben haben, man könne den Eiweißbedarf problemlos über Pflanzen decken.

Die kennen weder den Grundbedarf des Menschen, noch den Begriff "biologische Wertigkeit" von Eiweiss. Ich hatte dieses Institut angeschrieben .... und natürlich keine Antwort erhalten ....

warum auch. Es reicht ja, wenn ich Steuern bezahle, mit denen das dann finanziert wird. Da muss man doch als Elite-Arzt nicht auf Sachfragen aus dem Volk antworten.

Nur mal so als grobe Rechenidee:

Eiweißbedarf für biologische hochwertiges Eiweiß in der Nahrung beim Menschen pro Tag: ca. 0,8-1 g/kg Körpergewicht .

Eiweißgehalt hochwertig bei Rindfleisch ca 35 %. Noch besser sind Eier. Auch Milchprodukte liefern biologische hochwertiges Eiweiß.

Ein Mensch mit 100 kg braucht also rund 250 - 300 g Rindfleisch pro Tag oder 3 mittelgroße Eier.

Eiweißgehalt bei Erbsen 5%, Kartoffeln 2 % , Karotten 0,9 %.

Man müsste alternativ zu 250 g Rindfleisch also ca. 1,8 kg Erbsen oder über 3 kg Kartoffeln essen - mal ganz abgesehen, dass dieses Eiweiß nur eine geringe biologische Wertigkeit hat.

(biologische Wertigkeit siehe https://www.akademie-sport-gesundheit.de/magazin/biologische-wertigkeit.html)

Ohne Laborkontrollen auf Ernährungsmängel und entsprechende Nahrungsergänzungsmittel ist, meines Erachtens, eine gesunde vegane Ernährung nicht möglich, und auch bei Laktoveganern etc wird es knapp. Das betrifft meiner Erfahrung nach, nicht nur B12 - sondern so ziemlich alles, was wir in der Großstadt aus der industriellen Lebensmittelproduktion an sogenanntem "frischen Obst und Gemüse" so aufgetischt bekommen.

Unreif geerntet, unter Gas aufbewahrt, lange transportiert und gelagert.

Deutschland ist ein Kartoffel-Anbauland (die brauchen reichlich Wasser). Viele Discounter importieren Kartoffeln aus Israel und Ägypten (Länder mit nur wenig Wasser, langer Transport, lange Lagerung). Wie billig muss das Zeug produziert werden, wenn der Preis noch unter dem heimischen Anbau liegt.

Gabriele Reitervor 10 Monaten

Ich gehe mal davon aus, dass diese Studie das Wunschergebnis liefern wird.

Interessant wäre: zu welchem Finanzkreis gehören die Forscher ?

Vermutlich kommt das Ergebnis auch lange nach der erzwungenen Ernährungsumstellung der Bevölkerung - weg vom eigenen Garten und dem Apfelbaum am Straßenrand, hin zu noch mehr Industrie-Fr....