Den Herdentrieb in die richtige Richtung lenken: Freundlichkeit statt Hamstern
Der menschliche Drang, sich dem Verhalten einer Gruppe anzupassen, wird in der Psychologie Herdentrieb oder Gruppendynamik genannt. Der Hintergrund liegt in der Überlegung, dass etwas, was viele Personen machen, irgendwie begründet sein muss. Daher neigt man dazu es nachzumachen, ohne selbst klar darüber nachzudenken. Der Epidemiologe Dr. Howick erklärt die Auswirkungen und positiven Aspekte des Herdentriebs in Zeiten der Corona-Pandemie.
Herdentrieb und Toilettenpapier
Immer wieder sieht man Fotos von leergeräumten Geschäften und leeren Toilettenpapier-Regale. Dieser Anblick kann dazu führen, dass man selbst Vorräte aufstockt. Während es in der jetzigen Zeit durchaus Sinn macht, nicht jeden Tag für kleine Mengen einkaufen zu gehen, sind übertriebene Hamsterkäufe (vor allem von Toilettenpapier) weniger sinnvoll.
Toilettenpapier gehört nicht wirklich zur Grundversorgung und außerdem wird man kaum plötzlich einen Jahresvorrat davon in ein paar Wochen verbrauchen. Außerdem ist es rücksichtslos gegenüber den anderen Menschen, die vielleicht auch gerade eine Packung davon kaufen wollten, und nun leer ausgehen.
Der Hintergrund laut Dr. Howick: Der Herdentrieb in Bezug auf Toilettenpapier hat eingesetzt. Man sieht eine große Anzahl Menschen große Mengen davon kaufen und viele denken daher entgegen aller Logik, das Verhalten müsse begründet sein.
Positive Aspekte des Herdentriebs
Herdentrieb oder Gruppendynamik haben allerdings nicht nur negative Seiten. In einem Experiment aus dem Jahr 1907 wollte der Wissenschaftler Sir Francis Galton untersuchen, ob die demokratische Entscheidung einer Gruppe mit einer Expertenmeinung vergleichbar sei. Dabei sollte das Gewicht eines Ochsen geschätzt werden. Es zeigte sich, dass die Gruppe nahezu den exakten Wert herausfand. Damit waren ihre Schätzungen besser als jene der Experten, wie zum Beispiel Metzger.
In dem Buch „Die Weisheit der Vielen“ werden weitere Fälle erzählt, wie beispielsweise Laien in Gruppen in der Lage waren, Entscheidungen zu treffen um verschwundene U-Boote oder abgestürzte Raketen zu finden.
Auch in der aktuellen Lage gibt es Möglichkeiten den Herdentrieb positiv zu nutzen. Unter anderem für die „Aufrechterhaltung und Vertiefung unserer zwischenmenschlichen Beziehungen“
Dafür müssen wir unser Verhalten umlenken. Und zwar auf eine „ansteckende Freundlichkeit“, schreibt Howick in Psychology Today.
Ansteckende Freundlichkeit
Freundliche Gesten aktivieren ebenfalls den Herdeninstinkt und sind ansteckend. Vorschläge von Howick sind: Jedem, den man im Park oder auf der Straße begegnet, zuzulächeln und zu grüßen. Ganz besonders dann, wenn diejenigen alleine sind.
Ein weiterer Vorschlag ist, Familie und Freunde öfters anrufen und einfach nur zu fragen, ob alles in Ordnung ist. Auch – unter Wahrung des Sicherheitsabstandes – ein ermutigendes Gespräch mit den Nachbarn ist hilfreich.
Das gute an solchen Gesten ist, dass sie sich vermehren. Wenn man sie macht, machen andere sie auch und dadurch wird eine Welle der Freundlichkeit erschaffen, die uns helfen wird, durch diese Situation zu kommen“, so Howick.
Dabei erwähnt der Epidemiologe noch einen weiteren Vorteil des Herdentriebs: Wenn die Menge einen „Herden-Anführer“ sieht, der mit Überzeugung voranschreitet, folgen ihm laut Studien bis zu 95 Prozent der anderen.
Also, wenn Sie niemanden sehen der Freundlichkeit verbreitet: Machen Sie mit Überzeugung den ersten Schritt. Die anderen werden folgen.
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