Bertelsmann-Studie: Viele Heranwachsende erleben heute ihre eigene Schule als unsicheren Ort

Forscher der Universität Frankfurt und die Bertelsmann Stiftung befragten Kinder im Schuljahr 2017/2018 zu ihrer Lage. Hier einige Ergebnisse.
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Jeder dritte Schüler in Hauptschulen, Sekundarschulen und Gesamtschulen hat Angst vor unliebsamen Erlebnissen, Gewalt, Mobbing und Ausgrenzung in der Klasse.Foto: iStock
Epoch Times18. Februar 2019

Für die Studie „Children`s Worlds – Eine Studie zu Bedarfen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ haben Forscher der Universität Frankfurt gemeinsam mit der Bertelsmann-Stiftung im Schuljahr 2017/2018 rund 3.450 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 14 Jahren befragt.

Dabei wuchsen rund 44 Prozent der beteiligten Kinder in einer Familie auf, in der zu Hause Deutsch gesprochen wird, in rund 41 Prozent der Fälle wurden Deutsch und eine andere Sprache gesprochen. Bei den restlichen 15 Prozent wurde hauptsächlich eine andere Sprache als Deutsch gesprochen. Knapp jedes fünfte Kind lebte mit einem alleinerziehenden Elternteil zusammen, ähnlich viele Kinder wuchsen als Einzelkinder auf. Befragt wurden Kinder aller Schulformen.

Hier einige der Ergebnisse: Finanzielle Sorgen?

Der Anteil der 8- bis 14-Jährigen, die sich immer, oft oder manchmal Sorgen über die finanzielle Lage ihrer Familie machen, liegt bei über 50 Prozent, wie eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten. Dabei geht es den meisten der befragten Kinder gut. Für mehr als 96 Prozent gilt: Es gibt genug zu essen, es gibt Platz zum Spielen, in den Wohnungen mindestens ein Badezimmer und mindestens einen Computer in der Familie. Einen ungestörten Arbeitsplatz dagegen haben jedoch nur neun von zehn Kindern, ein eigenes Schlafzimmer nur acht von zehn.

Immerhin 88 Prozent haben schon mal einen Familienurlaub gemacht. Ein Vergleich nach Schultypen zeigt zudem, dass der Anteil der Schüler, die mit ihren Eltern Urlaub gemacht und die ein eigenes Zimmer haben, in der Gruppe der Gymnasiasten überproportional hoch ist – im Gegensatz zu Haupt- und Realschülern, Sekundarschülern und Gesamtschülern.

Wie sehr Eltern bemüht sind, ihren Kindern eine auch materiell sorglose Kindheit zu ermöglichen, zeigt die Frage nach Konsumgütern: Mehr als 95 Prozent der Kinder sagen, sie hätten „etwas Schönes zum Anziehen“, genug Geld für Klassenfahrten, zwei gute Paar Schuhe, ein Fahrrad, einen Roller oder Inline-Skates und alles, was sie für die Schule brauchen. Immerhin 82 Prozent der Kinder besitzen Markenkleidung.

„Auch wenn die finanziellen Ressourcen der Familie wenig Spielraum ermöglichen, scheinen Eltern nicht bei den Bedarfen der Kinder zu sparen“, schreiben die Studienautoren.

Schule wird als unsicherer Ort erlebt – außer in Grundschulen und Gymnasien

Viele Heranwachsende erleben heute ihre eigene Schule als unsicheren Ort: Während immerhin acht von zehn Grundschülern dem Satz „Ich fühle mich sicher in meiner Schule“ zustimmen, ändert sich das nach dem Wechsel zur weiterführenden Schule deutlich.

Allein das Sicherheitsgefühl der Gymnasiasten bleibt etwa so stabil wie das der Grundschüler – Kinder und Jugendliche in anderen Schulformen dagegen fühlen sich deutlich unsicherer.

Jeder dritte Schüler in Hauptschulen, Sekundarschulen und Gesamtschulen plagt sich laut Studie mit Ängsten. Gewalt, Mobbing und Ausgrenzung in der Klasse oder auf dem Schulhof spielen hier eine Rolle – aber auch die Angst, auf dem Weg zur Schule in unangenehme Situationen zu geraten, Gefahren ausgesetzt zu sein.

Alleingelassen?

Mit Sorge schauen die Studienautoren zudem auf diejenigen, die sich zu Hause nicht geliebt und umsorgt fühlen. „In meiner Familie gibt es jemanden, der sich um mich kümmert“ – diesem Satz können immerhin gut fünf Prozent der Achtjährigen nicht zustimmen. Bei den Vierzehnjährigen ist es sogar jeder Zehnte. „Meine Eltern verbringen genug Zeit mit mir“ – diesen Satz verneint ebenfalls immerhin jeder zehnte der befragten Kinder und Jugendlichen.

Bei den Älteren fällt zudem auf: Die Zahl derjenigen, die immer oder zumindest oft das Gefühl haben, alleingelassen zu werden, ist bei den 14-Jährigen mit rund 30 Prozent am größten.

Viele der befragten Kinder und Jugendlichen fühlen sich aber auch mit Blick auf Vertrauenspersonen in der Schule alleingelassen: Während bei den Achtjährigen nur knapp jeder Fünfte zu wenig Hilfe und Fürsorge wahrnimmt, ist es bei den 14-Jährigen bereits jeder Zweite. „Meine Lehrerinnen und Lehrer kümmern sich um mich und helfen mir, wenn ich Probleme habe“ – ganz fraglos stimmen diesem Satz bei den älteren Kindern nur noch knapp 17 Prozent zu.

Die Autoren beklagen, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland nicht regelmäßig befragt und an politischen Entscheidungen beteiligt würden. Notwendig sei daher eine neue, umfassende und repräsentative Erhebung der Bedarfe von Kindern und Jugendlichen. (dts)



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