Argentinien: Schuldenkrise durch Corona-Krise zusätzlich verstärkt – Staatspleite droht
Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas muss mal wieder ihre Schulden restrukturieren. Argentinien steckt seit Jahren in der Rezession, die Corona-Krise verstärkt die Krise noch. Nehmen die Gläubiger das Angebot nicht an, droht die nächste Staatspleite.

Argentinien befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise.
Foto: Esteban Collazo/Presidencia Argentina/dpa/dpa
Wegen der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise schlägt die argentinische Regierung ihren privaten Gläubigern einen Schuldenschnitt vor. Die Zinszahlungen sollen um 37,9 Milliarden US-Dollar oder 62 Prozent gesenkt werden, wie Wirtschaftsminister Martín Guzmán sagte.
Die Schuldenlast selbst soll um 3,6 Milliarden Dollar oder 5,4 Prozent gekürzt werden. Insgesamt will Argentinien Kredite in Höhe von 68 Milliarden Dollar restrukturieren und hat den privaten Gläubigern nun ein Angebot für eine Umschuldung unterbreitet.
„Es ist klar, dass Argentinien im Moment gar nichts bezahlen kann“, sagte Guzmán. Sowohl Rück- als auch Zinszahlungen sollen deshalb drei Jahre lang gestundet werden. Ab 2023 will die Regierung dann die Zinszahlungen wieder aufnehmen und Schritt für Schritt erhöhen.
Gläubiger rechneten mit schlechterem Angebot
Das Angebot sei weniger aggressiv als erwartet, hieß es aus Finanzkreisen. Die Gläubiger – darunter große Investmentfonds wie Blackrock und Pimco – haben nun 20 Tage Zeit, mit der argentinischen Regierung die Details auszuhandeln. Damit die Regelung greift, müssen die Eigner von 66 Prozent der Bonds zustimmen. Sollten sich die Parteien nicht einigen, droht Argentinien eine erneute Staatspleite.
Argentinien befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise. Das Land leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, hohen Steuern, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft. Wegen der Corona-Krise verhängte die Regierung zuletzt zudem weitreichende Ausgangsbeschränkungen und legte die Wirtschaft für Wochen praktisch lahm. Der IWF rechnet für das laufende Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftskraft um 5,7 Prozent.
IWF: Schulden „nicht abzutragen“
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte die Schulden Argentiniens zuletzt für nicht abtragbar erklärt und die privaten Gläubiger dazu aufgerufen, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten. Der IWF hat Argentinien mit rund 57 Milliarden Dollar selbst den größten Kredit seiner Geschichte eingeräumt. Allerdings darf der Fonds aufgrund seiner Statuten den Nehmerländern keine Schulden erlassen.
Nach der bisher schwersten Wirtschaftskrise des Landes 2001/2002 hatten die meisten privaten Schuldner in den Folgejahren auf bis zu 70 Prozent ihrer Forderungen verzichtet. Ziehen allerdings nicht alle mit, droht wieder ein jahrelanger Rechtsstreit mit den Gläubigern. Bei der letzten Staatspleite stemmten sich einige Hedgefonds gegen eine Einigung und bestanden auf eine vollständige Rückzahlung. Argentinien war daraufhin rund 15 Jahre vom internationalen Finanzmarkt abgeschnitten. (dpa)
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