Sonderauswertung
Wirecard: Bafin zeigt eigenen Mitarbeiter wegen Insiderverdachts an – Scholz überlegte, Corona-Mittel zur Rettung einzusetzen
Im Skandal um den insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard steht die Finanzaufsicht Bafin schon lange in der Kritik - auch wegen privater Börsengeschäfte von Mitarbeitern. Es ist mit juristischen Konsequenzen rechnen.

Der Schriftzug von Wirecard ist an der Firmenzentrale zu sehen.
Foto: Sven Hoppe/dpa/Symbolbild/dpa
Wegen des Verdachts des Insiderhandels mit Papieren rund um die insolvente Wirecard AG hat die Finanzaufsicht Bafin einen Mitarbeiter bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart angezeigt.
Der Beschäftigte der Wertpapieraufsicht habe am 17. Juni 2020 strukturierte Produkte mit dem Basiswert Wirecard AG verkauft, erklärte die Aufsicht am Donnerstag (28. Januar). Einen Tag später hatte der frühere Dax-Konzern Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt.
Die Finanzaufsicht entdeckte den Verdacht gegen den Mitarbeiter nach eigenen Angaben im Rahmen einer Sonderauswertung. Der Beschäftigte sei sofort freigestellt geworden. Gegen ihn sei ein Disziplinarverfahren eröffnet worden, teilte die Bafin mit.
Die Aufsicht hatte zuletzt private Börsengeschäfte ihrer Mitarbeiter überprüft, bei denen der Kurs der Wirecard AG eine Rolle spielte, zum Beispiel Kauf oder Verkauf von Aktien des Unternehmens. Zudem wurden Bafin-Beschäftigten spekulative Finanzgeschäfte untersagt, also das kurzfristige Handeln beispielsweise mit Aktien.
„Wir hatten ein Compliance-System, das den gesetzlichen Vorgaben entsprach, aber nicht mehr zeitgemäß ist und deshalb zu Recht verändert wird“, hatte Bafin-Chef Felix Hufeld in einem Interview gesagt.
Der frühere Dax-Konzern Wirecard hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und in der Folge Insolvenz angemeldet – insgesamt könnte es nach Ermittlungen der Münchener Staatsanwaltschaft um mehr als drei Milliarden Euro gehen. Weil dies jahrelang unentdeckt blieb, steht unter anderem die Bafin in der Kritik.
In Wien wurde auch am Wochenende ein ehemaliger österreichischer Geheimdienstmitarbeiter mit Verbindungen zu Wirecard festgenommen. Das Wiener Landgericht für Strafsachen bestätigte, dass der Verdächtige in Gewahrsam sei.
Olaf Scholz, Corona-Mittel und Wirecard
Nach einem Bericht der „Bild“ wollte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) Wirecard mit Corona-Hilfsmitteln vor der Insolvenz schützen. Das gehe aus einem „geheimen Dokument des Ministeriums“ vom Juni 2020 hervor. In diesem seien mögliche Rettungsszenarien durchgespielt wurden. Dabei habe die Bafin am 2. Juni bereits gegen Wirecard Strafanzeige erstattet – wegen Verdacht der Marktmanipulation.
Demnach hätten Beamte des Finanzministeriums vorgeschlagen, Wirecard mit Mitteln aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu unterstützen, der für Corona-Schwierigkeiten gedacht ist.
(dpa/ks)
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