Volkswagen kündigt Tarifvertrag für Beschäftigungssicherung
Der kriselnde Autohersteller Volkswagen hat eine Reihe von Tarifverträgen gekündigt, darunter den sogenannten Zukunftstarifvertrag zur Beschäftigungssicherung, der betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausschließt.
Das Unternehmen sehe sich aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen dazu gezwungen, erklärte der Personalvorstand der Kernmarke VW, Gunnar Kilian, am Dienstag. Die Beschäftigungssicherung war seit 1994 fortlaufend festgeschrieben worden.
Den Zukunftstarifvertrag kündigte die VW AG fristgerecht zum 31. Dezember dieses Jahr; danach tritt den Angaben zufolge eine tarifvertragliche Nachwirkung ein.
Das bedeutet, dass die Beschäftigungssicherung noch sechs weitere Monate bis 30. Juni 2025 gilt. „Dieser Zeitraum eröffnet uns jetzt die Möglichkeit, gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern Lösungen zu finden, wie wir Volkswagen nachhaltig wettbewerbs- und zukunftsfähig aufstellen“, erklärte Kilian.
Kilian: „Volkswagen muss die Produktivität steigern“
Die Führung der Kernmarke VW des Volkswagenkonzerns hatte vor einer Woche einen härteren Sparkurs angekündigt und dabei Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen. Als Grund nannte Konzernchef Oliver Blume die schwierige Lage auf dem europäischen Automarkt und eine verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Produktionsstandorte.
Beides betonte am Dienstag auch Kilian. „In der aktuellen Verfassung, mit den aktuellen Kosten, wird es der Volkswagen AG so nicht möglich sein, die Beschäftigung in der heutigen Struktur zu halten. Volkswagen muss die Produktivität steigern und die Kosten nachhaltig senken – gerade an den deutschen Standorten.“
Insgesamt kündigte der Konzern den Angaben zufolge sechs Tarifverträge zum 31. Dezember dieses Jahr, darunter auch den Ausbildungsvertrag. Er verpflichtet die Volkswagen AG, 1.400 Ausbildungsplätze pro Jahr anzubieten. Mit der Kündigung solle eine Anpassung geregelt werden, die sich an den tatsächlichen Bedarfen orientiert, erklärte Kilian.
Auch den Tarifvertrag zur Zeitarbeit kündigte die VW AG. Ziel ist laut Kilian, dass das Unternehmen Zeitarbeit zukünftig „zu den tariflichen Konditionen der Zeitarbeit für die Branche einsetzen“ könne und nicht wie aktuell „zu weit höheren Kosten als der Wettbewerb“.
Ex-Porsche-Chef Wiedeking fordert harte Einschnitte bei Volkswagen
Volkswagen kommt nach Ansicht des früheren Porsche-Chefs und VW-Aufsichtsratsmitglieds Wendelin Wiedeking nicht um harte Einschnitte herum. Das Unternehmen „täte gut daran, sich in Deutschland einer Rosskur zu unterwerfen“, sagte er der „Bild“ vom Dienstag. VW-Chef Oliver Blume habe keine andere Wahl als eine harte Sanierung – zu seiner Zeit etwa seien „immer schon zu viele Leute an Bord“ gewesen.
Aus seiner Sicht brauche VW neue Strukturen, müsse „anders arbeiten, effizienter werden“, sagte Wiedeking der Zeitung weiter. Alle Standorte müssten sich international dem Wettbewerb stellen: „Das gilt auch für den Standort Wolfsburg, genauso wie für alle anderen Standorte.“ Die Veränderung sei notwendig. „Jetzt muss man sehen, dass man sie auch in überschaubarer Zeit erledigen kann.“
„Kündigungen vermeiden“: Heil appelliert an Krisen-Konzerne wie VW und Thyssenkrupp
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat kriselnde Industriekonzerne wie Volkswagen, Thyssenkrupp, und den Autozulieferer ZF derweil dazu aufgefordert, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.
Es könne nicht sein, dass allein die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Zeche für „Managementfehler in der Vergangenheit“ zu zahlen hätten, sagte Heil am Dienstag im Bundestag. „In diesen Fällen ist es jetzt notwendig, sozialpartnerschaftliche Lösungen zu finden.“
„Die Arbeitnehmer sind bereit zur Lösung“, betonte der SPD-Politiker. Es sei nun Zeit, „sich an den Tisch zu setzen und solche Lösung auch zu finden“. Seine Botschaft an die Unternehmen sei: Standorte müssten gesichert und betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden.
Auf staatliche Unterstützung sollten die Konzerne dabei nicht hoffen, führte der Minister aus. „Der Staat kann in einer sozialen Marktwirtschaft nicht für jeden Managementfehler mit Steuergeld stehen.“ Die Bundesregierung leiste ihren Beitrag, indem sie die Standortbedingungen verbessere, etwa mit der Wachstumsinitiative.
Bei dem Essener Thyssenkrupp-Konzern stehen Werksschließungen und Stellenstreichungen im Zuge des Verkaufs der kriselnden Stahlsparte des Unternehmens zur Debatte. Der Autohersteller Volkswagen hatte vergangene Woche mit der Aussicht auf Standortschließungen für Wirbel gesorgt. Den Automobilzulieferer ZF aus Friedrichshafen belasten die Kosten für die Antriebswende hin zum Elektroauto massiv.
Der Gesamtbetriebsrat von VW und die IG Metall hatten in der vergangenen Woche „erbitterten Widerstand“ gegen die Sparpläne angekündigt. Zu einer Betriebsversammlung in Wolfsburg kamen laut Gewerkschaft rund 25.000 Beschäftigte, die den Vorstand von Konzern und VW AG auspfiffen. (afp/red)
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