Wirtschaftsweise erwartet Versorgungsengpass ohne Gas aus Russland

Die Nord Stream-Pipeline zwischen Deutschland und Russland ist vorerst gestoppt.
Die Nord Stream-Pipeline zwischen Deutschland und Russland.Foto: Dmitry Lovetsky/AP/dpa
Epoch Times4. März 2022

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Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnt vor einem Versorgungsengpass, sollte Russland die Lieferungen von Gas einstellen. „Bei einem kompletten Lieferstopp aus Russland dürften die verfügbaren Gasmengen zur Substitution nicht ausreichen“, sagte sie dem „Focus“. „Dann könnte es mittelfristig auch zu Einschränkungen kommen, also beispielsweise zu Stillständen in der Produktion.“

Haushalte würden hingegen priorisiert. Neben einer Gasreserve plant Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zur Absicherung auch Kohle vorzuhalten. Dafür würde Steinkohle auf Vorrat im Ausland eingekauft. Alexander Bethe, Chef des Vereins der Kohleimporteure VDKI, hält das für machbar. „Denkbar wäre ein Vorrat in Höhe eines Drittels unserer Kohleimporte, also etwa 10 Millionen Tonnen“, sagte er dem „Focus“.

Um die Kohlereserve zu lagern, könnte Deutschland demnach Flächen in den Häfen Amsterdam und Rotterdam mieten oder aber die Kraftwerke verpflichten, gewisse Mengen auf ihrem Gelände vorzuhalten. Für zwingend notwendig hält Bethe eine solche Kohlereserve für Deutschland allerdings nicht. „Weltweit werden pro Jahr sieben Milliarden Tonnen Kohle gefördert, eine Milliarde wird seewärtig gehandelt“, sagt er. Nur 15 Prozent kommen aus Russland.

Gabriel prophezeit „mindestens 10 Jahre“ Krise für Europa

Der frühere Bundesaußenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) erwartet indes eine neue Krisen-Ära aufgrund des Ukraine-Konfliktes. „Wir haben mindestens zehn Jahre vor uns, in denen um Macht und Einfluss auf diese neue Weltordnung gerungen wird“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Focus“. „Russland versucht zurückzukommen in die Rolle einer Großmacht.“

Die Ukraine sei „dafür nur ein Mittel, nicht das Ziel“. Gabriel weiter: „Wir werden in eine Zeit zurückfallen, da quer durch Europa wieder eine Grenze verlaufen wird, an der wir uns – bis an die Zähne bewaffnet – gegenüberstehen. Dahin treibt uns Putin gerade. Und er testet uns, weil er weiß, dass unsere Sanktionen auch für uns teuer zu werden drohen.“ Entsprechend müsse Europa jetzt „seine Stärken festigen. Und das ist zuerst der gemeinsame Binnenmarkt.“

Die Kapitalmarktunion sei „kein technokratisches Projekt im Bankeninteresse, sondern einer der Mosaiksteine, die wir brauchen, um wirtschaftlich souveräner zu werden“, so Gabriel. Es sei „nicht unser Interesse, dass am Ende nur Großbanken der USA den europäischen Investmentmarkt beherrschen. Vieles andere gehört auch dazu.“

Außerdem empfiehlt Gabriel im Gespräch mit „Focus“ „ein zweites Wirtschaftsprogramm, wie wir es zur Pandemiebekämpfung entwickelt haben. Nur wenn wir die wirtschaftlich schwächeren Staaten in Europa unterstützen, werden diese bei den Sanktionen gegen Russland durchhalten.“ (afp/red)



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