Datenleak: Credit Suisse akzeptierte jahrelang Kriminelle als Kunden
Die Schweizer Großbank Credit Suisse soll Medienberichten zufolge jahrelang korrupte Autokraten und Kriminelle als Kunden akzeptiert haben. Mutmaßliche Kriegsverbrecher, Menschen- oder Drogenhändler hätten bei Credit Suisse Konten eröffnen oder behalten können, auch wenn die Bank Straftaten zumindest bereits vermuten musste, berichteten die „Süddeutsche Zeitung“ und andere Medien unter Verweis auf ihr zugespielte Kundendaten.
Die Unterlagen zu den „Suisse Secrets“ genannten Enthüllungen umfassen laut den an den Recherchen beteiligten Medien Informationen zu tausenden Bankkonten, die teils bis in die 40er Jahre zurückreichen. Unter den Kunden befinden sich demnach etwa ein auf den Philippinen verurteilter Menschenhändler, ein jemenitischer Spionagechef, der in Folter verwickelt war, ein serbischer Drogenbaron sowie ein 2008 wegen Bestechung verurteilter früherer Siemens-Manager, dessen zwischenzeitliches Millionen-Vermögen mit seinem Gehalt nicht zu erklären sei.
Credit Suisse will Datenleck untersuchen
Banken sind gesetzlich zur Überprüfung ihrer Kunden verpflichtet. Große Vermögen ungeklärter Herkunft und Verdachtsfälle auf Straftaten müssen sie melden. Die vorliegenden Daten legen laut „SZ“ mutmaßliche Versäumnisse der Bank nahe.
Die Credit Suisse wies die Vorwürfe „entschieden“ zurück. Die Berichte beruhten auf Daten, die „unvollständig, ungenau oder aus dem Zusammenhang gerissen sind, was zu einer tendenziösen Darstellung des Geschäftsverhaltens“ der Bank führe, hieß es in einer Stellungnahme des Kreditinstituts. Zudem seien 90 Prozent der betroffenen Konten bereits geschlossen worden, „davon mehr als 60 Prozent vor 2015“. Die Bank kündigte eine Untersuchung bezüglich des Datenlecks an.
In der Schweiz gilt eines der strengsten Bankgeheimnisse der Welt. Die Weitergabe von Kontoinformationen steht unter Strafe und auch Journalisten droht Strafverfolgung. Deshalb beteiligte sich kein Medium aus der Schweiz an den Recherchen. Das rechtliche Risiko sei einfach zu groß gewesen, erklärte etwa die größte private Mediengruppe TX zur Begründung.
Kritik am Schweizer Bankgeheimnis
Kritiker werten dies als massive Einschränkung der Pressefreiheit. „Es würde gegen die internationalen Menschenrechtsvorschriften verstoßen, wenn man Journalisten strafrechtlich verfolgt oder bestraft, weil diese Bankinformationen veröffentlichen, die von öffentlichem Interesse sind“, erklärte laut „SZ“ Irene Khan, die UN-Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit. Sie leitete demnach eine Untersuchung ein.
Die „SZ“ wertete die ihr vor rund einem Jahr zugespielten Daten gemeinsam mit dem NDR und dem WDR und internationalen Medien wie „Le Monde“ und der „New York Times“ im Rahmen des Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) aus.
Woher die Daten stammen, ist den Medien nach eigenen Angaben nicht bekannt. Die Quelle habe als Motiv Kritik am Schweizer Bankgeheimnis genannt: „Der Vorwand, die finanzielle Privatsphäre zu schützen, ist lediglich ein Feigenblatt, um die schändliche Rolle der Schweizer Banken als Kollaborateure von Steuerhinterziehern zu verschleiern“, erklärte sie demnach.
Die Credit Suisse war in der jüngeren Vergangenheit bereits von mehreren Skandalen betroffen. So gehört etwa in der Schweiz ein ehemaliger Mitarbeiter des Kreditinstituts zu den Angeklagten in einem großen Korruptionsprozess, bei dem es um mutmaßliche Geldwäsche und organisierte Kriminalität in Bulgarien geht.
Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Christian Görke, wertete die „Suisse Secrets“ als weiteres „Puzzle-Stück“, das das „riesige Ausmaß der Steuervermeidung, der Geldwäsche und der Terrorfinanzierung“ zeige. Zugleich sei es die erste Enthüllung aus einer Schweizer Großbank und damit ein „Meilenstein für die Öffentlichkeit“.
Nötig seien mehr Transparenz, mehr internationaler Informationsaustausch, weniger Schlupflöcher im Transparenzregister und Straf- oder Quellensteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen, forderte Görke. „Die Ampel-Regierung hat versprochen, hier Fortschritte zu liefern – jetzt wäre ein guter Moment.“ (afp/dl)
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