BioNTech und Pfizer üben weltweiten Rückruf – Corona-Impfung nicht beeinträchtigt
In Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium üben die Unternehmen BioNTech und Pfizer derzeit den weltweiten Rückruf von Produktbeständen des gemeinsam entwickelten Impfstoffs Comirnaty.
Es handelt sich dabei um einen Test, der als Teil eines globalen Risikomanagement-Konzepts der Unternehmen durchgeführt wird und sicherstellen soll, dass die Logistik in der Lage wäre, im Fall der Notwendigkeit eines Rückrufs die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Der Ablauf der Corona-Impfung wird dadurch nicht beeinträchtigt.
Corona-Impfzentren nur virtuell in Rückruf-Test eingebunden
Wie das „Handelsblatt“ berichtet, seien die Bundesländer über das Testverfahren informiert worden. Das Bundesgesundheitsministerium habe dies am Mittwoch (3.3.) bestätigt. Es sind offenbar keine Impfdosen betroffen, die dazu bestimmt gewesen wären, noch verimpft zu werden. Ein Sprecher erklärte:
Die Impfungen vor Ort sind durch den Test nicht beeinträchtigt. Die Impfstoffzentren werden nur virtuell und nicht real in die Übung einbezogen.“
Wie das Blog „Pharmaceutical Guidelines“ erklärt, sei es auch im Fall eines realen Rückholverfahrens üblich, die betroffenen Bestände separat aufzubewahren, bis Entscheidungen über das weitere Vorgehen des zuständigen Rückrufkomitees getroffen wurden.
Diesem gehören innerhalb des jeweiligen Unternehmens standardmäßig der technische Direktor, der Vizepräsident und die Abteilungsleiter für Produktion, Regulierung, Qualitätskontrolle und Marketing an.
Drei unterschiedliche Klassen für Rückrufe
Rückrufe von Produkten können im Wesentlichen aufgrund von Ereignissen erforderlich werden, die in drei Klassen eingeteilt werden: In Klasse I geht es um Fehler im Produkt, die akut Gesundheit oder Leben von Menschen gefährden. In diesem Fall wird ein Rückruf angeordnet, der innerhalb von drei Tagen ab Information durch den medizinischen Berater organisiert sein muss.
In Klasse II geht es um Mängel, die zwar keine Gesundheitsgefahr für die Öffentlichkeit nach sich ziehen, aber die eine vollständige Funktionsfähigkeit eines Produkts beeinträchtigen. In diesem Fall wird eine Reaktionszeit von bis zu sieben Tagen anvisiert.
In Klasse III geht es um die Verletzung von Etikettierungs- und Bezeichnungsvorgaben, eine Gesundheitsgefahr ist damit nicht verbunden. In diesem Bereich sind bestimmte Kommunikationserfordernisse gegenüber Regulierungsbehörden und Marktteilnehmern einzuhalten.
Seit 2019 neue Richtlinie
Erst am 23. April 2019 hatte die in den USA für die Zulassung von Präparaten zuständige Regulierungsbehörde FDA neue Richtlinien über Voraussetzungen und Durchführungen von Rückrufen in Kraft gesetzt.
In der Norm werden Unternehmen unter anderem Vorgaben gemacht über Vorbereitungshandlungen im Bereich der Verteilungskette, außerdem enthält sie Vorschriften über die Organisation und die Durchführung von Rückrufprozessen.
Ziel ist es, möglichst schnell und nahtlos die Umsetzung der Erfordernisse zu gewährleisten, die Unternehmen treffen müssen, um mögliche Produkthaftungen vermeiden oder Schäden minimieren zu können. Die FDA hat auch Bestimmungen über das Zusammenwirken mit Betroffenen in den Richtlinien verankert.
BioNTech und Pfizer unterziehen sich selbst einem Stresstest
In der Richtlinie wurden auch neue Bestimmungen zum freiwilligen Rückruf von Produkten aufgestellt und die FDA unterstrich die Wichtigkeit der Installierung einer entsprechenden Infrastruktur.
Der Umfang der weltweiten Lieferungen von Corona-Impfstoffen durch BioNTech und Pfizer, die Bedeutung der Impfkampagne für das Ende der Pandemie und die in manchen Ländern noch nicht vollständig geklärten Haftungsfragen haben offenbar zu dem Entschluss der Führungsetagen in den Unternehmen beigetragen, ihr Recall-Management einem umfassenden Stresstest zu unterziehen.
Pfizer rief mehrere Präparate zurück – Corona-Impfstoff nicht betroffen
Wie auch andere Pharmaunternehmen hatte Pfizer im bisherigen Verlauf seiner Unternehmensgeschichte auch in einigen Fällen teilweise oder vollständige Rückrufe von Präparaten in die Wege geleitet. Anlass waren unter anderem Klagen wegen behaupteter Nebenwirkungen. Nicht in allen Fällen konnte ein Beweis für eine Kausalität erbracht werden, in einigen wurden Klagen abgewiesen. Dennoch zog das Unternehmen entsprechende Präparate zurück.
Der schwerwiegendste Fall von Schäden durch ein Pfizer-Präparat ereignete sich 1996 in Nigeria. Damals starben elf Kinder, die an Meningitis erkrankt waren, infolge eines nicht autorisierten klinischen Tests mit dem Medikament Trovan. Mehrere Dutzend erlitten bleibende Gesundheitsschäden.
„BBC“ zufolge erklärte sich Pfizer 2011 bereit, vier betroffenen Familien eine Entschädigung von 700.000 US-Dollar zu bezahlen und 35 Millionen US-Dollar in einen Fonds einzubezahlen, der Trovan-Geschädigte betreut. Außerdem erklärte man sich zum Sponsoring von Gesundheitsprojekten im nigerianischen Kano bereit.
Im Jahr 2018 rief das Unternehmen zudem der „India Times“ zufolge nach einer Benachrichtigung durch die FDA mehr als 1,8 Millionen Dosen der in Indien hergestellten Präparate Piperacilin und Tazobactam zurück, nachdem „erhöhte Levels an Verunreinigungen“ festgestellt worden waren, die „zu verminderter Potenz führen“ könnten.
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