Überlastete Netze: Weniger Windenergie aus der Nordsee
Die für die Energiewende wichtigen Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee haben im vergangenen Jahr wegen Engpässen im Netz an Land weniger Strom geliefert als im Jahr zuvor. Insgesamt seien 19,24 Terawattstunden (TWh) Windenergie an Land übertragen worden, teilte der Netzbetreiber TenneT dpa mit. Das seien rund neun Prozent weniger als 2022.
Rein rechnerisch könnte mit den 19,24 TWh der Jahresbedarf von rund sechs Millionen Haushalten gedeckt werden. „Aufgrund der immer noch zahlreichen Engpässe im Stromnetz an Land müssen immer öfter die großen Windparks in der Nordsee abgeregelt werden“, sagte TenneT-Geschäftsführer Tim Meyerjürgens.
Ein weiterer Grund: Es gebe im Norden kaum noch konventionelle Großkraftwerke, die stattdessen gedrosselt werden könnten. „Das beeinträchtigt nicht nur die Einspeisemengen von Strom, sondern belastet auch dessen Preisentwicklung.“
Meyerjürgens forderte ein weiter hohes Tempo beim Netzausbau und dem Bau großer Stromautobahnen, „damit das Potenzial der Nordsee als Windkraftwerk Deutschlands und Europas sobald wie möglich effizient genutzt werden kann“.
Nordsee und Ostsee
Die gesamte Windstromerzeugung an Land und auf See in Deutschland bezifferte Tennet 2023 auf 148,97 TWh – 26,18 TWh mehr als im Jahr zuvor. Der Anteil des Nordseestroms sank dabei um etwa vier Prozentpunkte auf rund 13 Prozent.
Die Windanlagen in der Ostsee wiederum – sie liegen im Netzgebiet der Firma 50 Hertz – erzeugten nach TenneT-Angaben im vergangenen Jahr 4,17 TWh. Das waren 0,55 TWh mehr als 2022.
Die Kapazität der Windparks in der deutschen Nordsee sei im vergangenen Jahr um 70 Megawatt auf 7106 Megawatt gestiegen. Der höchste Einspeisewert sei am 1. April mit 6491 Megawatt gemessen worden.
In der niederländischen Nordsee wiederum stiegen die Kapazitäten von 3220 auf 5622 Megawatt. Tennet übertrug dabei den Angaben zufolge 11,54 TWh Strom – 3,63 TWh mehr als im Jahr zuvor. Grund hierfür waren vor allem die Inbetriebnahmen der Offshore-Netzanschlusssysteme Hollandse Kust (noord) sowie die entsprechenden Zubauten bei den Offshore-Windparks.
TenneT will sein Netz verkaufen – Ausbau zu teuer
Die Niederländer wollen den deutschen Teil des Übertragungsnetzbetreibers an die Bundesregierung verkaufen, da die Kosten für die Instandhaltung und den Betrieb des Stromnetzes in ihren Augen zu hoch sind. Der Grund für die hohen Kosten ist die deutsche Energiewende.
Um sie zu stemmen, müssten die vier in Deutschland tätigen Übertragungsnetzbetreiber bis zum Jahr der angestrebten Treibhausgasneutralität 2045 rund 300 Milliarden Euro in den Ausbau der Stromnetze investieren. Das ist der kalkulierte Preis für den steigenden Strombedarf sowie neu entstehende Kraftwerkskapazitäten.
Rund 110 Milliarden davon entfallen auf das Gebiet von TenneT mit vielen Windkraftanlagen auf hoher See. Gerade deren Anbindung an die deutschen Verbraucher ist besonders teuer.
Zwischen TenneT und der Bundesregierung wird daher seit Oktober 2022 verhandelt. TenneT betreibt in Deutschland etwa 13.900 Kilometer Stromleitungen auf Hoch- und Höchstspannungsebene, etwa ein Drittel des Gesamtnetzes. Insgesamt hat das Übertragungsnetz in Deutschland laut der Bundesnetzagentur eine Länge von rund 38.000 Kilometer. Das Netz von TenneT reicht in einem Nord-Süd-Korridor von der Nordsee bis zur österreichischen Grenze. Die weiteren deutschen Netze betreiben 50Hertz im Osten Deutschlands sowie Amprion und TransnetBW in Baden-Württemberg.
Die Bundesregierung bietet dem niederländischen Unternehmen rund 20 Milliarden Euro an, wie FAZ berichtet. Doch offenbar werden dabei nur Teile dieser Summe wirklich an den Konzern überwiesen. Ein weiterer großer Betrag fließt in die Schuldenübernahme von TenneT Deutschland. Derzeit verhandeln die Kaufpartner noch über rund eine Milliarde Euro.
Sowohl Finanzminister Christian Lindner (FDP) als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterstützen das Vorhaben grundsätzlich. (dpa/red)
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