Finanztransaktionssteuer: Schnapsidee und Steuerirrsinn – wie man sich dagegen wehren kann
Olaf Scholzes Aktionärspolitik treffe Kleinanleger hart und boykttiere die Altersvorsorge. An allen Ecken und Enden hagelt es Kritik. Neben der Einführung einer Finanztransaktionssteuer (sogenannte Aktiensteuer) und der Beibehaltung des Solidaritätszuschlags auf Aktienverkäufe soll nun auch die Verlustverrechnung auf Totalverluste aus insolventen Firmen versagt werden.
Steuerliche Aberkennung von Verlusten trifft vor allem Kleinanleger
Aktionäre dürfen Verluste aus Insolvenz des Beteiligungsunternehmens steuerlich künftig nicht mehr absetzen, so lautet der Entwurf des Gesetzes. Versteckt ist das Ganze dort, wo man es überhaupt nicht erwartet – im „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“. Am vergangenen Montag (14. Oktober) fand die Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages statt.
„Die Versagung von Verlusten hätte merkliche negative Auswirkungen für Anleger“, warnt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Betroffen seien nur private Aktionäre oder Anleihenbesitzer mit einer langfristigen Anlagenstrategie, ergänzt der DSW in einer weiteren Einschätzung. Durch einen Verkauf kurz vor der Insolvenz könne man die Verluste steuerlich nach wie vor absetzen. Institutionelle Anleger könnten das „sinkende Schiff“ [aufgrund Fachkenntnis] daher schnell verlassen.
Die gute Nachricht: Geplantes Gesetz ist verfassungswidrig
Scholz zwinge Anleger, rechtzeitig aus steuerlichen Gründen zu verkaufen, damit diese die Verluste steuerlich noch absetzen könnten.
Dies ist sowohl steuerlich als auch wirtschaftlich vollkommen absurd und nicht im Ansatz nachvollziehbar, so der DSW weiter.
„Nach unserer Ansicht ist die geplante Änderung verfassungsrechtlich nicht haltbar“, ergänzt Marc Tüngler. Eine ungleiche Behandlung von Verlusten und Gewinnen entspreche nicht den Prinzipien der steuerlichen Gewinnermittlung. Damit stelle sich Scholz „bewusst und gewollt gegen die gefestigte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes“.
Aktiensteuer trifft die Falschen: Nämlich die Kleinanleger
Eigentlich entstand die Steuer infolge der Finanzkrise und sollte unter anderem riskante Geschäfte eindämmen und besteuern. Von diesem Ziel sei kaum noch etwas übrig geblieben, monierte der Steuerexperte Michael Borman in einem Gastbeitrag bei ntv.
Nicht große Player sind betroffen, sondern Kleinaktionäre, sagte auch Daniel Bauer, von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), gegenüber dem Tagesspiegel.
Institutionelle Investoren könnten weiter auf Derivate oder andere Länder ausweichen, erklärt Bormann weiter. Ursprünglich sollte die Steuer flächendeckend in Europa eingeführt werden. Übrig geblieben seien nun zehn EU-Länder, die sich offiziell auf eine Aktiensteuer geeinigt hätten. Nicht dabei sei der „Finanzplatz Luxemburg“. Und Derivate, deren Handel besonders risikoreich sei, werden von der Steuer nicht umfasst.
Bauer rechnet zudem noch mit rasch steigenden Steuersätzen – von derzeit geplanten 0,2 Prozent des Transaktionsvolumens auf in absehbarer Zeit vier Prozent, teilte er dem Tagesspiegel mit.
Aktiensteuer boykottiert Altersvorsorge
Betroffen seien neben Aktiensparplänen auch Riester-Renten und Mitarbeiterbeteiligungen, erklärt Borman. Der Bundesverband Investment und Asset Management hält das Ganze für eine „Schnapsidee“, sagte er gegenüber dem Tagesspiegel. Während „der Staat das Riester-Sparen [fördere], nehme er es [über die Steuer wieder] weg“.
Ein positives Signal für eine Eigenvorsorge, sei es jedenfalls nicht, so die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management. Vor allem angesichts vorerst abgeschafftem Zins könnten die Rentenprobleme durch ein „breit gestreutes Aktiendepot“ abgemildert werden. Das würde den Menschen wirklich helfen, den Lebensstandard im Alter zu sichern.
Und der Clou, so Borman: Würde Scholz die Abgeltungsteuer mit 25 Prozent Steuersatz wirklich abschaffen, was er schon länger plant, würden bis zu 45 Prozent Steuern nach dem normalen Einkommensteuertarif fällig. „Eine private Vorsorge für das Alter dürfte sich damit kaum mehr lohnen“, mahnt er an.
Was Anleger tun können
Herr Scholz möge „dringend (…) prüfen, ob mit den geplanten Maßnahmen (…) überhaupt die gewünschten Effekte erreichen werden können“ oder ein Engagement für die Altersvorsorge nicht „bereits im Keim“ erstickt werde, rät der DSW.
Der DSW hat eine Online-Petition und einen Musterbrief entwickelt, um dem „Steuerirrsinn“ ein Ende zu setzen. Rund 18.000 Menschen haben schon unterzeichnet. Der Kollegenverband SdK unterstützt die Petition. Die Forderungen:
- Keine Finanztransaktionssteuer ohne Entlastung der langfristigen Kapitalanlage.
- Sparerfreibetrag deutlich erhöhen.
- Steuerliche Haltefristen an jene von Gold oder Grundstücken anpassen. Verkauft man außerhalb der Frist, fällt keine Steuer mehr an. Bei Grundstücken beträgt die Frist 10 Jahre und bei Gold 1 Jahr. Für Verkaufsgewinne bei Aktien gibt es momentan keine Frist. (bm)
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