Ex-Notenbanker machen EZB schwere Vorwürfe – Illegale Staatsfinanzierung und falsche Diagnosen
Notenbank alter Schule war einmal. „Vor einem Jahrzehnt leistete die EZB (Europäische Zentralbank) noch einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der schweren Rezession und zur Konsolidierung des Wachstums. Aber das ist Vergangenheit“, sagten kürzlich ehemalige namhafte Notenbanker aus Deutschland, Frankreich, Österreich und den Niederlanden.
Sie haben ihre tiefe Besorgnis über die Entwicklung der EZB-Politik in einem Memorandum ausgedrückt. Das Memorandum ist hier auf Deutsch zu finden und wurde von Bloomberg auf Englisch veröffentlicht. Gleich zu Beginn heißt es:
Als ehemalige Zentralbanker und europäische Bürger erleben wir den anhaltenden Krisenmodus der EZB mit wachsender Sorge“.
Prominente Ex-Währungshüter aus vier Ländern
Das Memorandum sollte niemand unterschätzen. Die Verfasser sind allesamt gestandene Währungshüter aus mehreren europäischen Ländern. Dass sie nun derart alarmiert sind (…) zeigt, wie ernst die Verfasser die Lage einschätzen“, sagt Christian Thimann gegenüber der WELT.
Thimann war während der Finanz- und Eurokrise engster Mitarbeiter der Präsidenten Jean-Claude Trichet und Mario Draghi. Das Memorandum weist namhafte Unterzeichner, auch aus Deutschland, auf:
- Otmar Issing (ehemaliger Chefvolkswirt der EZB), maßgeblich an der Definition der geldpolitischen Strategien der EZB beteiligt
- Helmut Schlesinger (ehemaliger Bundesbankpräsident) und
- Jürgen Stark (ehemaliger Chefvolkswirt der EZB).
Suche nach Renditen kann zu tiefen Krisen führen
Von den Folgen negativer Zinsen sei inzwischen der gesamte Finanzsektor betroffen: Von Banken, über Versicherungen und Pensionsfonds bis zu privaten Sparern. Und der Zins? Abgeschafft, heißt es am Ende.
Verständlicherweise streben Sparer nach renditeträchtigen Anlagen. Das berge jedoch horrende Risiken. Denn das treibe Preise von Vermögenswerten künstlich in die Höhe. Abrupte Marktkorrekturen und tiefe Krisen könnten folgen. Nicht zu vergessen sei, dass junge Menschen nicht mehr für das Alter vorsorgen können. Und auch Umverteilung zugunsten der Eigentümer von Sachwerten führe zu sozialen Spannungen.
Verdacht: Illegale Staatsfinanzierung
Unverständlich sind den Experten die Anleihenkäufe der EZB. Wirtschaftlich jedenfalls könne das wenig nutzen. Vielmehr vermuten sie illegale Handlungen der EZB dahinter, nämlich hochverschuldete Staaten vor noch höheren Zinsen zu bewahren. Das verbiete der Maastrichtvertrag strengstens.
Im Gegenteil: Schwache Banken und Unternehmen würden infolge billiger Kredite vielfach am Leben erhalten. So schleichen auf dem Markt Zombies herum, die das Produktivitätswachstum sogar noch verschlechtern.
Inflation könnte explodieren
Allem voran: Die Inflationsrate von nahe, aber unter zwei Prozent wurde von Notenbankern alter Schule 1998 beschlossen und gelte bis heute. Aber abgesehen davon gebe der Maastrichtvertrag eigentlich gar keinen Wert vor. Aufgabe der EZB sei nur Preisstabilität. Und dieses Mandat habe die EZB erfolgreich verfehlt.
Dabei sei die Ausgangsbasis schon falsch. Eine Inflationsrate von 1,5 Prozent, die die EZB mit Deflation begründet und für noch zu hoch hält, sei eine falsche Diagnose.
Vielmehr befürchten die Experten sogar, dass die EZB einer explodierenden Inflation machtlos gegenüber stünde. Das klingt auf den ersten Blick zunächst unlogisch, erklärt sich aber aus Draghis Verständnis der symmetrischen Inflation. Sollte Draghi es so verstehen, dass nach längerem Unterschreiten der 2-Prozent-Marke ein gleich langes Überschreiten folge, sei das fatal.
Wie will die EZB nach Jahren erfolgloser „Inflationspolitik“ die Öffentlichkeit (…) davon überzeugen, dass es ihr gelingen wird, die Inflation auf einem bestimmten Niveau zu stoppen? fragen die Experten. Eine Antwort darauf jedenfalls geben sie nicht. Vielmehr befürchten sie, dass die EZB die Inflation nicht stoppen könnte.
EZB stellt sich selbst ins Abseits
Und auch die Zukunftsprognosen sind nicht rosig. Je expansiver die Geldpolitik, desto schwerer sei es, daraus wieder herauszukommen. Mit diesen Bedenken endet das Gutachten:
Je länger die EZB (…) ihren äußerst expansiven Kurs beibehält, desto mehr überwiegen die negativen Auswirkungen. Die Zinssätze haben ihre Bedeutung verloren.“
Die EZB jedenfalls behindere sich durch ihre expansiven Maßnahmen selbst dabei, aus dieser ‚Geldmarktpolitik wieder aussteigen zu können, betonen die Experten. (bm)
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