Europas Antwort auf die Wirtschaftsmächte USA und China

Die EU-Kommission will mit dem „Clean Industrial Deal“ die europäische Wirtschaft ankurbeln und globale Wettbewerbsnachteile ausgleichen. Geplant sind niedrigere Energiepreise, Produktionsquoten für Clean-tech-Produkte und Investitionsanreize. Doch Experten warnen vor bürokratischen Hürden und finanziellen Unsicherheiten.
Stromnetze spielen eine zentrale Rolle bei der Energieversorgung. (Archivbild)
Stromnetze spielen eine zentrale Rolle bei der Energieversorgung.Foto: Jan Woitas/dpa
Von 21. Februar 2025

Bei den Gesprächen über ein Ende des Ukrainekrieges ist die EU nur Zaungast, aber auch wirtschaftlich ist Europa derzeit wenig gefragt. Bereits im Vorjahr hatte der frühere EZB-Präsident Mario Draghi ein Gutachten im Auftrag der Kommission in Brüssel vorgelegt. Dieses stellte der EU ein ernüchterndes Zeugnis in Bereichen wie Standortqualität, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft aus.

Immense Energiekosten, Bürokratie und Regulierungen begünstigen nicht nur die Abwanderung von Unternehmen. Auch für Fachkräfte gehören EU-Mitgliedstaaten nur selten zu den bevorzugten Einwanderungszielen. Nun will die EU-Kommission die Flucht nach vorn antreten – und nächste Woche einen „Clean Industrial Deal“ vorstellen, der mit einer „Buy European“-Klausel verbunden werden soll. Auf diese Weise will man es verhindern, gegenüber den USA und China noch weiter ins Hintertreffen zu geraten.

„Clean Industrial Deal“ soll zum „transformativen Businessplan“ werden

Wie „Politico“ berichtet, soll der „Clean Industrial Deal“ in seinen Details am 26.2. vorgestellt werden. Dieser soll eine Senkung der Energiepreise bewirken, Nachfrage beleben, Investitionen ankurbeln und den Zugang zu wichtigen Materialien gewährleisten. Zudem soll er die Arbeit an globalen Partnerschaften und die Umschulung von Arbeitskräften erleichtern.

Das Ziel der Dekarbonisierung will man dabei nicht infrage stellen – aber das Konzept soll eine bessere Vereinbarkeit schaffen. Der „Clean Industrial Deal“ soll einen „transformativen Businessplan, der die Klimaziele und die Wettbewerbsfähigkeit unter einer übergreifenden Wachstumsstrategie“ vereint.

In Reaktion auf den „Inflation Reduction Act“ in den USA unter Präsident Joe Biden und die jetzige „Buy American“-Doktrin von Nachfolger Donald Trump will die EU-Kommission nun Quoten für europäische Produkte schaffen. So sollen künftig beispielsweise 40 Prozent aller Clean-tech-Produkte wie Solar- und Windkraftanlagen in der EU gefertigt werden. Bis dato ist man diesbezüglich in hohem Maße von China abhängig.

Neue Konstruktionen sollen für berechenbare Energiepreise sorgen

Parallel dazu will die Kommission einen Aktionsplan für bezahlbare Energie verabschieden, um Unternehmen und Verbraucher zu entlasten und Investitionen attraktiver zu machen. Die EU-Kommission möchte eine Senkung der Steuern und Abgaben auf Strom forcieren. Dazu will man den Abschluss langfristiger Stromlieferverträge zu günstigen Bedingungen zwischen Produzenten und Abnehmern fördern.

Mögliche Wege dazu sollen sogenannte Power Purchase Agreements (PPA) oder Differenzverträge (CfD) sein. Staaten und Stromerzeuger schließen dabei Vereinbarungen über einen garantierten Strompreis ab. Auf diese Weise sollen mittelständische Unternehmen und energieintensive Industrien von den Launen der Spotmärkte unabhängiger werden.

Ein Pilotprogramm in dieser Hinsicht will die EU-Kommission gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) entwerfen. Derzeit sieht die Situation für viele Unternehmen so aus, dass sie aufgrund der Kapriolen der Spotmärkte in Zeiten eines Energie-Nachfrageüberschusses Produktionen temporär stilllegen müssen. Dies war jüngst etwa im Stahlwerk Georgsmarienhütte der Fall. Allerdings sind langfristige Bezugsverträge derzeit keine Alternative, weil die Preise dabei zu hoch wären, um noch wirtschaftlich arbeiten zu können.

Stromnetze sollen massiven Ausbau erfahren

Bei CfDs handelt es sich jedoch um derivative Anlagen, die von der Entwicklung eines Basiswerts abhängen. Weicht diese von den Erwartungen ab, können aufgrund von Hebelwirkungen hohe Nachschusspflichten drohen, weshalb diese als hochspekulativ gelten. Mittelständler schrecken davor meist zurück, schildert das „Handelsblatt“.

Auch PPAs seien mit einer Vielzahl an oft schwer durchschaubaren Neben- und Haftungsbedingungen verbunden. Wirtschaftsverbände warnen, dass KMUs diese ohne externen Rat nicht abschätzen könnten. Deshalb mache ein Vorgehen auf solcher Basis lediglich unter den Bedingungen einer weitreichenden Standardisierung und Vereinfachung Sinn. Diese strebt die EU-Kommission derzeit offenbar an.

Zusätzlich sieht der „Clean Industrial Deal“ ein milliardenschweres Programm zum Ausbau der europäischen Stromnetze vor, das sogenannte „Grids Manufacturing Package“. Auch hier soll die EIB eine unterstützende Rolle spielen und den Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Integration neuer Stromquellen erleichtern. Zugleich bleibt Europa auf LNG angewiesen – wobei man auf günstige Lieferbedingungen vonseiten der weltweiten Großexporteure hoffen muss. Zu diesen gehören die USA, die Golfstaaten oder Australien.

Finanzierung der Maßnahmen im „Clean Industrial Deal“ noch unsicher

Ein weiteres Element des Plans der EU ist die Entwicklung von CO₂-Produktlabels. Diese Gütezeichen sollen Transparenz für Verbraucher schaffen und der Förderung klimafreundlicher Produktion dienen. Die Kennzeichnung soll Anreize für Hersteller schaffen, ihre Produktionsprozesse zu dekarbonisieren und den CO₂-Ausstoß zu reduzieren.

Zugleich sollen die Labels dazu beitragen, klimafreundlich hergestellte Produkte aus der EU hervorzuheben und deren Marktposition zu verbessern. Die Kennzeichnung soll auch die Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten stimulieren, die in Europa hergestellt wurden. Man verspricht sich davon eine Stärkung der europäischen Industrie. Ein konkreter und direkter monetärer Vorteil ist mit dem CO₂-Label jedoch offenbar nicht verbunden.

Der Entwurf empfiehlt, den Elektrifizierungsgrad der Wirtschaft der EU bis 2030 von heute 23 auf dann 32 Prozent zu erhöhen. Im gleichen Zeitraum will man dafür 100 Gigawatt an zusätzlichen Stromkapazitäten aus erneuerbaren Energien schaffen. Details zur Finanzierung der Vorhaben sind noch nicht bekannt. Draghi hatte in seinem Gutachten jährliche Investitionen von 800 Milliarden Euro gefordert, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas langfristig zu sichern.



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