Twitter verliert bis zu 60 Prozent seines Einkommens – Musk legt Algorithmus offen
Die Einkünfte des Kurznachrichtendienstes Twitter sind nach Einschätzung des Reichweitenspezialisten Aakash Gupta im Jahresvergleich um 40 bis 60 Prozent gesunken. Um die Plattform für Nutzer wieder attraktiver zu gestalten, hat sich CEO Elon Musk dazu entschieden, den Algorithmus transparenter zu machen. Programmierer sollen über den auf Github publizierten Quellcode nach möglichen Fehlern und Optimierungspotenzialen suchen.
Dies hat schon jetzt einige überraschende Erkenntnisse zutage gefördert. So ging aus den Daten zum Empfehlungsalgorithmus hervor, dass Twitter proaktiv versucht, spaltende Themen herabzustufen. Die Folge ist, dass diese weniger oft und häufig weiter unten in der Timeline aufscheinen.
Musk will Polarisierung und Gewaltbereitschaft reduzieren
Zu den Themen, die der Algorithmus tendenziell aus den Feeds der Nutzer zu bekommen versucht, gehören unter anderem solche, die als Fehlinformation gelten. Auch Themen, die als geeignet erscheinen, Hassgefühle oder Gewaltbereitschaft zu begünstigen, rückt Twitter nach unten.
Explizit nennt der Quellcode auch einen Bezug zur Ukraine-Krise als Faktor, der sich negativ auf die Reichweite auswirkt. Wie von „n-tv“ berichtet wurde, haben sich mehrere Nutzer, die sich häufig zum Thema Ukraine äußern, über rückläufige Reichweiten beschwert. Dies sei vor allem der Fall gewesen, seit Musk im Oktober des Vorjahres den Dienst übernommen hatte.
Zu Beginn des Krieges zwischen Russland und der Ukraine im Februar des Vorjahres hatte der US-Milliardär Musk der Ukraine kostenfrei Satelliten-Internet via Starlink zugänglich gemacht. Später war er bei ukrainischen Nationalisten und ihren westlichen Unterstützern jedoch in Ungnade gefallen. Der Grund war ein von ihm vorgeschlagener Friedensplan, der auch russische Interessen berücksichtigt hätte.
Twitter leidet unter Konkurrenz durch andere soziale Medien
Musk hatte im Kontext mit dem Algorithmus für Empfehlungen erklärt, dass Twitter diesen alle 24 bis 48 Stunden überarbeite. Zu den Faktoren, die sich günstig auf die Reichweite eines Kontos auswirken, gehört unter anderem der Besitz des kostenpflichtigen blauen Hakens. Dieser ist verifizierten Nutzern zugänglich.
Twitter hat in den letzten Jahren an Bedeutung eingebüßt, da es von anderen sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram überholt wurde. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer davon ist, dass Twitter von vornherein im Vergleich zu anderen sozialen Netzwerken weniger Nutzer hatte. Zudem ist der Anteil der aktiven Nutzer vor allem in Kernmärkten wie den USA deutlich geringer als jener der angemeldeten.
Dazu kommen Faktoren wie die Zeichenbegrenzung für Beiträge, die von Beginn an bei vielen Nutzern Unbehagen verursacht hatte. Dazu kamen Probleme mit extremem Content oder Falschinformationen, wie sie auch von anderen sozialen Medien bekannt sind.
Ukraine schon Mitte der 2010er eines der giftigsten Themen in sozialen Medien
Dass die Ukraine-Krise zu den am stärksten spaltenden Themen in sozialen Medien zählt, haben Studien wie eine 2020 veröffentlichte Arbeit von Olga Baysha bereits mit Blick auf deren Beginn 2013/14 herausgefunden. Sowohl Befürworter als auch Gegner des „Euromaidan“ erklärten zu mehr als 50 Prozent, Personen wegen ihrer anderen Meinung dazu entfreundet oder deren Beiträge abbestellt zu haben. In vielen Fällen hätten die Kontaktabbrüche auch persönlich bekannte Personen oder sogar Familienmitglieder betroffen.
Weitere extrem kontroverse Themen, die einen ähnlichen Effekt hatten, sind Politik und Religion generell. In hohem Maße spalteten auch Themen wie Abtreibung, Rassismus, LGBTQ, Klimawandel, Einwanderung, die Trump-Präsidentschaft oder Corona.
Facebook und Twitter hatten bereits in der Vergangenheit versucht, ihre Algorithmen anzupassen. Ziel war es, die Verbreitung von spaltenden Inhalten und Desinformation auf ihren Plattformen zu reduzieren. Allerdings ist auch bereits die Frage, was als „Desinformation“ zu betrachten sei, ein kontroverses Thema.
Bei Facebook sollten Beiträge, die „sensationslüstern“ seien oder die zu „Polarisierung und Spaltung“ beitragen, weniger wahrscheinlich in den News Feed der Nutzer erscheinen. Die Wirksamkeit der Maßnahmen ist bis heute umstritten.
Rege Diskussion um Optimierung von Twitter – der „Doge“ bleibt umstritten
Aakash Gupta hat auf seinem Account eine Liste von Vorschlägen platziert, um Twitter wieder attraktiver zu machen. Dafür sollte der Algorithmus zum Ziel haben, Abwanderung zu verhindern, die Verweildauer zu erhöhen und Anzeigenaufrufe und blaue Abonnements zu fördern.
Dies werde die Einnahmen verbessern, insbesondere wenn die Nutzer selbst Einfluss auf den Inhalt ihres Feeds nehmen könnten. So sollten diese durch Markieren den Algorithmus beeinflussen können – und damit bestimmen, welche Beiträge zu welchen Themen sie sehen.
Auch sollen Guptas Konzept zufolge Stummschaltungen und Unfollows sowie Fehlinformationen schaden, ebenso erfundene Wörter oder Rechtschreibfehler. Hingegen sollen Bilder und Videos die Reichweite erhöhen. Die Vorschläge fanden bereits Widerhall bei vielen Nutzern. Umstritten bleibt hingegen die Entscheidung, das Twitter-Logo des Vogels durch den Kopf jenes Shiba-Inu-Hundes zu ersetzen, der als „Doge“ bekannt wurde. Dieser ist auch das Maskottchen der Kryptowährung „Dogecoin“, die seit dieser Änderung einen Wertzuwachs zu verbuchen hat.
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