Ein Überblick: Deutsche Industrie setzt auf eigene 5G-Campusnetze

Die 5G-Mobilfunkauktion neigt sich allmählich dem Ende entgegen. Doch nicht alle Frequenzblöcke kommen unter den Hammer - einen Teil hält die Bundesnetzagentur für Unternehmen außerhalb der Mobilfunkbranche zurück.
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Die geplante Vergabe lokaler 5G-Frequenzen stößt auch bei deutschen Industriekonzernen auf Interesse.Foto: Boris Roessler/dpa
Epoch Times19. April 2019

Bei der geplanten Vergabe lokaler 5G-Frequenzen stößt die Bundesnetzagentur auf großes Interesse von deutschen Industriekonzernen und anderen Firmen.

Neben BASF, Siemens, Bosch und der Deutschen Messe wollen auch die Autokonzerne Volkswagen, BMW und Daimler Anträge einreichen und eigene Campusnetze betreiben. Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport erwägt dies ebenfalls. Seit März versteigert die Bonner Regulierungsbehörde 5G-Blöcke an vier Mobilfunkkonzerne, darunter die Telekom. Ein Teil des Spektrums soll aber separat an andere Firmen vergeben werden, das entsprechende Antragsverfahren startet in der zweiten Jahreshälfte.

Hintergrund dieses Behördenschrittes ist die Tatsache, dass Daten im heutigen Internetzeitalter immer wichtiger werden. Mit lokalen Frequenzen – auch Campusnetz genannt – würden die Firmen unabhängiger von Netzbetreibern, mit denen sie bisher zusammenarbeiten – die Unternehmen hätten also die Datenhoheit, ohne dass ein externer Dienstleiter gewissermaßen am Steuer sitzt. Bei den Netzbetreibern sorgt das Thema hingegen für schlechte Laune. Sie weisen darauf hin, dass die Regulierungsbehörde ihnen einen Teil des Geschäftskuchens vorenthalte, zumal dies ihr Kerngeschäft sei.

Bei VW soll die Technologie für die Marke Volkswagen schrittweise umgesetzt werden. „Wir wollen zunächst einen Pilotbetrieb etablieren, daraus lernen und dann lokale 5G-Netzwerke in den Fabriken ausrollen“, sagt ein Sprecher. Der Konzern will seine Fertigung so flexibler und effizienter gestalten. Das gilt etwa für die Vernetzung der rund 5000 Roboter im Wolfsburger Volkswagen-Werk, aber auch weitere Maschinen und Anlagen. Da der Software-Anteil in den Fahrzeugen deutlich steigt, wird zudem die Übertragung großer Datenmengen in die Fahrzeuge nötig. Die 5G-Technologie biete eine Art „Software-Betankung“ zu einem flexiblen Zeitpunkt der Produktion. Als 5G-Standorte von VW werden Wolfsburg und Zwickau favorisiert.

Bei der Tochter AUDI laufen bereits Vorversuche mit einer schon installierten Funkzelle – was fehlt, sind noch 5G-fähige Chips. Auch PORSCHE strebt an, ab 2020 bereits erste funktionsfähige Infrastrukturen in den Erprobungsbetrieb nehmen zu können.

DAIMLER will 5G-Frequenzen ebenfalls zur Datenkommunikation in der Produktion nutzen. Fertigungsabläufe könnten optimiert werden. Dazu gehören zum Beispiel die Verknüpfung von Daten oder die Ortung von Produkten auf der Montagelinie. „Dies ist für uns von hoher Bedeutung und bildet einen wichtigen Baustein bei der Umsetzung der smarten Produktion der Zukunft“, sagt eine Daimler-Sprecherin.

Bei BMW kommt man ins Schwärmen beim Thema 5G, auch die Münchner wollen eigene Campusnetze. „Die hohe Zuverlässigkeit und Sicherheit des Netzes sowie die Übertragung großer Datenmengen in Echtzeit bieten in der Produktion Vorteile“ – zum Beispiel für die Anwendung von Virtueller Realität, für eine großflächige Vernetzung von Maschinen und eine besseren Vernetzung mit Lieferanten. Und was ist mit SIEMENS – will auch dieser Münchner Konzern ein eigenes Netz? „Absolut“, so die Antwort: 5G erlaube „enorme Effizienzsteigerungen“ und stärke den Innovationsstandort Deutschland. Wo eigene Campusnetze entstehen sollen, wird noch geprüft.

Ähnlich wie BMW begründet BASF seine Absicht, beim Antragsverfahren mitzumachen – vermutlich für ein Netz auf seinem zentralen Standort in Ludwigshafen. „Wenn wir Automatisierungsanwendungen umsetzen oder unsere Produktionsanlagen weiter digitalisieren, sind […] die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit besonders wichtig“, heißt es. Dies könne man mit einem lokalen 5G-Funknetz erreichen. Zum Beispiel für den Einsatz von selbstfahrenden Transportwagen wäre das relevant.

Und warum machen die Industriekonzerne es selbst – warum vertrauen sie nicht der Expertise der Netzbetreiber und lassen die machen? Durch ein eigenes Netz müsste man „sensible Produktionsdaten nicht Dritten zur Verfügung stellen“, heißt es von DAIMLER. „Durch den Aufbau einer eigenen Infrastruktur können wir darüber hinaus im Fall einer Störung noch schneller reagieren und sind nicht auf externe Unterstützung angewiesen.“

Bei BASF bewertet man ebenfalls positiv, „dass wir über den Zeitpunkt des Ausbaus und die Qualität des 5G-Netzes entscheiden sowie Verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Integrität unserer Daten wahren können“. Mit welchen Firmen BASF hierbei zusammenarbeitet, ist offen – dies könnten Technologieausrüster, kleinere mittelständische Unternehmen aus dem Mobilfunkbereich oder auch Provider sein, heißt es. Ganz außen vor wären die Telekom, Vodafone und Telefónica also vielleicht nicht – allerdings müssten sie neue Geschäftsmodelle für diesen industriellen Bereich anbieten, wird gefordert.

Auch auf dem Frankfurter Flughafen könnte bald ein eigenes 5G-Netz gebaut werden – entschieden ist das aber noch nicht. „Aktuell prüfen wir die Einführung und Nutzung der lokalen 5G-Technologie für unsere operativen Prozesse“, sagt eine Fraport-Sprecherin. Hierfür seien unterschiedliche Modelle denkbar, „von eigenen 5G-Frequenzen bis hin zur Nutzung eines 5G-Netzes durch einen Provider“. Die verschiedenen Szenarien würden nun „auf wirtschaftliche, technische und operative Gesichtspunkte“ untersucht.

BOSCH will ebenfalls beim Antragsverfahren mitmachen – aber nur „wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, betont eine Sprecherin mit Blick auf die technischen Anforderungen und die Gebührenhöhe, beides hat die Netzagentur noch nicht festgelegt. Mit dem Mobilfunkstandard wolle Bosch „Industrie-4.0-Potenziale in den eigenen Werken noch besser ausschöpfen“. 5G werde „zum zentralen Nervensystem“, das eine Vernetzung einer Vielzahl von Sensoren, Maschinen und Menschen sicherstelle – „zuverlässig und in Echtzeit“, sagte die Sprecherin. „Die Möglichkeit, mit Hilfe von lokalen Lizenzen private 5G-Netze aufzubauen, ist eine große Chance für Bosch und den gesamten Industrie-Standort Deutschland.“

Der schwäbische Technologiekonzern will in ausgewählten Werken in Deutschland mit 5G starten, um praktische Erfahrungen zu sammeln – erst danach soll 5G in allen Werken ausgerollt werden. Ein Projekt ist die sich gerade im Bau befindliche Halbleiterfabrik in Dresden, die von Beginn an 5G-fähig gemacht wird.

Andere Firmen wollen hingegen keine eigenen 5G-Netze haben – unter ihnen Bayer und der Duisburger Hafen. (dpa)



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