Der „heilen Welt-Politik“ wird nicht mehr geglaubt: Gold als Versicherung gegen erwarteten Crash des Finanzssystems
Bereits im Jahr 2018 gab es eine auffallend hohe Goldnachfrage seitens der weltweiten Zentralbanken. Sie erhöhten die offiziellen Goldreserven um rund 652 Tonnen, das sind 74 Prozent mehr als im Jahr 2017. Im ersten Halbjahr 2019 kauften die Zentralbanken rund 374 Tonnen – der größte Anstieg seit jeher laut World Gold Council – und ein Anstieg von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Tatsächlich haben viele Banken aber bereits seit 2010 Gold angekauft. Die Notenbanken von Russland (rund 274 Tonnen), Türkei (rund 52 Tonnen) und Kasachstan (rund 51 Tonnen) kauften 2018 das meiste Gold.
Zunehmend investieren aber auch Privatpersonen in Gold. Gemäß einer exklusiv SOLIT Management GmbH vorliegenden Untersuchung der Steinbeis-Hochschule Berlin wurde Folgendes festgestellt:
- In 2019 haben deutsche Privatpersonen 220 Tonnen mehr als 2016 gekauft.
- Die deutschen Privatpersonen halten doppelt so viel Gold wie die deutsche Bundesbank.
Und die deutsche Bundesbank ist mit ihrem Goldbesitz von 3.369,7 Tonnen auf Patz 2 der Zentralbanken . Das zeige laut Robert Vitye, Geschäftsführer bei SOLIT Management GmbH, dass der „heilen Welt-Politik“ nicht mehr geglaubt werde.
Daneben investieren zunehmend auch Hedgefonds und Pensionskassen – so die Finanzstrategieberater Friedrich und Weik. Das US-Unternehmen Cazenove Capital bevorzugt zum Beispiel Gold gegenüber Anleihen als Absicherungsinstrument.
Zur Entwicklung des Goldpreises
Am 27. August war eine Feinunze (31,1 Gramm) in Euro so teuer wie noch nie. Der Preis von 1.400,94 Euro übertraf den Höchststand aus 2012 (1.379,08 EUR). Der US-Dollar-Rekordwert aus 2011 (1.908,79 USD) wurde mit aktuellen Rekordwerten von 1.542,55 US-Dollar noch nicht erreicht. Innerhalb des letzten Jahres ist der Goldpreis in beiden Währungen um rund ein Drittel gestiegen (US-Dollar etwas weniger, Euro etwas mehr).
Hintergrund der nicht gleichen Preisentwicklungen in Euro und US-Dollar seien die Wechselkurse der letzten Jahre. Bei dem Höchststand in 2011 war der US-Dollar-Kurs rund 1,40 per Euro. Heute sei der Kurs jedoch auf 1,11 Dollar je Euro gesunken, so Christian Apelt, Devisenexperte der Landesbank Hessen-Thüringen. Die Entwicklung in Euro sei allerdings kein geeigneter Wertmaßstab für Gold, wenn man einmal verstanden habe, dass der Euro zum Scheitern verurteilt ist, sagt Vitye.
Auch außerhalb der Euro-Zone bzw. Europa waren beim Goldpreis in den letzten Monaten Höchststände in der jeweiligen Landeswährung erreicht. Bereits Anfang Juni gab es in 60 Ländern Rekordwerte beim Goldpreis. In folgenden Staaten haben sich die Goldpreise in heimischer Währung gegenüber den Höchstständen aus 2011/2012 zum Beispiel wie folgt verändert:
Nordkorea: Versiebenfacht
Russland: Verdoppelt
Türkei: Anstieg um fast das Vierfache
Australien: Anstieg um mehr als die Hälfte
Südafrikanischer Rand: Anstieg um die Hälfte
Indonesien und Brasilien: Anstieg um fast die Hälfte
Norwegen: Anstieg um 40 Prozent
Schweden: Anstieg um fast ein Viertel
Mexiko: Anstieg um 20 Prozent
Indien: Anstieg um 10 Prozent
Japan, Polen, Großbritannien: Ganz leichter Anstieg.
In China, Hongkong und Nordkorea ist eine steigende Tendenz zu erkennen, aber die Höchstwerte aus 2011/2012 sind noch nicht erreicht.
Rahmenbedingungen für aufstrebenden Goldmarkt sind günstig
Friedrich und Weik sehen ein positives Umfeld für einen aufstrebenden Goldmarkt. Nach der 2014 in Kraft getretenen Basel III Verordnung können Banken bis zu 20 Prozent der Eigenkapitalquote in Edelmetalle, also Gold, Silber und Platin investieren. Gold wurde somit zu einem Tier-1-Asset aufgewertet und gesetzlichen Zahlungsmitteln und Staatsanleihen gleichgestellt. Das erste Mal seit 1971 wurde Gold nun wieder Teil des Geldsystems.
Das Goldabkommen zwischen der EZB und 21 Vertragspartnern wird über den 26. September hinaus nicht verlängert. Das Abkommen sollte die Goldverkäufe der Zentralbanken preislich koordinieren. Dies zeige, dass sich die Haltung der Zentralbanken seit der Finanzkrise gegenüber Gold grundlegend geändert habe, so Natalie Dempster vom World Gold Council.
Der Anstieg bei den Goldkäufen resultiere aus erhöhten geopolitischen und wirtschaftlichen Risiken in Bezug auf Zinsen und Währungen. Außerdem sei Gold ein attraktives Währungsreserveobjekt. Es sei die einzige Reserve, von der man nicht mehr drucken kann.
Warum ist Gold so gefragt?
Internationale Konflikte, der Handelskrieg zwischen USA und China, Brexit, Negativzinsen, Befürchtungen über Rezessionen und Enteignungen ließen eine Diskussion über mögliche Investitionen in Gold entfachen. Dabei stellte sich heraus, dass einige Experten einen Zusammenbruch des weltweiten Finanzsystems bzw. einen Paradigmenwechsel erwarten. Gold sei nun die optimale Vermögensversicherung.
Es ergäbe alles ein vollständiges Bild, wenn man die Zusammenhänge durchschaue – so Sachbuchautor und Fernsehmoderator Raimund Brichta. Grundlegend ursächlich sei, dass Guthaben und Schulden ein kaum noch händelbares Ausmaß erreicht haben. Zinsen müssten weiter gesenkt werden, um einen Zusammenbruch zu vermeiden. Dabei werden die Zinsen so bemessen, dass der Schuldner sie knapp zahlen kann. Folge sei, dass nur die kreditwürdigsten Schuldner letztlich keine Zinsen mehr zahlen müssen und für Schulden darüber hinaus mit Zinsen entlohnt werden.
Die Zinssenkungen bewirken jedoch nur eine zeitliche Verschiebung des Zusammenbruchs. Es sei ein „Teufelskreislauf“, aus dem man nicht mehr herauskomme, so Dr. Daniel Stelter, Ökonom, Autor und Blogger. 25 Prozent aller Anleihen (25 Billionen US-Dollar) seien bereits negativ verzinst. Daneben zehrt der Kaufkraftverlust den Geldwert auf. Enteignungen, Bargeldeinschränkungen, Bargeldbesteuerung, Kapitalverkehrskontrollen, Helikopter-Geld, Modern Monetary Theory (sogenanntes MMT), sinkende Zinsen und Goldverbot, seien mögliche Folgen, so Stelter.
Managing director von goetzpartners: Gold ist eine Versicherung
Dr. Markus Krall, Geschäftsführer bei goetzpartners, ist der Meinung, dass Gold in einer solchen Situation der „ultimative Vertrauensschatz“ sei. Er betont aber auch, dass es keine Anlage, sondern eine Versicherung sei.
Diese Versicherung sei notwendig, weil die „entfesselte Geldpolitik in eine finanzielle Katastrophe“ führe. Bereits 2020 könnte das schon der Fall sein. Es gebe Möglichkeiten, den Zusammenbruch heraus zu zögern. Vermieden werden könne der Crash aber nicht. Es gäbe bereits zu viel wirtschaftliches Ungleichgewicht.
Warum viele den Crash nicht sähen, läge an dem
Glaubenssystem des Keynesianismus, der sich durch Symbiose von Politik und Lehrstühlen in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt habe. Es ermöglicht der Politik, den Konsumwahn (sogenannte Nachfrage), zur Staatsideologie zu erheben.“
Gerade bei der Geldpolitik sehe man, dass sich diese Theorie immer wieder als falsch erweise. Seit über 10 Jahren versuche die EZB eine künstliche Inflation herbeizuführen – durch Gelddrucken, fallende Zinsen und Anleihekäufe. Im Nachhinein passe man immer wieder an, weil Theorie und Realität abweichen. „Demgegenüber stehen die Vertreter der Österreichischen Schule (…) abgeschnitten von den Fleischtöpfen des (…) Betriebes staatlicher Plan- und Günstlingswirtschaft.“ Die Österreichische Schule lehnt jede Art von Sozialismus und Zentralverwaltungswirtschaft ab.
Gold inflationiere nicht. Über einen Zeitraum von 5.000 Jahren habe Gold seine Funktion als Geld bewiesen. Länder mit den größten Goldvorräten könnten den Zusammenbruch am besten überstehen.
Finanzexperte: Kapitalerhalt ist das Gebot der nächsten Jahre
Auch Brichta betrachtet Gold als Stabilisierung und nicht als Renditeanlage. In den nächsten Jahrzehnten gehe es um Kapitalerhalt. Auch er glaubt, dass das sich das Geldsystem seinem Zusammenbruch nähere – weil es auf Zins und Rendite ausgelegt ist.
Ray Daylio, US-amerikanischer Unternehmer und Hedgefonds-Manager, erwartet einen Paradigmenwechsel. Die seit der Finanzkrise geltenden Regeln würden bald außer Kraft gesetzt. Erfolglose Versuche der Zentralbanken, die Wirtschaft zu beleben und wachsende Schulden führen zu intensiven Konflikten. Eine Rückzahlung sei ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr möglich. Steuererhöhungen, Nullzinsen, höhere Staatsdefizite und Geldentwertungen wären denkbare Folgen. Als Anlagemöglichkeit bliebe nur Gold.
Welche Risiken gibt es?
Laut Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG, sei „Gold ist die Anlageklasse, die am meisten manipuliert“. Notenbanken seien „nicht nur gute Zins-, sondern auch Meister in der Disziplin ‚Goldpreisdrückerei‘ über die Terminmärkte“. Aus Sicht der Notenbanken sei Gold als Ersatzwährung nicht erwünscht, da diese das derzeitige Finanzsystem „Geld“ retten wollen. Um leistungsstark zu bleiben, befürchtet er, werden die Notenbank alles hergeben.
Friedrich und Weik bzw. die Experten von „Gold.de“ erwarten ein Goldverbot momentan noch nicht. Gold sei grundsätzlich der „Feind eines jeden Staates“, denn so könne man auf legale Weise Geld herausziehen. In Deutschland gab es Goldverbote in 1923 sowie im Nationalsozialismus. Auch Vitye rechnet eher nicht mit einem Goldverbot. Die Verbote in der Vergangenheit seien kein Erfolg gewesen; „es wurde mehr Geld verschlungen als eingetrieben“. Gegebenenfalls solle man über die Grenzen Deutschlands und Europa diversifiziert Gold lagern.
Ab 2020 gelte zudem bei Tafelgeschäften mit Gold eine Grenze von 2,000 Euro – so Friedrich und Weik weiter. .
Brichta warnt vor Währungsrisiken. Man sollte deshalb zu gegebener Zeit eine Dollarabsicherung einzuziehen. Hingewiesen sei zumindest noch auf den 20-jährigen Wertverlust seit 1980 – nach der Iran-Krise und der sowjetischen Intervention in Afghanistan.
Physischer Goldhandel hat auch steuerliche Vorteile
An- und Verkauf von Anlagegold unterliegt nicht der Umsatzsteuer (umgangssprachlich „Mehrwertsteuer“).
Einkommensteuer fällt bei Verkauf von physischem Gold nach Ablauf einer Haltefrist von einem Jahr nicht an. Verkauft man vorher, wird nur bei Überschreiten der Freigrenze von 600 besteuert.
Beispiel:
Herr Müller kauft am 2. Januar 2018 einen Goldbarren für 1.000 Euro. Am 30. März 2019 verkauft er ihn für 1.500 Euro. Er erzielt einen Gewinn von 500 Euro, der nicht der Einkommensteuer zu unterwerfen ist.
Abwandlung:
Herr Müller verkauft schon am 10. Oktober 2018.
Abwandlung:
Er verkauft den Goldbarren für 2.000 Euro am 10. Oktober 2018.
Der Gewinn von 1.000 Euro ist voll steuerpflichtig, weil er die Freigrenze von 600 Euro überschreitet.
Wie sollte das Investment aussehen?
Friedrich und Weik empfehlen, dass „wirklich jeder wenigstens eine Goldmünze als Absicherung gegen den Wahnsinn der Notenbanken zu Hause“ hat.
Diversifikation sei laut Brichta, der eine Beimischung von 10 Prozent für sinnvoll hält, besonders wichtig. Dabei solle man einen Teil des Vermögens außerhalb Deutschlands platzieren. Das sei aber ein allgemeines Prinzip. Wer „alles auf eine Karte setzt, läuft stets Gefahr, sich zu ruinieren.“ Antonio Sommese, Finanzstratege und Buchautor, hält eine Beimischung zwischen 10 und 20 Prozent für sinnvoll. Wer spekulieren möchte, könnte in könnte in „Papiergold“ (z.B. Xetra-Gold) investieren.
Halver meint, dass man auch weiter in Aktien investieren solle. Gerade seien Anleger eher zurückhaltend. Ein heftiger Abverkauf sei unwahrscheinlich. Dalio glaubt nicht, dass die bislang riskanteren aber auch ertragreicheren Anlagen künftig immer noch eine gute Realverzinsung abwerfen. Aktien oder ähnliche Papiere (Private-Equity, Startups, Immobilienanlagen) werden vermutlich nicht mehr so rentabel sein. Auch Vitye sieht das ähnlich. Man habe jetzt bereits aus 2 geplatzten Aktienblasen gelernt. Jetzt bilde sich gerade eine 3. noch umfassendere Blase. Jetzt mache es keinen Sinn, in Aktien zu rennen.
Experten rechnen mit steigenden, aber schwankenden Goldpreisen
Citigroup erwartet Höchststände bis 2.000 US-Dollar. Insbesondere die Wechselkurse können zu Preisverfall führen, da Anleger ihre Ziele dauernd neu bewerten. Auch Sommnese rechnet mit steigenden Werten, aber deutlichen Schwankungen.
Vitye erinnert an einen Vorfall aus 1933, wo der Goldpreis staatlich neu festgesetzt wurde. US-Präsident Franklin D. Roosevelt erließ eine Verordnung, wonach jeder Bürger Gold im Wert von 100 US-Dollar behalten durfte. Der Rest musste an die Notenbank für 20,67 Dollar je Feinunze verkauft werden. Zuwiderhandeln war mit Gefängnisstrafe belegt. Anschließend wurde der Preis von staatlicher Seite auf 35 Dollar je Feinunze neu festgesetzt. Sollte das nicht passieren, werde der Markt einen Preis „erzwingen“.
Gibt es einen neuen Goldstandard?
Vitye meint, dass nach nach der Abschaffung des goldgedeckten Systems in 1971 Menschen nur noch „ein solches System akzeptieren, das natürliches gutes Geld ausmacht“. Durch Gold seien stets Währungen entstanden. In China gab es bis 1934 ein goldgeecktes System, in den USA bis 1971.
Im heutigen Kreditgeldsystem, wo Geld durch Kredit entsteht, wäre ein solches System nicht möglich. Da die Zinsforderung nicht mitgeschöpft werde, müsse man diese erst erwirtschaften. Die Geldmenge müsse also stets „exponentiell wachsen. Man brauche ein deflationäres, kein inflationäres System.
Er weist auch darauf hin, dass man sich fragen solle, welche Art Neugestaltung man möchte.
Soll das neue System freiheitlich geprägt sein, Eigentumsrechte und die Würde des Menschen respektieren? Oder soll man den ‚Rattenfängern des Sozialismus‘ folgen, die aktuell wieder von Enteignung sprechen?“
(bm)
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