Anhebung des Leitzinses – EZB kurz vor der Zinswende

Die EZB will nach elf Jahren den Leitzins anheben, heute soll das offiziell gemacht werden. Was aber bedeutet das für den Verbraucher und was für den Sparer?
Titelbild
Euro-Logo vor der EZB in Frankfurt am Main.Foto: DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images
Epoch Times9. Juni 2022

Die EZB will wegen der hohen Inflation die geldpolitische Wende einleiten. Sie soll am Nachmittag im Rahmen ihrer Sitzung nach Meinung vieler Bankvolkswirte eine erste Zinserhöhung im Juli ankündigen sowie das Ende ihrer Netto-Anleihekäufe.

Das wäre die erste Erhöhung des Leitzinses seit mehr als elf Jahren. Im September könnte ein zweiter Zinsschritt folgen.

Ökonomen der Bank of America gehen davon aus, dass die EZB in diesem Jahr die Zinsen um 1,5 Prozentpunkte anheben wird. Sie erwarten einen kräftigen Zinsschritt im Juli und September um 0,5 Prozentpunkte und zwei Trippelschritte im Oktober und Dezember, wie „Welt“ berichtet.

Nicht ohne Turbulenzen

EZB-Präsidentin Christine Lagarde habe bereits im Mai eine Wende in der EZB-Politik angekündigt und dass dies jedoch nicht ohne Turbulenzen umzusetzen sei. Anders als die amerikanische Finanzministerin und frühere Notenbankerin Janet Yellen, die mit ihrem Schuldeingeständnis „Ich glaube, ich habe falsch eingeschätzt, welchen Pfad die Inflation nehmen würde“, für Aufsehen sorgte, müsse Lagarde Rücksicht auf die schwächeren europäischen Länder nehmen. In Italien würden die Zinsen aktuell explodieren.

Weiterhin habe Lagarde anklingen lassen, dass die Teuerung kein vorübergehendes Phänomen sei, sondern sich die Welt in einer neuen Inflationslandschaft bewegt, weil strukturelle Trends wie Hyperglobalisierung an ihr Ende gekommen seien.

Der Bank-of-America-Ökonom Ruben Segura-Cayuela findet das Vorgehen der EZB riskant: „Um es ganz klar zu sagen: Wir verstehen die Eile der EZB immer noch nicht, weil wir nicht wirklich verstehen, wie die Wirtschaft überhaupt einen sehr großen Energiepreisschock unbeschadet überstehen kann, ganz zu schweigen davon, wie die Wirtschaft mit neutralen Zinssätzen zurechtkommen soll“.

Was bedeutet das für den Verbraucher?

Die hohe Inflation belastet die Bevölkerung in Deutschland und im Euroraum insgesamt. Für einen Euro kann man immer weniger kaufen. Eine schnelle Entspannung bei den Preisen sei jedoch nicht zu erwarten, heißt es in einem Bericht von „rnd“. Gegen steigende Energiepreise, die die Inflation besonders anheizen, sei die EZB weitgehend machtlos. Mit der Zinsanhebung könne die Notenbank jedoch dazu beitragen, dass sich die Teuerungsrate nicht dauerhaft auf hohem Niveau festsetzt.

Wenn sich die Inflationserwartungen auf einem bestimmten Niveau verfestigten, „dann frisst sich das in andere Preise ein“, warnte bereits Bundesbank-Präsident Joachim Nagel bereits mit Blick auf mögliche Zweitrundeneffekte wie eine Lohn-Preis-Spirale. Steigen die Löhne als Reaktion auf die hohe Inflation zu stark, könnte das wiederum die Preise weiter nach oben treiben. Löhne und Preise schaukeln sich dann gegenseitig hoch.

Was heißt das für den Sparer?

Kürzlich hatte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel im Interview mit dem ARD-Magazin „Plusminus“ bereits die Wende in der künftigen Geldpolitik angedeutet. Er sagte: Was wir jetzt sehen, deutet darauf hin, dass sich möglicherweise auch der Sparer bald wieder über höhere Zinsen freuen kann.“

Bis Sparer allerdings wieder nennenswerte Zinsen auf ihr Erspartes bekommen, dürfte es allerdings noch eine Weile dauern. Lagarde geht vielmehr davon aus, dass die negativen Zinssätze bis zum Ende des dritten Quartals enden. Einige Banken haben bereits ein Ende der Verwahrentgelte angekündigt, sobald der Strafzins von 0,5 auf EZB-Bankeinlagen wegfällt.

Lohnen sich noch Kredite?

Zinserhöhungen machen vor allem neue Kredite teurer und bremsen so die Nachfrage. Banken und Sparkassen geben steigende Zinsen an Kreditnehmer in der Regel zügig weiter. Das trifft vor allem diejenigen, die ein neues Darlehen brauchen oder eine Anschlussfinanzierung für einen Immobilienkredit. Bei laufenden Hypothekenkrediten ändert sich nichts an der Zinshöhe. (nh)



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