Gesundheit
Ampelfraktionen einigen sich auf „Geheimpreise“ bei Arzneimitteln
Pharmaunternehmen dürfen mit den Gesetzlichen Krankenkassen „Geheimpreise“ für patentgeschützte Medikamente aushandeln. Die Geheimhaltung führt „zwingend zu einem Abschlag von neun Prozent“.

Wie teuer werden patentgeschützte Medikamente? Das können Pharmaunternehmen mit den Gesetzliche Krankenkassen nun unter bestimmten Bedingungen geheimhalten.
Foto: Panama7 / iStock
Die Ampelbundestagsfraktionen haben sich darauf geeinigt, dass Pharmaunternehmen unter bestimmten Bedingungen mit den Gesetzlichen Krankenkassen „Geheimpreise“ für patentgeschützte Medikamente aushandeln dürfen. Das meldete das Nachrichtenportal „Politico“ am 2. Juli unter Berufung auf „Fraktionskreise“.
Geheimpreise für Arzneimittel bedeuten, dass die tatsächlichen Preise, die Krankenkassen für neue Medikamente an Pharmaunternehmen zahlen, nicht öffentlich gemacht werden. Stattdessen werden nur höhere Listenpreise veröffentlicht, während die tatsächlichen Erstattungsbeträge vertraulich bleiben.
Entsprechende Änderungsanträge zum zugrundeliegenden Medizinforschungsgesetz sollen noch am selben Tag von den Fraktionen beschlossen werden. Der Kompromiss sieht eine sogenannte Sunset-Klausel vor, nach der die Regelung am 30. Juni 2028 ausläuft, wenn sie nicht verlängert wird.
Abschlag von neun Prozent wegen Geheimhaltung
Außerdem wird festgelegt, dass die Geheimhaltung „zwingend zu einem Abschlag von neun Prozent“ führt. Das bedeutet, dass die gesetzlichen Kassen das Medikament um diesen Satz billiger bekommen.
„So wird sichergestellt, dass mit der Vertraulichkeit auch spezifische Kostenvorteile für die GKV einhergehen, und es wird ein Anreiz für Forschung und Entwicklung in Deutschland gesetzt“, heißt es in den Änderungsanträgen.
Sparvorgaben, die für Pharmaunternehmen seit 2023 gelten – sogenannte Leitplanken – werden für Arzneimittel mit einem „relevanten Anteil klinischer Prüfung in Deutschland“ zudem für drei Jahre aufgehoben.
Deutschland ist nach wie vor weltweit der einzige Markt mit transparenten Preisen für patentgeschützte Arzneimittel. Der Punkt war bis zuletzt umstritten: Lauterbach hatte sich für geheime Preise ausgesprochen, die Fraktionen und die gesetzlichen Krankenkassen warnten vor steigenden Arzneimittelausgaben.
Diese Debatte hat mehrere Seiten
Befürworter sagen: Eine Geheimhaltung macht Deutschland attraktiver für die Pharmabranche und könnte die Arzneimittelentwicklung fördern. Es verhindert, dass andere Länder die niedrigeren deutschen Preise als Referenz nutzen, was möglicherweise zu höheren Rabatten für das deutsche Gesundheitssystem führen könnte.
Kritiker sprachen von mangelnder Transparenz, mit der Ärzte können ohne Kenntnis der tatsächlichen Preise Arzneimittel nicht wirtschaftlich verordnen. Geheimpreise erschweren die Überprüfung von Einsparungen und Preisvergleiche.
Der bürokratischer Aufwand ist höher, Krankenkassen müssen neue Prozesse zur Rückerstattung von Überzahlungen einführen. Finanziell werden die Versicherten möglicherweise finanziell belastet, es könnte zu steigenden Arzneimittelausgaben führen.
Selbstzahler und Privatversicherte müssten möglicherweise höhere Listenpreise zahlen. Geheimpreise könnten das Anreizsystem für kostenbewusstes Verhalten in PKV-Tarifen mit Selbstbehalt beeinträchtigen.
Zudem könnten bestehende Steuerungsinstrumente, die auf Arzneimittelpreisen basieren, unwirksam werden. (dts/red)
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